Science Fiction Jahrbuch 1983
als es durch die Luft sauste, und mit einer Kraft, von der Mhari wußte, daß sie niemals in ihren eigenen Armen wohnte, schnitt sie durch Narthens nackten Bauch. Er hatte einen Augenblick lang Zeit, um wild zu heulen: „Hilfe! Mord!“ dann fiel er blutspritzend nach vorn, über Mharis Bauch.
Sie erinnerte sich nie daran, daß sie das Schwert aus ihm herauszog. Es glitt leise summend in die Scheide zurück. Mhari lag bewegungslos unter dem Körper des Mannes, der ihren Vater getötet, sie geschändet hatte, seinen hohen Thron und Sain Scarp ebenfalls geerbt hätte. Sie schaute einen Moment lang in die kalten Augen des Laranzu … dann war er fort. Er war nie dagewesen. Mhari wand sich unter Narthens Körper hervor und sah, als gehörten ihre Hände jemand anderem, daß sie mit Narthens Blut beschmiert war. Sie wischte sie hastig an dem seidigen Nachthemd ab.
Narthens Leibwächter platzte in den Raum und rief: „Mein Herr!“ Er blieb an der Tür stehen, starrte mit geweiteten Augen auf Mhari herunter, auf ihr blutbeschmiertes Nachtgewand, ihre Hände mit Lymphwasser besprenkelt. Das Schwert summte hoch, kreischte, schrie.
Blut! Blut! Ich dürste noch immer, ich bin nicht gesättigt …
„Mein Herr!“ schrie der Mann, lief durch das Zimmer, um sich neben seinem toten Herrn auf die Knie zu werfen. „Oh, mein teurer Herr … Sprecht mit mir, sprecht mit Haddell …“
Mhari kreischte: „Er wird niemals mehr mit dir sprechen!“
Haddell riß seinen Dolch aus der Scheide und stürzte sich auf sie. „Du! Du Höllenkatze, ich hab’ ihm gesagt, er solle sich hüten. Aber ich habe dies …“
„Komm schon! Also komm“, schrie Mhari. „Du willst auch etwas abhaben?“ Das Schwert pfiff und schien sie von allein hinter sich herzuziehen, hieb durch Haddells Hals und schlug ihm fast den Kopf ab. Er wankte, von seinem eigenen Schwung weitergetragen, nachdem er schon tot war, und fiel schließlich schwer zu Boden.
Die Frauen Beria und Lanella eilten herbei und drängelten sich gegenseitig, angezogen von den Schreien, doch sie wichen beim Geruch des Todes und des Blutes zurück, der überall im Zimmer zu schweben schien, und liefen dann schreiend davon. Das Schwert schien an ihr zu zerren und zu kreischen: Blut, Blut, töte sie auch. Mhari machte einen Schritt, hielt das Schwert in beiden Händen. Dann, rasch, kam sie wieder zur Vernunft und blieb auf der Stelle stehen. Nein. Genug. Genug für den Moment. Besonnen zwang sie das widerwillige Schwert in die Scheide zurück. Die Frauen durften den Alarm nicht verbreiten, doch ob sie dies taten oder nicht, es mußte einen Augenblick der Rückkehr zur Vernunft geben. Sie konnte gewiß nicht jeden in der Burg töten, nicht einmal mit einem verzauberten Schwert.
Sie wusch sich Hände und Gesicht, zog das blutdurchtränkte Nachthemd aus und schleuderte es ins Feuer, fand in einer Truhe eines ihrer eigenen alten Wollhemden. Jetzt mußte sie es irgendwie schaffen, zum Stall zu kommen, ein Pferd zu finden, zu fliehen – zumindest jedoch die Botenvögel freizulassen.
Sie rannte den großen Korridor entlang, hörte Stimmen und Geplapper.
„Hab’ nichts gesehen, ein Tod aus dem Nichts, kein Schwert oder so etwas … Nur ein Geräusch in der Luft, und Haddell fiel tot über den Körper des Anführers …“
„ Domna Mhari hat ihn niedergemacht?“
„Nein, nein, sie kann es nicht getan haben, es muß sich jemand im Zimmer versteckt gehalten haben, vielleicht einer der Männer des alten Lords, der entkommen und zurückgekehrt ist …“
„Wohin ist sie gelaufen? Wo versteckt sie sich?“
„Paßt auf, wer immer den Anführer und seinen Mann getötet hat, er versteckt sich irgendwo …“
Mhari beglückwünschte sich mit einer wilden Zufriedenheit, riß eine Handvoll kalter Fleischstücke und Brot vom übersäten Tisch und eine
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