Scream Street - Das Herz der Mumie
Mund. »Sag das noch mal!«, rief er.
»Was?«, fragte Rhesus.
»Was du gerade gesagt hast«, beharrte Heru. »Sag’s noch mal!«
»Was? ›Klingt wunderbar, Eure Majestät‹?«
Japsend fuhr Heru zu Cleo herum: »Hat er nicht Ähnlichkeit mit Ramon, dem Gedanken lesenden Rinderhirten aus Der Nil fließt aufwärts ?«
»Äh … Was ist Der Nil fließt aufwärts ?«
»Die beliebteste Soap Opera im alten Ägypten«, erklärte Cleo. »Sie wurde jeden Nachmittag vor dem Tempel des Pharaos aufgeführt.«
»Und ich wäre echt perfekt für die Rolle von Pyre gewesen, dem Halbbruder des Sklavenherrn«, sagte Heru mit Tränen in den Augen. »Aber sie haben mich einfach nicht vorsprechen lassen!« Die Mumie schluchzte kurz, dann brach sie plötzlich
in ein Grinsen aus, das so breit war, dass es ihre Bandagen zu sprengen drohte. »Ich hab’s, ich hab’s, ich hab’s!«, rief der Pharao auf- und abhüpfend. »Wir spielen es einfach nach!«
Luke lächelte höflich. »So verlockend Ihr Vorschlag ist, Eure Majestät, so muss ich doch um das Relikt bitten, das Ihr als Gründungsvater der Nachwelt hinterlassen habt.« Er holte tief Luft. »Ich brauche Euer Herz.«
»Och, das olle Ding?«, sagte Heru wegwerfend. »Das habe ich doch schon lange entsorgt!«
Luke starrte die Mumie ungläubig an. »Ihr habt es entsorgt?«
»Oh ja«, meinte Heru. »War viel zu hässlich, um es zu verschenken. Ich hab’s durch das hier ersetzt.« Mit diesen Worten zog die Mumie eine kleine Schneekugel unter den
Binden hervor und gab sie Luke. »Hiermit schenke ich dir mein neues und besseres Relikt!«
Luke blickte in die Schneekugel. Darin aalte sich eine gedrungene Spinne im Sonnenschein.
»Was ist das?«, fragte er.
Heru zuckte die Achseln. »Keine Ahnung«, gab er zu. »Ich hab’s in einer der Kisten hier gefunden. Ist aber doch schön, nicht?«
»Ja, Eure Majestät«, sagte Luke und versuchte, seine Verärgerung zu überspielen. »Das nützt mir nur leider nicht viel. Ich brauche Euer Herz.«
»Aber mein Herz sieht nicht annähernd so schön aus wie das hier«, wiederholte Heru nachdrücklich, und wieder füllten sich seine Augen mit Tränen.
Luke riss langsam der Geduldsfaden. »Ist mir doch egal, wie es aussieht!«
Schnell trat Cleo zwischen Luke und die Mumie und nahm die Schneekugel in die Hände. »Also, ich finde das Relikt wunderschön, Eure Majestät! Kann ich es haben?«
»Was soll das?«, zischte Luke.
»Los, mach mit, sonst kriegst du sein Herz nie«, flüsterte Cleo.
Heru wischte sich die Tränen weg. » Du möchtest es haben?«
»Ja, Eure Majestät«, sagte Cleo und tat so, als wäre sie völlig hin und weg. »Das ist das Unglaublichste, was ich je gesehen habe. Ihr habt einen ausgezeichneten Geschmack!«
Ein Lächeln umspielte Herus zitternde Lippen. »Ja, den habe ich wirklich, nicht wahr?«
Cleo nickte. »Und ich finde, Ihr solltet diesen undankbaren Wicht hier bestrafen.«
Vor Freude klatschte Heru in die Hände. »Ooh, ich liebe es, Leute zu bestrafen! Was soll ich tun? Ihn den Hunden zum Fraß vorwerfen? Ihn mit den Pferden vierteilen?«
»Nein, etwas viel Schlimmeres«, sagte Cleo.
Heru tänzelte im Kreis herum. »Ich könnte ihn mit einem goldenen Messer aufritzen
und seine Eingeweide mit Skarabäen füllen.«
»Nein, das ist noch immer viel zu gut für ihn, Sir«, grinste Cleo.
»Cleo …«, sagte Luke ganz leise.
»Was ist?«
»Könnten wir vielleicht mal mit dem Spiel ›Hundertundeine Art, mich zu quälen‹ aufhören?«
»Psst! Vertrau mir.« Cleo wandte sich wieder an Heru. »Ich habe eine viel bessere Idee, Eure Majestät. Warum besteht Ihr nicht darauf, dass er nun doch Euer hässliches altes Herz nehmen muss?«
»Du denkst, das wäre eine passende Strafe?«
»Ja«, antwortete Cleo. »Schließlich hat er dieses unglaubliche Geschenk überhaupt nicht zu schätzen gewusst. Gebt ihm also stattdessen etwas Ekliges. Zwingt ihn, es anzunehmen!«
Heru grinste boshaft. »So sei es. Junge - du sollst mein Herz aufbewahren!«
Luke konnte nur mit Mühe sein Lächeln unterdrücken. »Nein, Eure Pharao-heit, bitte nicht!«
Heru zwinkerte Cleo zu. »Mein Entschluss steht fest, und es war ganz allein meine Idee - niemand hat mir dabei geholfen. Du musst mein Herz nehmen!«
»Oh, was für eine schreckliche Vergeltung. Seht mich gramgebeugt«, verkündete Luke mit gespielter Dramatik. Er sank auf die Knie und rang die Hände. »Sodann reicht mir die Strafe, die ich wirklich und wahrhaftig
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