Scream
Gedanken kommen. Und damit wären wir jetzt überfordert.«
»Aber du weißt wohl selbst, dass sich die Wahrheit nicht lange vertuschen lässt.«
»Natürlich«, grummelte Jack. »Ist mein Name erwähnt worden?«
»Nein.«
»Gut. Ich will auch nicht, dass es dazu kommt.«
»Verstehe. Wie macht sich eigentlich Burke?«
»Bestens«, antwortete Jack. »Er ist sehr gescheit und geradeheraus. Danke für die Empfehlung.«
»Erzähl mir von der Bombe.«
»Sechs Barren Semtex H, über ein Notebook mit dem Telefonnetz verbunden. Ein Anruf, und Marblehead Neck wäre jetzt ein Trümmerfeld.«
Mike blieb stehen. Er sah aus, als versuchte er eine Glasscherbe zu schlucken. »Semtex H ist doch ein russischer Sprengstoff.«
»Ich weiß. Ich habe heute Mittag mit Mark Graysmith von der Sprengstoffabteilung gesprochen. Er will sehen, ob sich die Spur zurückverfolgen lässt. Ziemlich ungewöhnlich, dass dieses Zeug in Wohnhäuser gelangt.«
Plötzlich rückte ein Gedanke ins Bewusstsein, der Jack den ganzen Tag über unterschwellig beschäftigt hatte. Er blickte aufs Meer hinaus.
»Was ist?«, fragte Mike.
»Die Bombe war nicht scharf. Ich habe heute gesehen, wie sie gebaut ist, und fürchte, dass der Kerl das nächste Mal Ernst macht. Er will, dass die ganze Welt zusieht.«
»Und er hat es auf dich und Burke abgesehen.«
Daran hatte Jack selbst schon gedacht. Er griff sich mit beiden Händen in den Nacken, massierte seine verspannte Schulter und atmete tief aus.
»Wer außer Burke arbeitet sonst noch mit dir?«, fragte Mike.
»Die Staatspolizei und das ATF. Jetzt auch noch Graysmith. Er schuldet mir etliche Gefälligkeiten.«
»Niemand von hier?«
»Wir sind eine kleine Stadt. Beim Anschlag auf das Haus der Roths sind zwei Beamte ums Leben gekommen. Der übrig gebliebene Rest besteht aus Stümpern.«
»Du hast also vor, die Sache mehr oder weniger allein zu stemmen.«
»Das wäre wohl eher dein Job. Du hättest andere Möglichkeiten als ich.«
»Ich könnte dir helfen, und das weißt du. Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Weil ich bis heute nicht wusste, womit ich es zu tun habe.«
Mike nickte und tippte mit der leeren Flasche gegen sein Bein. »Hast du daran gedacht, Alan einzuschalten?«
Er meinte Alan Lynch, den Leiter der ISU und Jacks früheren Vorgesetzten. Er war ein rotes Tuch für Jack.
»Warum zum Teufel sollte ich ausgerechnet den um Hilfe bitten?«
»Weil er dir einen Profiler an die Seite stellen könnte, vielleicht ein Team, das –«
»Darauf kann ich verzichten. Außerdem wäre er kaum interessiert an einem Fall, der ihm keine Schlagzeilen einbringt, allenfalls eine namentliche Erwähnung im hiesigen Anzeigenblatt. Der Kerl ist eine Medienhure, ein Aufschneider sondergleichen, und das weißt du.«
»War mir eigentlich klar, dass du so über ihn denkst.«
»Liege ich etwa falsch?«
Mike griff in seine Gesäßtasche und zog einen gefalteten Zettel daraus hervor. Jack nahm ihn entgegen und hielt ihn mit beiden Händen fest, um zu verhindern, dass er vom Wind weggeblasen wurde. Es waren ein Name und eine Adresse darauf vermerkt.
»Malcolm Fletcher«, las Jack.
»Ein pensionierter Profiler.«
Jack glaubte, in seinem Hinterkopf Holz splittern zu hören, und zuckte unwillkürlich zusammen.
»Als die Abteilung für Verhaltensforschung gegründet wurde, war er als einer der Ersten mit von der Partie. Seine Erfolgsquote ist bemerkenswert«, sagte Mike. »Er hat dreiundzwanzig Serientäter gestellt und damit jeden seiner Fälle gelöst. So wie du. Seit zwanzig Jahren lebt er nun im Ruhestand, und dass ich seine Adresse gefunden habe, ist dem Zufall zu verdanken, dass er vor kurzem in einen Verkehrsunfall verwickelt war. Eine Telefonnummer habe ich nicht.«
»Willst du mir eigentlich einreden, dass ich für diesen Job ungeeignet bin?«
Mike verzog keine Miene. »Wie hast du reagiert, als du vergangenen Monat im Hause der Roths gewesen bist und gesehen hast, was dieser Kerl dort angerichtet hat?«
»Ich war erschrocken.«
»Ist das alles?«
»Was soll die Frage?«
»Komm schon, antworte. Du vergibst dir nichts.«
»Es hat mich erschüttert.«
»Erschüttert, mehr nicht?«
»So ist es.«
»Und was war heute?«
»Kein Problem.«
»Hast du wieder Albträume?«
»Psychotypen wie du überraschen mich doch immer wieder. Jemand kackt, und ihr wollt ein Lehrbuch darüber schreiben.«
»Ich habe nicht die Absicht, dich zu analysieren. Deine Abteilung kann es sich durchaus leisten,
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