Scream
tust dir keinen Gefallen damit.
»Er analysiert Fälle aus seiner Region und assistiert der Polizei«, erklärte Jack. »Die interessanteren Sachen gibt er ans FBI in Quantico ab.«
»Warum arbeitet er nicht fürs FBI?«
»Keine Ahnung. Hast du ihn gefragt?«
»Nein.«
Jack prüfte die Steaks mit der Zange. »Wie lange war er hier?«
»Ungefähr eine Stunde.«
»Worüber habt ihr euch unterhalten?«
»Über deine dunklen Geheimnisse.«
Er blickte auf und lächelte. »Ernsthaft, worüber habt ihr gesprochen?«
»Nichts Besonderes. Er war an den Fotos interessiert, die ich in Sarajevo gemacht habe. Jack, wir sind jetzt seit zwei Jahren zusammen, und dein alter Freund kommt mir erst heute zu Gesicht. Warum?«
»Mike ist ein vielbeschäftigter Mann.«
»Hat aber genug Zeit, um nach Marblehead zu kommen und bei der Freundin seines besten Freundes reinzuschneien, den er seit über zwei Jahren nicht gesehen hat?«
Jack suchte nach Ausflüchten. »Er musste in unsere Zentrale, um irgendwas abzugeben. Da hat er sich nach mir erkundigt und wurde hierher geschickt.«
»Und warum habt ihr euch nicht in der Zentrale getroffen?«
»Ich weiß nicht. Du bist doch hoffentlich nicht sauer, dass er gekommen ist.«
»Natürlich nicht. Du weichst meinen Fragen aus, warum?«
»Welchen Fragen?«
»Zum Beispiel der, was du vor deiner Zeit in Marblehead getrieben hast. Sooft ich darauf zu sprechen komme, blockst du ab.«
Verärgert schien sie nicht, wohl aber besorgt. Dieses Thema war nicht neu.
Jack legte eins der Steaks auf den weißen Teller, der auf der Ablage des Grills stand.
»Was ist los? Vertraust du mir nicht?«, fragte sie. »Hast du Angst, ich könnte mich von dir abwenden, wenn du mir sagst, was war?«
Er spürte, wie sich sein Puls beschleunigte. »Ach was.«
»Gut, du hast tatsächlich nichts zu befürchten.«
Er machte sich daran, das Fleisch aufzuschneiden.
»Jack.«
»Ja?«
»Sieh mich an.«
Er blickte auf. Rauch schlug ihm ins Gesicht.
»Ich werde dich nicht weniger lieben. Egal, was gewesen ist und sein wird.« Das hatte sie schon früher beteuert.
»Ich weiß.« Er sah, wie sich hinter ihren Augen Fragen aufreihten. Wie Dominosteine.
Jack legte Messer und Gabel zur Seite, nahm sein Bier zur Hand und richtete sich auf. Die Sonne ging über dem Meer unter. Über den pflaumenblauen Himmel zogen dicke Wolken, die von unten hellrot beschienen waren. Ein wunderschöner Sommerabend, dachte er. Die Stimmung passte für ein Geständnis. Was es ihm leicht machte, war der Umstand, dass Taylor die dunkelsten Winkel der Welt bereist und in entsetzliche Abgründe geblickt hatte.
Aber jede Antwort wirft weitere Fragen auf warnte eine Stimme. Vielleicht nicht heute, aber mit der Zeit würde er gezwungen sein, immer wieder Rechenschaft abzulegen und sein Verhalten zu erklären, auch wenn es ihm selbst mitunter unverständlich wäre. Sie würde unabhängig von seinen Rechtfertigungsversuchen eigene Urteile treffen. Und es würde sich einiges zwischen ihnen ändern, nicht zwingend zum Schlechten, aber eben doch ändern. Dabei standen die Dinge gut zwischen ihnen, so wie sie waren. Warum sollte er etwas riskieren durch Hinweise auf eine Vergangenheit, die er vergessen wollte?
Und da war noch etwas: Bei all ihrer Intelligenz, Güte und ihrem Verständnis und obwohl sie selbst schreckliche Dinge erfahren hatte, würde sie manches von dem, wozu er gezwungen worden war,
(und auch so gewollt hatte, um ehrlich zu sein)
nicht verstehen können.
Taylors Blick war offen, ihre Miene sanft. Er hatte das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen.
Er hakte zwei Finger unter ihren elastischen Gürtel, spürte ihre glatte, kühle Haut und zog sie an sich. Sie sträubte sich, gab aber dann nach und legte ihm ihre Hände auf die Brust, als er seine Arme um ihre Taille schlang.
»Irgendwann wirst du dich offenbaren müssen.«
»Taylor, wir haben uns zwei Wochen nicht gesehen, und der Abend ist zu schön, um über meine Vergangenheit oder Mike zu sprechen. Ich will einfach nur bei dir sein.«
Sie tippte mit der Hand auf sein Herz. »Wann lässt du mich endlich da rein?«
»Du bist längst drin.«
Er führte seine Lippen an ihr Ohr. Sie entspannte sich ein wenig.
»Ich habe dich schrecklich vermisst«, flüsterte er.
Sie schmiegte sich an ihn. »Wirklich?«
»Es war kaum auszuhalten ohne dich.«
Langsam fuhr sie mit den Händen über seinen Rücken und drückte ihn an sich. Sie lag weich und zart in seinen Armen. Er
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