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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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gescheitert?»
    Ihre sanften Züge verhärteten sich, aus ihrem Blick sprachen Trauer und ein Rest noch nicht verrauchten Zorns. «Das war ein
     Fehler. Ich war jung» – sie stöhnte   –, «
jünger,
und ich arbeitete damals mit meinem Dad zusammen. Nicht die aufregendsteKarriere, die Archäologie ist ein ziemlich einsames Arbeitsfeld. Und dann lernte ich Doug kennen, diesen überschwänglichen,
     selbstbewussten Showbiz-Typen. Der Dreckskerl hat Charisma, das muss man ihm lassen, und ich war einfach hin und weg. Mein
     Dad war in seinem Fachgebiet bekannt und angesehen, aber er war ein ziemlich ernster Typ, etwas verbissen, wissen Sie? Außerdem
     musste er immer alles unter Kontrolle haben. Auf Dauer brauchte ich mal Abstand von seiner dominanten Art. Doug war dann sozusagen
     der Ausweg; der glamouröse Draufgänger, der kein Blatt vor den Mund nahm.»
    «Sie haben wohl eine Vorliebe für glamouröse Typen?»
    Sie verzog das Gesicht. «Nein. Na ja, damals vielleicht schon. So ein wenig. Jedenfalls, als wir miteinander anbändelten,
     gefiel es ihm ganz ungemein, dass ich auch einen Beruf und meine eigene Karriere hatte. Er war sehr interessiert und hat mich
     immer darin bestärkt. Als wir dann heirateten   … war er von einem Tag auf den anderen wie ausgewechselt. Er wurde noch herrschsüchtiger als mein Vater. Behandelte mich wie
     sein Eigentum, ein Sammlerstück, das er sich ins Regal stellen wollte. Als mir klar wurde, dass ich einen Fehler begangen
     hatte, war ich bereits schwanger. Wohl oder übel nahm ich das Angebot meines Dads an, bei seinen Ausgrabungen in der Türkei
     mitzumachen   –»
    «–   wo Sie dann auch Vance zum ersten Mal begegneten?»
    «Genau», bestätigte Tess. «Ich dachte mir, es wäre eine gute Gelegenheit, sich alles nochmal durch den Kopf gehen zu lassen.
     Als ich zurückkam, erfuhr ich, dass er eine Affäre gehabt hatte – das Klischee schlechthin.»
    «Mit der Wetterfee?»
    Tess stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus. «Nicht ganz. Mitseiner Produzentin. Tja, und das war’s dann für mich. Ich habe mich von ihm getrennt.»
    «Und Ihren Mädchennamen wieder angenommen.»
    «In dieser Branche ist es nicht gerade von Nachteil, so zu heißen. Hinzu kam, dass ich nicht länger als unbedingt nötig mit
     dem Namen dieses Widerlings herumlaufen wollte.» Gerade weil der Name Chaykin ihr so sehr geholfen hatte, lag ihr besonders
     viel an einer eigenen Entdeckung: Ein Fund von dieser Tragweite würde ihr und der Welt beweisen, dass sie nicht auf den Namen
     ihres Vaters angewiesen war, um Erfolg zu haben.
    Immer vorausgesetzt, dass sie diejenige war, die diese Entdeckung machte.
    Ihre Lider wurden immer schwerer. Sie war erschöpft und brauchte Schlaf. Sie beide brauchten Schlaf.
    Tess betrachtete Reilly voller Wärme. Nach kurzem Schweigen sagte sie leise: «Danke.»
    «Wofür?»
    «Für alles.» Sie beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihn sacht auf die Wange. Dann lehnte sie sich wieder in ihren Sitz
     zurück. Draußen erschienen die ersten Sterne scheinbar zum Greifen nahe am dunkler werdenden Himmel. Tess zog die Jalousie
     herunter, drehte sich auf die andere Seite, schloss die Augen und spürte bereits, wie sie in den Schlaf glitt.

KAPITEL 54
    Als Tess und Reilly auf die Rollbahn des Dalaman-Flughafens hinunterstiegen, war es Nachmittag. Beide fühlten sich völlig
     erschlagen. Die paar Stunden Schlaf auf dem Transatlantikflug hatten zwar gut getan, aber ein Flugzeugsitz war nun einmal
     kein Ersatz für ein richtiges Bett. Doch für so etwas blieb keine Zeit. Statt sich nach der Landung in Istanbul erst einmal
     auszuruhen, hatten sie die dreistündige Wartezeit bis zu ihrem Anschlussflug an die Südküste intensiv genutzt.
    Reilly hatte zunächst mehrere Telefonate per Handy geführt. Nachdem er Aparo auf den neuesten Stand gebracht hatte, war eine
     hitzige Debatte mit Jansson gefolgt. Reillys Vorgesetzter war noch immer ganz und gar nicht überzeugt von dessen überstürztem
     Entschluss, Tess zu begleiten, statt sie an die Federal Plaza zu schleifen. Die übrige Zeit hatten die beiden mit dem hiesigen
     Rechtsattaché des FBI verbracht, einem dickbäuchigen Mann namens Vedat Ertugrul, der zum Flughafen gekommen war, um sie in
     Empfang zu nehmen und dafür zu sorgen, dass Reilly auch ohne Pass ins Land gelassen wurde. Erst Tage vorher war Ertugrul davon
     in Kenntnis gesetzt worden, dass Vance sich wahrscheinlich auf dem Weg in diese Gegend befand. Er

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