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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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ursprünglichen Landschaft.
     Weite Landstriche der lykischen Küste waren vor dem Bau des Dalaman-Flughafens Naturschutzgebiet gewesen, sodass die Region
     vom Massentourismus verschont geblieben war. Tess und Reilly fanden sich bald in einer ländlichen Gegend mit älteren Häusern
     wieder, die, von groben Steinmauern und Zäunen aus rostigem Schmiedeeisen umgeben, im Schatten von Pinien standen. Zu beiden
     Seiten der Straße erstreckte sich üppiges, fruchtbares Land. Der Boden war von dichtem Gestrüpp bedeckt, aus dem vereinzelt
     Baumgruppen aufragten. Auf dem höher gelegenen Gelände zu ihrer Rechten verdichtete sich der Bewuchs.
    In weniger als einer Stunde erreichten sie Köyceğiz, einen kleinen Ort am Ufer eines großen, zauberhaften Sees, der einmal
     einen natürlichen Hafen gebildet hatte. Lykische Felsengräber, die kunstvoll aus den Steilhängen um den See herausgehauenund verblüffend gut erhalten waren, erinnerten an eine der zahlreichen früheren Zivilisationen dieser Region.
    Gut drei Kilometer außerhalb der Stadt wies Tess Reilly an, von der Hauptstraße abzubiegen. Der Asphalt, über den sie nun
     fuhren, war rissig und voller Schlaglöcher; ab jetzt würde die Reise weniger bequem vonstatten gehen, doch vorerst konnte
     die unwegsame Straße der robusten Federung des Pajero wenig anhaben.
    Sie fuhren an Oliven- und Zitronenhainen vorbei, ließen Maisfelder und Tomatenplantagen hinter sich. Die lebhaften Farben,
     die intensiven Gerüche der Weihrauchbäume am Straßenrand halfen den beiden Reisenden, den Jetlag zu überwinden und ihre abgestumpften
     Sinne wieder zu beleben. Nach einiger Zeit stieg die Straße erneut an. Sie durchfuhren nun eine dicht bewaldete Hügellandschaft,
     in der sie nur einzelne verschlafene Dörfer sahen.
    Überall am Weg waren Zeugnisse einer einfachen, urtümlichen Lebensweise zu entdecken, die auf über tausendjährige Traditionen
     zurückging; lebendige Geschichte, wie es sie im Westen längst nicht mehr gab: ein Mädchen, das mit einer Handspindel Wolle
     spann, während es Schafe hütete; ein Ochsengespann, das im Schein der untergehenden Sonne einen primitiven Pflug zog, der
     aus einem einzigen Baumstamm gefertigt war.
    Von Zeit zu Zeit stellte Tess aufgeregt Übereinstimmungen zwischen dem, was sie am Weg sahen, und Al-Idrisis Aufzeichnungen
     fest. Die meiste Zeit war sie mit ihren Gedanken allerdings nicht so sehr bei jenem Reisenden, sondern vielmehr bei den überlebenden
     Rittern, die sich vor so langer Zeit verzweifelt durch dieses Land geschleppt hatten.
    Inzwischen war die Dämmerung hereingebrochen, und sie verfolgten ihren Weg im Scheinwerferlicht des Geländewagens. Die Straße
     war nur mehr ein schmaler Feldweg mit Asphaltresten und Steinbrocken.
    «Ich glaube, wir sollten es für heute gut sein lassen», schlug Reilly vor.
    Tess zog ihre Karte zu Rate. «Es kann nicht mehr weit sein. Ich würde sagen, wir sind vielleicht noch 35 bis 50   Kilometer entfernt.»
    «Mag sein, aber es wird immer dunkler, und ich will hier draußen wirklich keinen Achsbruch riskieren.»
    Sie konnte es kaum erwarten, ans Ziel zu gelangen, musste jedoch einsehen, dass er Recht hatte. In dieser Wildnis wäre schon
     ein platter Reifen ein ernsthaftes Problem.
    Nachdem Reilly den Pajero auf einem halbwegs ebenen Flecken abgestellt hatte, stiegen sie aus und blickten sich um. Der letzte
     schwache Schein der untergehenden Sonne glomm hinter dünnen Fetzen rosig grauer Wolken hervor, die an dem ansonsten klaren
     Himmel schwebten. Die Sichel des zunehmenden Mondes schien unnatürlich nahe. Die Berge lagen ruhig und verlassen da. Die plötzliche
     Stille, die sie umgab, war für Reilly ungewohnt und verunsicherte ihn. «Gibt es hier in der Gegend eine Ortschaft, wo wir
     übernachten könnten?»
    Tess warf erneut einen Blick auf die Karte. «Im näheren Umkreis nicht. Der letzte Ort liegt gut zehn Kilometer hinter uns.»
    Reilly sah sich kurz um und entschied, dass sie an dieser Stelle bleiben konnten. Er ging zum Heck des Geländewagens. «Wollen
     wir doch mal sehen, was unser Mann in Istanbul für uns eingepackt hat.»
     
    Während Reilly damit beschäftigt war, den letzten Teil des Gestänges zu montieren und das Außenzelt aufzuspannen, gelang es
     Tess, ein kleines Feuer zu entzünden. Wenig später machten sie sich hungrig über die Vorräte her, die Ertugrul für sie beschafft
     hatte: dünne Scheiben
Basterma
und
Börek
mit
Kasseri -Käse
, dazu Mineralwasser

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