Scriptum
zu den wenigen Privatjets, deren Reichweite genügte, um ohne Zwischenstopp von New York bis nach Rom zu fliegen. Sie war
auch schneller als der schwerfällige Airbus, in dem die beiden reisten. Auf diese Weise blieb dem Monsignore ein wenig Zeit,
sich die nötige Ausrüstung für seine Mission zu beschaffen und dennoch gleichzeitig mit Tess und Reilly das Ziel ihrer Reise
zu erreichen. Wo immer es liegen mochte.
Nachdem er seinen Platz eingenommen hatte, brütete er wieder einmal über dem Dilemma, vor das ihn Tess Chaykin stellte. Dem
FBI ging es im Grunde einzig und allein darum,Vance für den Überfall auf das Metropolitan Museum hinter Schloss und Riegel zu bringen. Die Archäologin hingegen war hinter
etwas anderem her. De Angelis war überzeugt, dass sie auch dann noch weitersuchen würde, wenn Vance schon längst hinter Gittern
war. Jeden Stein würde sie umdrehen, um es zu finden. Beharrlichkeit lag in ihrer Natur.
Früher oder später würde der Punkt kommen, an dem Tess ihren Zweck erfüllt hatte, und dann würde er sich wohl des Problems
annehmen müssen. Eines Problems, das Reilly soeben vergrößert hatte, indem er die verhängnisvolle Entscheidung traf, sie zu
begleiten.
Der Monsignore schloss die Augen und lehnte sich an die weiche Kopfstütze seines üppig gepolsterten, drehbaren Sessels. Das
Ganze bereitete ihm keinerlei Unbehagen. Derlei Komplikationen musste man eben aus dem Weg schaffen.
KAPITEL 53
Das Flugzeug hatte seine Reiseflughöhe erreicht, als Tess von ihren Erkenntnissen zu berichten begann. «Wir haben nach einem
Ort gesucht, der schlichtweg nicht existiert.»
Nach dem Start hatten sie einen Blick auf die Skyline von Manhattan werfen können, die im Licht der untergehenden Sonne in
atemberaubenden Gold- und Blautönen schimmerte. Das Fehlen der Zwillingstürme schien auffälliger, als die Türme selbst jemals
gewesen waren, und der Blick aus der Luft auf Ground Zero machte das ganze Ausmaß der Katastrophe eindringlich spürbar. Dann
hatte das Flugzeug mit der roten Heckflosse abgedreht und war durch die dünne Wolkendecke in den Himmel aufgestiegen, bis
es durch die klare Luft in 37 000 Fuß Höhe geradeaus weiter in die rasch hereinbrechende Nacht flog.
«Aimard de Villiers war klug, und ihm war klar, dass der Mann, an den er seinen Brief schrieb – der Meister des Pariser Tempels –, ebenso klug war.» Tess konnte die Aufregung über ihre Entdeckung nicht verbergen. «Es gibt keinen Ort namens
Fonsalis
, und es hat nie einen gegeben.
Fons
ist das lateinische Wort für Quelle oder Brunnen, und
salix
heißt Weide.»
«‹Brunnen der Weide›?»
Tess nickte. «Genau. Als Aimard den Brief schrieb, befanden er und seine Gefährten sich auf feindlichem Gebiet. DasDorf war bereits von den Sarazenen überrannt worden. Das hat mich stutzig gemacht: Warum benutzte Aimard den lateinischen
Namen des Dorfes? Woher soll er ihn gekannt haben? Wahrscheinlicher ist, dass er den arabischen Namen kannte, den Namen, den
die Eroberer verwendeten. Aimard hatte ihn vermutlich von dem Ziegenhirten erfahren. Aber er fürchtete, der Brief könne in
falsche Hände geraten und möglicherweise dechiffriert werden, und hat den Namen daher zusätzlich verschlüsselt.»
«Das Dorf hieß also ‹Brunnen der Weide›?»
«Genau. Orte nach topographischen Gegebenheiten zu benennen war damals gängige Praxis.»
Reilly blickte Tess skeptisch an. Etwas an ihrer Logik schien ihm nicht zu behagen. «Dazu müsste er aber Arabisch gekonnt
haben.»
«Davon kann man ausgehen, und wenn nicht er, dann einer seiner Begleiter. Gegen Ende der Kreuzzüge gab es unter diesen Rittern
viele, die im Heiligen Land geboren waren. Man nannte sie
poulains
, wörtlich übersetzt ‹Fohlen›. Außerdem hatten die Templer eine eigentümliche Affinität zu den Muslimen. Ich habe gelesen,
die beiden Gruppen hätten untereinander naturwissenschaftliche ebenso wie mystische Erkenntnisse ausgetauscht. Angeblich sollen
die Templer sogar ein paarmal die Assassinen angeheuert haben – die sagenhaften, Hasch rauchenden Profikiller der Sarazenen.»
Reilly zog die Augenbrauen hoch. «Sie haben die Killer ihrer Feinde engagiert? Ich dachte, die hätten eigentlich
sie
bekämpfen sollen.»
Tess zuckte die Schultern. «Wenn man zweihundert Jahre lang quasi Tür an Tür lebt, schließt man zwangsläufig Freundschaften.»
Er gab sich mit dieser Erklärung zufrieden. «Okay, und wie heißt
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