Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
Vom Netzwerk:
schwindelte die sperma-abtötende Wirkung durch ausgefeilte Wortwahl so zurecht, daß sie vom spendenden auf das empfangende Organ überzugehen schien. Und schließlich versah sie Conrad Huppel mit selbstloser Hingabe und jahrelangem Streben nach dem großen Ideal. Dies alles machte ihn nicht nur zum Milliardär, ehe er das vierzigste Lebensjahr erreicht hatte, sondern auch zum Retter der Zivilisation, und darin steckte – wie in jeder vernünftigen Verkaufsstrategie und in jedem erfolgreichen Mythos – ein Körnchen Wahrheit. Denn wie man die Sache auch sehen mochte, das Cordwainer-Huppel-Gerät hatte die Zivilisation gerettet. Pete war gleichwohl bereit, eine Wette einzugehen, daß Huppel damals selbst kein Kostverächter gewesen war und daß sich daran auch auf seiner Hebrideninsel bis in die Gegenwart nichts geändert hatte. Und manches sprach dafür, daß er für die Zivilisation keinen Pfifferling gab.
    Mißmutig warf Pete seine Reisetasche auf den Rücksitz seines Wagens. Kleider für eine Woche und nicht einen Tag mehr. Um der endgültigen Loslösung willen, sieben Tage, in denen von seinem Vater erwartet werden durfte, daß er sich festgelegt und entweder gesundete oder starb.
    Er fuhr mit zurückgeklapptem Verdeck in seinem Straßenanzug, korrekt und nüchtern wie ein Geschäftsreisender. Emma hätte vorgeschlagen, daß er etwas Bequemeres tragen sollte – das hieß, bequemer für Scudder und Maudie. Aber Emma war wieder eingeschlafen, und er trug zu seiner eigenen Bequemlichkeit einen korrekten Straßenanzug. Als er losfuhr, zeigte der Himmel ein einförmiges Grau, aber die Wettervorhersage hatte für den Vormittag Aufheiterung und Sonnenschein versprochen. Die halbe Stadt, so schien es, war mit ihm unterwegs, zwei und drei Seite an Seite auf der Ausfallstraße, eine Erinnerung an die schlimmen alten Tage des vorigen Jahrhunderts, vor seiner Zeit. Ferienstimmung lag in der Luft. Die Autofahrer begrüßten einander sogar mit kameradschaftlichen Hupsignalen: »Fro-hen Hup-pel-tag!« Pete antwortete hie und da mit heiterem Winken und verteilte ein dem Anlaß gemäßes Lächeln.
    Bald ließ er die Stadt hinter sich und durchfuhr den breiten Gürtel bestellten Ackerlandes, der aus den längst verlassenen Vorortsiedlungen zurückgewonnen worden war. Anmutige Felder, mit Hafer, Gerste und Weizen bestellt, wechselten mit schönen jungen Laubholzbeständen. Seine Verdrießlichkeit verflog. Die Strecke war ihm vertraut, voll von glücklichen Erinnerungen. Er hatte sie schon Hunderte von Malen benutzt, wenn er an Winterwochenenden zum Skilaufen nach Norden gefahren war. Dann lenkten die Wegweiser ihn nach rechts, der Küste zu, in traurigeres, halbvergessenes Land. Siebzehn Jahre waren eine lange Zeit.
    Am Rand der ersten Kleinstadt auf seiner Strecke verlangsamte der Verkehr, kam zum Stillstand, kroch weiter, geriet wieder ins Stocken. Blasmusik wehte herüber, ein fröhliches Schmettern und Trompeten. Pete stand auf, stützte sich auf die Windschutzscheibe. Über die Dächer der vor ihm haltenden Wagen sah er eine Menschenmenge mit Fahnen und Spruchbändern die baumbestandene Straße entlangziehen. Andere standen in nachbarschaftlichen Gruppen vor ihren ordentlichen, weiß gestrichenen Holzhäusern, während Kinder auf ihren elektrischen Fahrrädern zwischen den Gruppen herumkurvten. Der Himmel hatte aufgeklart. Zwischen den Bäumen waren Wimpel aufgezogen, alle trugen ihre Vereinstrachten, und an der Spitze zog die Kapelle, deren Mitglieder sich im synkopierten Rhythmus ihrer Musik wiegten.
    Jenseits des Umzugs war der Stadtplatz zu sehen, wo Verkaufsstände die Rasenfläche zu Füßen der unvermeidlichen patriotischen Statue bedeckten, überschattet von der neugotischen, weiß gestrichenen Kirche. Die Kirchentür stand offen, der Pastor auf den Stufen davor, wo er offenbar die Ankunft der Parade erwartete.
    Die Frau im Wagen hinter Pete hupte, nicht ungeduldig: »Fro-hen Hup-pel-tag!« Die Kolonne vor ihm hatte sich in Bewegung gesetzt und eine Lücke gelassen. Pete setzte sich hastig hinter das Lenkrad und fuhr langsam weiter. In der Sonne außerhalb der Baumschatten stand die Luft heiß und reglos, und es roch nach Feiertagsbraten, frischer Farbe und gemähtem Gras. Die harmlose Einfalt dieses Festtagspublikums ging ihm zu Herzen. Eine andere Welt … Aber die Leute fühlten sich wohl dabei. Es kam darauf an, zu wissen, was man wollte, und dabei zu bleiben.
    »Warum mußt du unbedingt in der Stadt bleiben,

Weitere Kostenlose Bücher