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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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und aus dem Inneren drangen schwache Geräusche wie von sprühenden Funken. Aber diese Phänomene waren ihm nicht eindeutig genug, und so schlug er weiter darauf ein, bis das Ding endlich platzte und zerbrochene Stücke über den Küchenboden verstreut wurden.
    Er machte seine Geste in der Küche. Gerade vor Maudie, wo sie ihn nicht sehen konnte, denn er tat es für sich selbst – für niemanden sonst, das mußte klar sein. Maudie brauchte die Geste nicht, und Scudder auch nicht. Maudie war tot, und Scudder hatte seine anderen – nicht die anderen, die er sich vorstellte, Mitverschwörer an den Bildschirmen, Bombenleger, aber andere in ihren Herzen. Pete glaubte nicht, daß eine ganze Welt verrückt werden konnte: Leute waren bloß Leute, weder mehr noch weniger verrückt als zu irgendeiner anderen Zeit. Die Gesamtsumme der Verrücktheit hatte sich nicht geändert, nur die Methoden, mittels derer sie ausgebeutet wurde. So gab es andere, wie es immer gewesen war, Menschen, die nach individuellen, unverdorbenen Zielen strebten und sich in ihrer eigenen heillosen Art und Weise durch das Leben wurstelten. Nicht andere mit Bomben, aber andere in ihren Herzen, wo die einzige Veränderung möglich war, wo die einzige Besserung bewirkt werden konnte, und wo sie niemals besiegt werden konnten.
    So zerschlug Pete den Huppelsender sich selbst zuliebe und war sich der primitiven Theatralik der Geste bewußt, und weil primitive Theatralik oft Spaß macht, kümmerte es ihn nicht einen Furz. Darauf, weil seine Geste noch nicht vollständig war, ging er ins Herrenzimmer zu Maudies Datenanschluß. Er wollte Spencer Rotanzug die Meinung sagen. Er wollte, ehe jemand anders es tat, die Nachricht von seinem primitiven und theatralischen Abfall durchgeben.
    Er setzte sich in Maudies rotsamtenen Sessel. Die Uhr über dem Bildschirm zeigte 13:09. Er stockte, die Hände ausgestreckt über der Tastatur. Verdammt. Wenn er Spencer sprechen wollte, würde er die Verbindung über seinen Inspektor schalten lassen, und es war nach ein Uhr, also mußte sein Inspektor zum Essen gegangen sein. Er ließ sich in den Sessel zurückfallen und schlug mit den Fäusten auf die hartgepolsterten Lehnen. Er brauchte Spencer Rotanzug, er mußte es ihm sagen – Teufel noch mal …
    Er hielt inne. Eine Anzeigeleuchte über der Ausdruckstation hatte seine Aufmerksamkeit gefunden. Sie signalisierte eingegangenes Material, das darauf wartete, abgerufen zu werden. Und daneben, als visuelle Anzeige, der Name des Adressaten: Pete Laznett. Er starrte darauf. Vor langer, langer Zeit hatte seine Mutter ihm gesagt, daß ein Brief für ihn da sei, und er hatte geantwortet, daß er ihn später lesen wolle.
    Später. In der Erfahrung, hundert Jahre später. Jetzt.
    Er kam zu sich. Vielleicht, wenn es nicht vermessen war, darauf zu hoffen, kam er zu seinem neuen Selbst. Und wenn dies so war, dann gab es keine Gesten mehr. Zumindest für den Augenblick, diesen Augenblick, Emmas Augenblick, waren Gesten überflüssig.
    Er gab seinen Kode nicht ein, weil es nicht nötig war. Pete Liebling, ich vermisse dich. Pete Liebling, bitte komm bald zurück! Pete Liebling, ich schaffe es nicht. Pete Liebling, all dieser ausgeglichene Scheiß. Ich schaffe es einfach nicht. Er hatte die Briefe oben in seiner Schublade, unter den Hemden versteckt. Er wußte genau, was sie aussagten. Er hatte es die ganze Zeit gewußt, was der Grund war, warum er nie geantwortet hatte.
    Andere. Millionen von anderen, und eine von ihnen Emma. Auswählen und aufpicken war etwas für die Vögel. Die Sache war, wenn man sehr viel Glück hatte, zu wissen, was man wollte. Und sehr zu hoffen, weil man es nicht verdiente, daß Emma es auch wollte.
    Eine ordentliche Lösung? Maudie hätte es gefallen. Auch Scudder war in seiner Weise ordentlich.
    Eine zu ordentliche Lösung? Nur die Zeit konnte es erweisen. Genauer gesagt, die nächsten Minuten. Emma arbeitete durch, holte sich ihr Mittagessen aus dem Automaten vor ihrem Büro, im Empfangsbereich der Klinik. Pete griff zum Telefon und wählte die Nummer ihres Büros. Er lauschte den Signalen, und nach dem vierten Ton meldete sie sich.

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