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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Möbel zerschmettert. Zwei große Truhen, die zuvor am Wagenboden befestigt gewesen waren, waren aus ihrer Verankerung gerissen worden. Ihre Deckel standen offen, und der Inhalt quoll heraus. »Der Vermummte soll uns holen«, flüsterte Grantl, dessen Mund plötzlich ganz trocken war. Die eine Truhe enthielt flache, jetzt in kleine Stücke zerbrochene Schieferscheiben, in die mit akribischer Genauigkeit geheimnisvolle Symbole geritzt worden waren, doch es war die andere Truhe, deren Inhalt dem Karawanenführer schier den Magen umdrehte – eine Masse blutiger, feuchter … Organe. Lebern, Lungen, Herzen, alle miteinander verbunden, um eine Gestalt zu formen, die durch ihre Vertrautheit noch entsetzlicher wurde. Als das Ding noch gelebt hatte – und er spürte, dass es das bis vor kurzem noch getan haben musste –, war es von menschenähnlicher Gestalt gewesen, allerdings nicht mehr als kniehoch, wenn es auf seinen knochenlosen, beutelähnlichen »Beinen« gestanden hatte. Augenlos und, soweit Grantl es im Zwielicht des Wageninnern erkennen konnte, ohne irgendetwas, das einem Gehirn geähnelt hätte, verströmte die nunmehr tote Kreatur immer noch dünnes, wässriges Blut.
    Nekromantie, aber nicht von der Sorte, mit der Dämonen beschworen werden. Dies sind die Künste derjenigen, die die Sterblichkeit erforschen, die Auferstehung und das Untote. Diese Organe … sie stammen von lebenden Menschen. Menschen, die von einem Wahnsinnigen umgebracht wurden. Verdammt noch mal, Buke, warum musste st du dich bloß mit diesen Scheißkerlen einlassen?
    »Sind sie drin?«, fragte Hetan von unten.
    Er lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf. »Hier sind nur Trümmer.«
    Harllo meldete sich von seinem Kutschbock. »Schau mal da rüber, Grantl. Wir bekommen Gesellschaft.«
    Vier Gestalten, zwei von ihnen mit Umhängen und ganz in schwarzes Leder gekleidet, die dritte klein und säbelbeinig, die letzte schließlich groß und dünn. Also keine Verluste. Dennoch, irgendetwas ziemlich Übles hat sie erwischt. Und zwar schwer. »Das sind sie«, murmelte er.
    Hetan warf ihm von unten einen schiefen Blick zu. »Du kennst diese Männer?«
    »Ja. Allerdings nur einen davon wirklich gut. Den Wächter – das ist der Große, Grauhaarige.«
    »Ich mag sie nicht«, grollte die Barghast. Das Schwert in ihrer Hand zuckte leicht, als sie ihren Griff änderte.
    »Halt dich von ihnen fern«, riet Grantl ihr. »Sag es auch deinen Brüdern. Denen solltest du nicht in die Quere kommen – ich meine die beiden mit den Umhängen. Bauchelain – das ist der mit dem Spitzbart – und Korbal Broach – das ist der … der andere.«
    Cafal und Netok gesellten sich wieder zu ihrer Schwester. Der ältere Bruder machte ein finsteres Gesicht. »Es ist gestern geschehen«, sagte er. »Die Schutzzauber wurden aufgelöst. Langsam. Bevor der Hügel aufgebrochen wurde.«
    Grantl, der immer noch oben auf dem Wagen hockte, musterte die sich nähernden Männer genauer. Buke und der Diener Emancipor Reese sahen erschöpft und zutiefst erschüttert aus, während die beiden Zauberer genauso gut einen Spaziergang gemacht haben könnten, so gelassen wirkten sie. Doch sie waren bewaffnet. Sie hielten schwarz gefärbte Armbrüste aus Metall in den Händen, gespannt und mit aufgelegten Bolzen. In den viereckigen schwarzen Köchern an ihren Hüften befanden sich nur noch einige wenige Geschosse.
    Grantl kletterte vom Wagen und ging ihnen entgegen.
    »Schön, dass wir uns treffen, Karawanenführer«, sagte Bauchelain mit einem dünnen Lächeln auf den Lippen. »Ein Glück für Euch, dass wir schnell vorangekommen sind, seit wir den Fluss überquert haben. Seit Saltoan ist unsere Reise alles andere als friedlich verlaufen.«
    »Das habe ich mir auch schon gedacht, mein Herr«, erwiderte Grantl, während er Buke einen kurzen Blick zuwarf. Sein Freund sah zehn Jahre älter aus als bei ihrem letzten Treffen. Er wich Grantls Blick aus.
    »Wie ich sehe, ist Eure Karawane etwas größer geworden, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben«, bemerkte Bauchelain. »Das sind Barghast, stimmt’s? Ist es nicht wirklich außergewöhnlich, dass man dieses Volk auch auf anderen Kontinenten findet – wo sie sich ebenso nennen und anscheinend praktisch dieselben Gebräuche pflegen? Ich frage mich, was für ein geschichtlicher Hintergrund da vergraben liegt, der nun auf Grund ihrer Unwissenheit verloren ist.«
    »Normalerweise«, sagte Grantl ruhig, »wird das Wort ›vergraben‹ im

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