SdG 04 - Die eisige Zeit
Staub rann überall an seinem breiten Körper hinunter. Für einen winzigen Augenblick schien etwas in den Tiefen seiner Augenhöhlen zu glitzern, als der Imass Toc anstarrte, dann drehte Tool sich um und hob sein Feuersteinschwert auf.
Bei den Göttern, ich hätte lieber darauf bestehen sollen, dass er einfach liegen bleibt. Vertrocknete Lederhaut, stramme Muskeln und schwere Knochen … und alles zusammen bewegt sich wie etwas Lebendiges. Oh, wie der Imperator sie geliebt hat. Eine Armee, die er niemals verpflegen musste, die er niemals transportieren musste, eine Armee, die überall hingehen konnte und die so ziemlich alles tun konnte, verflucht noch mal. Und es hat niemals Deserteure gegeben – außer dem einen, der jetzt hier vor mir steht.
Aber wie will man einen Tlan-Imass-Deserteur überhaupt bestrafen?
»Ich brauche Wasser«, sagte Toc, nachdem sie sich mehrere Herzschläge lang einfach nur angestarrt hatten. »Und etwas zu essen. Und ich muss ein paar Pfeile finden. Und eine Bogensehne.« Er löste die Schnallen seines Helms und zog ihn vom Kopf. Die Lederkappe darunter war mit Schweiß vollgesogen. »Können wir nicht im Turm warten? Diese Hitze kocht mir noch das Hirn weich.« Und warum rede ich, als würde ich erwarten, dass du mir hilfst, Tool?
»Die Küste liegt tausend Schritt im Südwesten«, antwortete Tool. »Dort gibt es etwas zu essen und eine bestimmte Art von Seegras, das als Bogensehne ausreichen wird, bis wir ein Stück Darm finden. Ich kann leider kein frisches Wasser riechen. Vielleicht wird sich diejenige, die den Turm in Besitz genommen hat, als großzügig erweisen, was allerdings weit weniger wahrscheinlich ist, wenn sie hier ankommt und dich in ihrem Turm vorfindet. Pfeile kann man machen. Ganz in der Nähe gibt es eine Salzmarsch, wo wir Knochenschilf finden können. Wenn wir ein paar Schlingen auslegen, werden uns die Küstenvögel mit der Befiederung versorgen. Pfeilspitzen …« Tool drehte sich um und ließ den Blick über die Obsidian-Ebene schweifen. »Für mich sieht es nicht so aus, als könnte es hier zu einem Engpass an Rohstoffen kommen.«
Schön, helfen wirst du mir also. Dem Vermummten sei Dank dafür. »Nun, ich hoffe, du kannst immer noch Steinsplitter abschlagen und Seegras flechten, T’lan Imass, nicht zu vergessen auch Knochenschilf – was immer das sein mag – zu vernünftigen Pfeilschäften verarbeiten, denn ich weiß ganz sicher nicht, wie das geht. Wenn ich Pfeile brauche, dann fordere ich sie an, und wenn ich sie dann bekomme, dann haben sie eiserne Spitzen und sind gerade, wie mit einem Senkblei gezogen.«
»Ich habe diese Fertigkeiten nicht verlernt, Soldat – «
»Da die Mandata uns einander nie vernünftig vorgestellt hat, ich heiße Toc der Jüngere, und ich bin kein Soldat, sondern Kundschafter – «
»Du warst in den Reihen der Klaue.«
»Aber ich bin weder zum Assassinen ausgebildet worden, noch verfüge ich über irgendwelche magischen Fähigkeiten. Außerdem habe ich dieser Rolle mehr oder weniger abgeschworen. Jetzt will ich eigentlich nur noch eines: zu Dujek Einarms Heer zurückkehren.«
»Das ist eine lange Reise.«
»Das hatte ich schon vermutet. Je eher ich also aufbreche, desto besser. Sag mir, wie weit erstreckt sich dieses gläserne Ödland?«
»Sieben Längen. Dahinter befindet sich die Lamatath-Ebene. Wenn du sie erreicht hast, wende dich in Richtung Nord-Nordost – «
»Wohin wird mich das bringen? Nach Darujhistan? Hat Dujek die Stadt belagert?«
»Nein.« Der T’lan Imass drehte den Kopf zur Seite. »Sie kommt.«
Toc folgte Tools Blick. Drei Gestalten waren im Süden aufgetaucht, näherten sich dem Rand des Kreises aus Hügelgräbern. Von den dreien ging nur die in der Mitte aufrecht. Sie war groß und schlank und trug eine fließende, weiße Telaba, wie sie von den hochgeborenen Frauen im Reich der Sieben Städte getragen wurde. Ihre schwarzen Haare waren lang und glatt. Sie wurde von zwei Hunden flankiert. Der zu ihrer Linken war zottig, so groß wie ein Hügel-Pony und erinnerte an einen Wolf, der andere war kurzhaarig, dunkelbraun und überaus muskulös.
Da Tool und Toc auf freier Fläche standen, mussten die Neuankömmlinge sie gesehen haben, doch die drei zeigten sich nicht im Geringsten beunruhigt und änderten auch ihr Tempo nicht, während sie näher kamen. Als sie vielleicht noch ein Dutzend Schritte entfernt waren, sprang der wolfsähnliche Hund voraus und lief schwanzwedelnd auf den T’lan Imass
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