Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
meines Herrn entzieht sich jeder Erklärung – «
    »Das heißt, dass du ihren Grund nicht kennst«, schnitt die abtrünnige Hohefaust ihr das Wort ab.
    »Welch unerhörte Dreistigkeit – zeig ein bisschen mehr Respekt, Sterblicher, sonst werde ich mich an deinem Kadaver gütlich tun, wenn der Tag gekommen ist!«
    »Du wirst dir an meinem Fell wahrscheinlich den Schnabel abbrechen, Scharteke, aber du kannst es natürlich gern versuchen, wenn es so weit ist.«
    »Hast du immer noch diesen Schnabel-Riemen, Hurlochel?«, fragte Bruth mit grollender Stimme.
    »Ja, Kriegsherr.«
    Scharteke stieß ein Zischen aus; sie senkte den Kopf, breitete ihre gewaltigen Schwingen halb aus. »Wage es ja nicht, du Ochse! Versuche ruhig, mir noch einmal so etwas anzutun – aber du tust es auf eigene Gefahr!«
    »Dann halt den Schnabel!« Bruth wandte sich den anderen zu und winkte sie durch den Eingang. Scharteke, die hoch über ihnen allen auf der Stange hockte, bewegte ruckweise den Kopf auf und ab, als die Krieger unter ihr hindurchgingen. Als die Mhybe an der Reihe war, stieß der Große Rabe ein krächzendes Glucksen aus. »Das Kind, das du an der Hand hältst, wird uns noch alle überraschen, alte Frau.«
    Die Rhivi blieb stehen. »Was kannst du spüren, alte Krähe?«
    Scharteke lachte lautlos, ehe sie antwortete: »Immanenz, mein liebster Tonkrug, und sonst nichts. Ich grüße dich, Silberfuchs, mein Kind.«
    Das Mädchen musterte den Großen Raben ein paar Herzschläge lang, dann sagte sie: »Hallo, Scharteke. Mir war bisher gar nicht klar, wie deine Art geboren wurde – nämlich aus dem faulenden Fleisch eines – «
    »Sei still!«, kreischte Scharteke. »Solches Wissen sollte niemals laut ausgesprochen werden! Du musst lernen, still zu sein, mein Kind – zu deiner eigenen Sicherheit – «
    »Zu deiner Sicherheit, meinst du wohl«, erwiderte Silberfuchs lächelnd.
    »In diesem ganz besonderen Fall, das stimmt, will ich es nicht leugnen. Doch höre auf eine weise alte Kreatur, bevor du das Zelt betrittst, mein Kind. Unter denen, die da drinnen warten, gibt es einige, die das Ausmaß deiner Kenntnisse – solltest du so närrisch sein, es zu enthüllen – als tödlichste aller Bedrohungen ansehen würden. Bestimmte Enthüllungen könnten deinen Tod bedeuten. Und auch dies solltest du wissen: Du bist noch nicht in der Lage, dich selbst zu schützen. Und auch die Mhybe, die ich schätze und liebe, kann nicht hoffen, dich verteidigen zu können – ihre Kräfte helfen ihr nichts, wenn es um Gewalt geht. Ihr werdet beide Beschützer brauchen, habt ihr das verstanden?«
    Silberfuchs lächelte noch immer gelassen und nickte.
    Die Hand der Mhybe schloss sich instinktiv fester um die ihrer Tochter, während ein Wirrwarr von Gefühlen über sie hinwegschwappte. Sie war nicht blind für die Drohungen, die sich gegen sie selbst und Silberfuchs richteten, und sie war sich auch der Kräfte, die in dem Kind keimten, sehr wohl bewusst. Aber in mir selbst spüre ich keine Macht, weder eine gewalttätige noch eine andere. Obwohl sie es voller Zuneigung gesagt hat, hat Scharteke mich zu Recht »Tonkrug« genannt, und alles, was dieser Tonkrug einst beschützt hat, ist nun nicht mehr länger in mir, sondern steht hier offen und verletzlich an meiner Seite. Sie schaute nach oben und warf dem Großen Raben einen letzten Blick zu, während Silberfuchs sie ins Innere des Zelts zog. Ihr Blick traf sich mit dem aus Schartekes schwarzen, glänzenden Augen. Du liebst und schätzt mich also, Krähe? Gesegnet seist du dafür.
    Der zentrale Raum des Kommandozelts wurde von einem großen Kartentisch aus roh behauenem Holz beherrscht; er war so schief und krumm, als wäre er von einem betrunkenen Tischler zusammengezimmert worden. Als die Mhybe und Silberfuchs den Raum betraten, stand Elster, der graubärtige Veteran, vor dem Tisch – den Helm hatte er abgenommen und unter einen Arm geklemmt – und lachte, den Blick auf das Monstrum gerichtet.
    »Ihr seid ein alter Halunke, Kriegsherr«, sagte er und schüttelte den Kopf.
    Bruth betrachtete stirnrunzelnd das Objekt, dem Elster so viel Aufmerksamkeit schenkte. »Nun, ich muss zugeben, er ist nicht besonders schön – «
    »Das liegt nur daran, dass Fiedler und Igel das verdammte Ding gemacht haben«, sagte der Malazaner. »Im Mottwald – «
    »Wer sind Fiedler und Igel?«
    »Das waren meine beiden Sappeure, als ich noch den Neunten Trupp kommandiert habe. Sie hatten eines ihrer berüchtigten

Weitere Kostenlose Bücher