SdG 04 - Die eisige Zeit
schlimmer geworden, seit der Fürst eine Söldner-Kompanie angeheuert hat, um seine eigenen, schwachen Streitkräfte zu verstärken – «
»Was für eine Söldner-Kompanie?«, wollte Elster wissen.
»Die Grauen Schwerter. Habt Ihr schon einmal von ihnen gehört, Kommandant?«
»Nein.«
»Ich auch nicht«, sagte Bruth. »Es heißt, sie kommen aus dem Süden, aus Elingarth – ein nicht gerade kleines Kontingent, mehr als siebentausend Mann. Es bleibt abzuwarten, ob sie sich des Wucher-Soldes würdig erweisen, den sie dem Fürsten abgetrotzt haben. Beim Vermummten, ihr so genannter Standard-Kontrakt ist fast doppelt so hoch wie die Summe, die die Karmesin-Garde verlangt.«
»Ihr Kommandant hat die Situation erkannt«, kommentierte Kallor. Seine Stimme klang, als wäre er furchtbar müde, wenn nicht gar über alle Maßen gelangweilt. »Fürst Jelarkan hat mehr Geld als Soldaten, und die Pannionier kann man nicht bestechen – schließlich ist es aus der Sicht des Sehers ein Heiliger Krieg. Aber eigentlich ist alles noch ein bisschen schlimmer. Der Rat der Hohepriester verfügt über eigene Streitkräfte, die hervorragend ausgebildeten und gut ausgerüsteten Soldaten der einzelnen Tempel. Das sind fast dreitausend der besten Kämpfer der Stadt, während dem Fürsten für seine Stadtgarde, die Capanthall, nur noch der Abschaum geblieben ist. Und ihre Zahl ist per Gesetz auf zweitausend Mann begrenzt. Jahrelang hat der Maskenrat – die Koalition der Tempel – aus der Capanthall Männer für die Tempelkompanien rekrutiert und auf diese Weise die Besten immer wieder weggelockt – «
Die Mhybe war ganz eindeutig nicht die Einzige, die vermutete, dass Kallor den ganzen Nachmittag lang weitergemacht hätte, wenn man ihm dazu Gelegenheit gegeben hätte, denn Elster unterbrach den Hochkönig, sobald er eine winzige Pause machte, um Luft zu holen.
»Also hat dieser Fürst Jelarkan das Gesetz umgangen, indem er Söldner angeheuert hat.«
»So ist es«, lautete Caladan Bruths rasche Antwort. »Wie auch immer, der Maskenrat hat es geschafft, ein anderes Gesetz zu erlassen, das den Grauen Schwertern jede Kampfhandlung außerhalb der Stadtmauern verbietet, darum werden sie auch nichts tun, um die Pannionier an der Überquerung des Flusses zu hindern.«
»Diese Idioten«, brummte Dujek. »Da dies für die Gegenseite ein Heiliger Krieg ist, sollte man eigentlich annehmen, dass die Tempel alles tun würden, um eine gemeinsame Front gegen die Pannionier aufzubauen.«
»Ich nehme an, dass sie glauben, genau das zu tun«, sagte Kallor mit einem Schnauben, das Dujek gegolten haben konnte, oder den Priestern von Capustan – oder allen beiden. »Während sie gleichzeitig sicherstellen, dass sie auch weiterhin den Fürsten in Schach halten können.«
»Es ist sogar noch komplizierter«, konterte Bruth. »Die Herrscherin von Maurik hat kapituliert und dadurch ein großes Blutvergießen vermieden; gleichzeitig hat sie alle Priester in ihrer Stadt gefangen nehmen lassen und sie an die pannionischen Tenescowri ausgeliefert. Durch diesen einen geschickten Schachzug hat sie ihre Stadt und die Bürger gerettet, die fürstlichen Schatztruhen mit Beute aus den Tempeln aufgefüllt und ist den Stachel losgeworden, der schon lange in ihrem Fleisch gesteckt hat. Der Pannionische Seher hat ihr das Amt einer Gouverneurin verliehen, was besser ist, als von den Tenescowri in Stücke gerissen und verschlungen zu werden – denn genau das ist mit den Priestern geschehen.«
Die Mhybe stieß zischend die Luft aus. »Sie sind in Stücke gerissen und verschlungen worden?«
»Genau das«, sagte der Kriegsherr. »Die Tenescowri sind die Bauernarmee des Sehers; es sind Fanatiker, und der Seher belastet sich nicht damit, sie mit irgendetwas zu versorgen. In der Tat gibt er ihnen seinen heiligen Segen, alles zu tun, was nötig ist, um sich zu ernähren und zu bewaffnen. Wenn gewisse andere Gerüchte der Wahrheit entsprechen, ist Kannibalismus noch der geringste aller Gräuel …«
»Wir haben ähnliche Gerüchte gehört«, murmelte Dujek. »Also, Kriegsherr, die Frage, der wir uns gegenübersehen, lautet demnach: Versuchen wir Capustan zu retten – oder lassen wir zu, dass die Stadt fällt? Der Seher muss wissen, dass wir kommen – seine Anhänger haben den Kult weit über die Grenzen der Domäne hinaus verbreitet, in Darujhistan, in Fahl, in Saltoan – das heißt, er weiß, dass wir irgendwann und irgendwo den Catlin überschreiten werden. Wenn er
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