SdG 04 - Die eisige Zeit
entschieden habe. Aber sie ist wohl kaum in dieser Hinsicht an mir interessiert, nein, sie versucht, mir etwas ganz anderes mitzuteilen … Nach einem langen Augenblick nickte er. Silberfuchs … oh, ja, sie ist immer noch ein Kind. Eine Tontafel, die noch kaum beschrieben war. In Ordnung, Tiste Andii, ich verstehe, was du meinst.
Diejenigen, die sich dazu entschlossen, an Silberfuchs’ Seite zu bleiben, mochten sehr wohl in der Lage sein, darauf Einfluss zu nehmen, was aus ihr werden würde. Korlat wollte sich unter vier Augen mit ihm unterhalten, und er hatte die Einladung gerade angenommen. Elster wünschte sich, der Schnelle Ben wäre jetzt an seiner Seite; der Magier aus dem Reich der Sieben Städte besaß eine Art von Scharfsinn, der für Situationen wie diese wie geschaffen war. Der Kommandant hingegen fühlte sich bereits, als hätte er den Boden unter den Füßen verloren. Paran, du armer Kerl. Was soll ich dir bloß erzählen? Soll ich dafür sorgen, dass ihr beide euch begegnet, du und Silberfuchs? Werde ich in der Lage sein, ein solches Treffen zu verhindern, wenn du erst Bescheid weißt? Geht es mich überhaupt etwas an?
Schartekes Schnabel stand weit offen, aber diesmal lachte sie nicht lautlos. Stattdessen verspürte sie ein ungewohntes Entsetzen. T’lan Imass! Und K’rul, der Ältere Gott! Sie wissen die Wahrheit über die Großen Raben, eine Wahrheit, die sonst niemand kennt – außer Silberfuchs, beim Abgrund … Silberfuchs, die in meine Seele geschaut und alles darin gelesen hat.
Oh, du leichtsinniges, leichtsinniges Kind! Willst du uns etwa zwingen, uns gegen dich zu verteidigen? Oder gegen jene, die du zu befehligen behauptest? Wir Große Raben haben niemals unsere eigenen Kriege geführt – willst du uns entfesselt sehen, dank deiner gedankenlosen Enthüllungen?
Wenn Rake davon erfahren sollte … auch wenn wir unsere Unschuld noch so sehr beteuern, es würde uns nichts nützen. Schließlich waren wir da, als er angekettet wurde, ja, das waren wir. Doch … ja, wir waren auch da, als er herabgestürzt ist! Die Großen Raben wurden wie Maden im Fleisch des Gestürzten geboren, und das, oh ja, das wird uns verdammen! Doch halt! Waren wir nicht die ehrenvollen Wächter der Magie des Verkrüppelten Gottes? Und waren nicht wir diejenigen, die die Kunde von der Pannionischen Domäne und der Bedrohung, die sie darstellt, in alle Welt getragen haben?
Eine Magie, die wir entfesseln können, wenn wir dazu gezwungen werden. Ach, mein Kind, du gefährdest so viel mit deinen leichtsinnigen Worten …
Ihre schwarzen, glänzenden Augen richteten sich auf Caladan Bruth. Sie musterte ihn eingehend, doch was auch immer der Kriegsherr denken mochte, es blieb hinter der ausdruckslosen, groben Maske seines Gesichts verborgen.
Halt deine Panik im Zaum, alte Vettel. Konzentriere dich wieder auf die Angelegenheiten, die direkt vor uns liegen. Denk nach!
Zu Zeiten des Imperators hatte sich das malazanische Imperium der T’lan Imass bedient. Die Eroberung des Reichs der Sieben Städte war das Ergebnis gewesen. Doch dann, mit Kellanveds Tod, hatte sich das Bündnis aufgelöst, und so war Genabackis die verheerende Unerbittlichkeit Zehntausender untoter Krieger, die sich wie Staub im Wind fortbewegen konnten, erspart geblieben. Dies allein hatte es Caladan Bruth ermöglicht, der malazanischen Bedrohung angemessen entgegenzutreten … oh, aber vielleicht hat es auch nur so ausgesehen. Hat er die Tiste Andii jemals wirklich entfesselt? Hat er Anomander Rake jemals entfesselt? Hat er jemals seine eigene, wirkliche Macht gezeigt? Bruth ist ein Aufgestiegener – das kann man in sorglosen Zeiten leicht vergessen. Sein Gewirr ist Tennes – die Macht des Landes selbst, die Erde, die das Heim der ewiglich schlafenden Göttin Brand ist. Caladan Bruth hat die Macht – da, in seinen Armen und in dem gewaltigen Hammer auf seinem Rücken –, Berge zu zerschmettern. Übertreibe ich etwa? Ein Flug in geringer Höhe über die zerschmetterten Gipfel östlich des Laederon-Plateaus erbringt genug Beweise für die Zeit, als er jünger und weniger gelassen war … Großmutter Scharteke, du solltest es besser wissen! Macht zieht Macht an. So ist es schon immer gewesen, und jetzt sind die T’lan Imass gekommen, und einmal mehr verändert sich das Gleichgewicht.
Meine Kinder spionieren in der Pannionischen Domäne. Sie können die Macht riechen, die von jenen Landen aufsteigt, die so durch und durch in Blut getaucht sind;
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