SdG 04 - Die eisige Zeit
zu dauern – «
»Im Namen des Kriegs gegen die Jaghut«, krächzte Kallor. Sein schmales, faltiges Gesicht verzog sich unter dem bereits trocknenden Blut zu einem höhnischen Lächeln. »Von einer Hand voll Tyrannen einmal abgesehen, waren die Jaghut Pazifisten. Ihr einziges Verbrechen war, dass sie existiert haben – «
»Hört auf mit Euren Andeutungen, dass dieser Krieg ungerecht gewesen wäre, Hochkönig«, fuhr Silberfuchs den alten Krieger an. »Ich besitze genug von Nachtfrosts Erinnerungen, um mich an das imperiale Gewirr zu erinnern – den Ort, über den ihr einst geherrscht habt, Kallor, bevor die Malazaner ihn für sich in Anspruch genommen haben. Ihr habt ein ganzes Reich verwüstet – Ihr habt das Leben dort ausgelöscht, habt nichts als Asche und verbrannte Knochen übrig gelassen. Ein ganzes Reich!«
Das blutverschmierte Grinsen des großen Kriegers war gespenstisch. »Ah, dann bist du also wirklich da, ja? Aber ich glaube, du versteckst dich, verdrehst die Wahrheit, verformst sie zu falschen Erinnerungen. Du versteckst dich, du erbärmliches, verfluchtes Weib!« Sein Lächeln wurde härter. »Aber dann solltest du auch wissen, dass du meinen Zorn besser nicht herausfordern solltest, Knochenwerferin. Flickenseel. Nachtfrost … liebes Kind …«
Die Mhybe sah, wie ihre Tochter erbleichte. Zwischen diesen beiden besteht etwas … eine uralte Feindschaft – warum habe ich das bisher nicht gesehen? Hier geht es um alte Erinnerungen … zwischen ihnen besteht eine Verbindung. Zwischen meiner Tochter und Kallor – nein, zwischen Kallor und einer der Seelen in ihrem Innern …
Nach kurzem Schweigen richtete Silberfuchs ihre Aufmerksamkeit wieder auf Dujek. »Um Euch eine Antwort zu geben: Logros und die Clans unter seinem Befehl waren mit der Aufgabe betraut, den Ersten Thron zu verteidigen. Die anderen Armeen sind aufgebrochen, um die letzten Festungen der Jaghut zu vernichten – die Jaghut hatten Barrieren aus Eis geschaffen. Omtose Phellack ist ein Gewirr aus Eis, Hohefaust, ein mörderisch kalter, nahezu lebloser Ort. Die Zaubereien der Jaghut haben die Welt bedroht … der Meeresspiegel ist gesunken, ganze Arten sind ausgestorben – jedes Gebirge war eine Barriere. Eis floss in weißen Strömen die Hänge hinab. Eis, das an einigen Stellen drei Meilen dick war. Als Sterbliche wurden die Imass zerstreut, ihre Einheit war verloren. Sie konnten solche Barrieren nicht überwinden. Es gab Hungersnöte – «
»Die Kriege gegen die Jaghut hatten schon viel früher begonnen«, schnappte Kallor. »Sie haben nur versucht, sich zu verteidigen – und wer würde das nicht tun?«
Silberfuchs zuckte nur die Schultern. »Als an Tellann gebundene Untote konnten unsere Armeen diese Barrieren überwinden. Die Bemühungen, die Jaghut auszurotten, erwiesen sich als … kostspielig. Ihr habt von diesen Armeen noch nicht einmal ein Flüstern gehört, weil viele von ihnen dezimiert wurden, während andere den Krieg an fernen, ungastlichen Orten vielleicht immer noch weiterführen.«
Auf dem Gesicht der Hohefaust lag ein schmerzlicher Ausdruck. »Die Logros haben das Imperium verlassen und waren einige Zeit lang in der Jhag Odhan verschwunden; als sie zurückgekehrt sind, hatte sich ihre Zahl deutlich verringert.«
Sie nickte.
»Haben die Logros auf deinen Ruf geantwortet?«
»Ich bin mir nicht sicher – kann mir nicht sicher sein, bei keinem der Clans«, sagte das Mädchen stirnrunzelnd. »Sie haben ihn gehört. Wenn sie dazu in der Lage sind, werden sie alle kommen, und ich spüre, dass eine Armee ganz nah ist – zumindest glaube ich, dass ich spüre.«
Es gibt so viel, was du uns nicht erzählst, Tochter. Ich kann es in deinen Augen sehen. Du fürchtest, dass du auf deinen Hilferuf keine Antwort erhalten wirst, wenn du zu viel enthüllst.
Dujek seufzte und schaute den Kriegsherrn an. »Caladan Bruth, wollen wir unsere Diskussion über die geeignete Strategie wieder aufnehmen?«
Die Soldaten beugten sich erneut über den Kartentisch; leise krächzend gesellte sich Scharteke zu ihnen. Kurz darauf ergriff die Mhybe die Hand ihrer Tochter und führte sie zum Ausgang des Zeltes. Korlat schloss sich ihnen an, als sie ins Freie traten. Zur Überraschung der Mhybe folgte ihnen auch Elster.
Nach dem Aufenthalt im Innern des Kommandozelts war die kühle Nachmittagsbrise eine willkommene Abwechslung. Ohne ein einziges Wort zu wechseln, ging die kleine Gruppe ein kurzes Stück, bis sie zu einer Lichtung
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