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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sie den Kopf, wischte sich über die Augen und holte tief und zitternd Luft. »Nein«, sagte sie. »Niemand soll für mich antworten.« Sie blickte zu ihrer Mutter auf – einen winzigen Augenblick lang trafen sich ihre Blicke – und musterte dann wieder die anderen Anwesenden. »Worum es auch geht«, flüsterte sie, »niemand soll für mich antworten.«
    Die Mhybe streckte eine Hand aus, konnte ihre Tochter aber nicht berühren. »Du musst es akzeptieren, Tochter«, sagte sie, und konnte hören, wie zerbrechlich ihre eigene Überzeugung war, und sie wusste – und erneut stieg tiefes Schamgefühl in ihr auf – , dass die anderen es auch gehört haben mussten. Du musst vergeben … musst dir selbst vergeben. Oh, ihr Geister hienieden, ich wage es nicht, diese Worte auszusprechen – dieses Recht habe ich verloren, habe ich jetzt gewiss verloren …
    Silberfuchs wandte sich an Elster. »Dann also die Wahrheit, Onkel. Ich wurde aus zwei Seelen geboren, von denen du eine sehr gut gekannt hast: Flickenseel. Die andere Seele gehört zu den zerfetzten Überresten einer Hohemagierin namens Nachtfrost – tatsächlich war wenig mehr übrig als verkohlte Knochen und verbranntes Fleisch, auch wenn andere Teile von ihr infolge eines versiegelnden Zauberspruchs konserviert wurden. Flickenseels … Tod … fand im Einflussbereich eines Teilann-Gewirrs statt – so wie ein T’lan Imass es geplant hatte – «
    Nur die Mhybe sah, wie der Standartenträger Artanthos zusammenfuhr. Und was wisst Ihr, mein Herr, von all diesen Dingen? Diese Frage zuckte nur kurz durch ihre Gedanken – es war viel zu schwierig, sich jetzt mit Mutmaßungen und Überlegungen abzugeben.
    »Unter diesem Einfluss, Onkel«, fuhr Silberfuchs fort, »ist etwas geschehen. Etwas Unerwartetes. Ein Knochenwerfer aus der fernsten Vergangenheit ist aufgetaucht, außerdem ein Älterer Gott, und eine sterbliche Seele – «
    Kallors Schnauben war nur gedämpft zu hören, da er sich noch immer das Tuch vor das Gesicht hielt. »›Nachtfrost‹«, murmelte er. »Was für ein erbärmlicher Mangel an Phantasie … Ob K’rul das wohl gewusst hat? Ach, was für eine Ironie …«
    Silberfuchs nahm den Faden wieder auf. »Diese drei waren zusammengekommen, um meiner Mutter zu helfen, dieser Rhivi, die plötzlich ein unmögliches Kind trug. Ich wurde an zwei Orten zugleich geboren – in dieser Welt bei den Rhivi, und in die Hände des Knochenwerfers in dem Tellann-Gewirr.« Sie zögerte, schauderte, als wäre sie plötzlich erschöpft. »Meine Zukunft«, flüsterte sie einen Augenblick später und schlang die Arme um ihren Oberkörper, »gehört den T’lan Imass.« Sie wirbelte herum, blickte Korlat an. »Sie sammeln sich zur Zusammenkunft, und ihr werdet ihre Macht in dem Krieg brauchen, der heraufzieht.«
    »Welch unheilige Verbindung«, krächzte Kallor. Er senkte die Hand, ließ das Tuch fallen. Seine Augen waren zusammengekniffen, und sein blutverschmiertes Gesicht war weiß wie Pergament. »Genau wie ich es befürchtet habe – oh, was seid ihr nur für Narren. Ihr alle. Narren – «
    »Zur Zusammenkunft«, wiederholte die Tiste Andii. Sie beachtete den Hochkönig ebenfalls nicht. »Warum? Aus welchem Grund, Silberfuchs?«
    »Das muss ich entscheiden, denn ich existiere, um sie zu befehligen. Sie alle zu befehligen. Meine Geburt war das Zeichen, das diese Zusammenkunft angekündigt hat – eine Forderung, die jeder T’lan Imass auf dieser Welt gehört hat. Und jetzt kommen die, die dazu in der Lage sind. Sie kommen. «
     
    In Elsters Kopf überschlug sich alles. Es war schon alarmierend genug, dass es Risse in Bruths Truppenkontingent gab, doch die Enthüllungen dieses Kindes … seine Gedanken wirbelten, rasten … und führten ihn an einen anderen Ort. Das Kommandozelt und seine Wände verschwanden, und plötzlich befand er sich in einer Welt verdrehter Schatten, dunklen Verrats und ihrer schrecklichen, unerwarteten Konsequenzen – eine Welt, die er leidenschaftlich hasste.
    Erinnerungen stiegen geisterhaft vor seinem inneren Auge auf. Das magische Feuer vor Fahl, das Gemetzel an den Brückenverbrennern, der Angriff auf Mondbrut. Quälende Verdächtigungen, ein Mahlstrom verzweifelter Pläne …
    A´Karonys, Bellurdan, Nachtfrost, Flickenseel … Die Liste der Namen aller Magier und Magierinnen, deren Tod Hohemagier Tayschrenn zur Last gelegt werden konnte, war mit dem Blut sinnloser Paranoia geschrieben. Elster war nicht traurig gewesen, als der Hohemagier

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