SdG 04 - Die eisige Zeit
unter den Tisch. »Es ist dunkel hier unten«, sagte er.
Igel wandte sich an Spindel. »Mach das noch mal mit dem Licht, du Idiot.«
Der Magier grinste den Sappeur höhnisch an und gestikulierte dann mit der Hand. Unter dem Tisch erschien wieder der Lichtschimmer.
Trotter war einige Augenblicke lang still, dann kroch er wieder unter dem Tisch hervor und stand auf.
»Nun?«, fragte Tippa.
Der Barghast schüttelte den Kopf. »Das waren Rhivi.«
»Rhivi spielen aber nicht mit Karten«, sagte Spindel.
Trotter fletschte die Zähne. »Barghast auch nicht.«
»Ich brauche etwas Holz«, sagte Spindel und kratzte sich die Bartstoppeln an seinem schmalen Kinn. »Und einen Stift«, fügte er hinzu, ohne die anderen zu beachten. »Und Farben und einen Pinsel …«
Sie schauten ihm nach, wie er aus dem Zelt marschierte. Tippa seufzte, warf Igel einen letzten düsteren Blick zu. »Das war wohl kaum ein verheißungsvoller Dienstantritt im Siebten Trupp, Sappeur. Fahrigs Herz war verdammt kurz davor stehen zu bleiben, als er sein ganzes Geld verloren hat. Dein Sergeant ist wahrscheinlich im Moment gerade dabei, Ringeltauben mit schwarzer Leber auszunehmen und dabei deinen Namen zu flüstern – wer weiß, vielleicht hast du Glück, und es hört ihn kein Dämon.«
Igel machte ein finsteres Gesicht. »Haha.«
»Ich glaube nicht, dass sie Scherze macht«, sagte Detoran.
»Toll«, schnappte Igel. »Ich habe einen Kracher, wenn’s so weit ist, und ich will verdammt sein, wenn ich nicht dafür sorge, dass ich euch alle mitnehme.«
»Das ist wahrer Mannschaftsgeist«, bemerkte Trotter mit breitem Grinsen.
Tippa grunzte. »In Ordnung, Soldaten, machen wir, dass wir hier wegkommen.«
Paran und Silberfuchs standen ein Stück von den anderen entfernt und schauten zu, wie der Himmel im Osten allmählich heller wurde und erste kupfer- und bronzefarbene Streifen auftauchten. Über ihnen verblassten die letzten Sterne, ergab sich die kalte, gleichgültige Schar der Wärme eines in Sonnenschein getauchten, wolkenlosen Tages.
Im Gefolge der Unannehmlichkeiten der gerade erst verstrichenen Stunden, die sich in Parans Erinnerungen zu einer endlosen Abfolge von Schmerz und Unbehagen ausdehnten, hatte sich schließlich eine emotionale Erschöpfung seiner bemächtigt, begleitet von einer fiebrigen Ruhe. Er war still geworden, hatte Angst davor, diesen inneren Frieden zu zerbrechen, denn er wusste, dass dieser Frieden nur eine Illusion war, ein nachdenkliches Luftholen inmitten eines Sturms.
»Flickenseel muss zum Vorschein gebracht werden.« Das hatte er tatsächlich getan. Als sie einander zum ersten Mal in die Augen geblickt hatten, hatte das jede Erinnerung, die sie geteilt hatten, wieder zum Leben erweckt, und diese neu erwachten Erinnerungen waren für Paran eine Art explosiver Fluch. Ein Kind. Ich stehe einem Kind gegenüber und schrecke deshalb vor jedem Gedanken an Intimität zurück – selbst wenn es diese Intimität einst mit einer erwachsenen Frau gegeben hat. Doch die Frau ist nicht mehr. Das hier ist ein Kind. Doch es gab noch mehr Gründe für die Qual, die in ihm brodelte. Da war diese andere Präsenz, die sich wie Drähte aus schwarzem Eisen durch alles schlängelte, was Flickenseel war. Nachtfrost, die Zauberin, die Geliebte Bellurdans – wo auch immer sie hingegangen war, war ihr der Thelomen gefolgt. Es war alles andere als eine gleichwertige Beziehung gewesen, und nun, mit Nachtfrost, war eine verbitterte, fordernde Präsenz aufgetaucht. Sie ist in der Tat verbittert. Wegen Tayschrenn … wegen der Imperatrix und dem malazanischen Imperium … und der Vermummte mag wissen wegen was oder wem noch. Sie weiß, dass sie bei dem magischen Kampf vor Fahl verraten wurde. Dass sie beide verraten wurden – erst sie, und dann, draußen auf der Ebene, Bellurdan, ihr Lebensgefährte.
Silberfuchs meldete sich zu Wort. »Ihr braucht die T’lan Imass nicht zu fürchten.«
Er blinzelte, schüttelte die Gedanken ab, die ihn bedrängten. »Das hast du schon gesagt. Weil du ihnen Befehle erteilst. Wir fragen uns allerdings alle, was genau du mit dieser untoten Armee vorhast? Welche Bedeutung hat diese Zusammenkunft ? «
Sie seufzte. »Es ist eigentlich ganz einfach. Sie sammeln sich, um den Segensspruch zu erlangen. Meinen Segensspruch.«
Er schaute sie an. »Warum?«
»Ich bin eine Knochenwerferin aus Fleisch und Blut – die erste in Hunderttausenden von Jahren.« Ihr Gesicht wurde härter. »Aber zunächst einmal werden
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