SdG 05 - Der Tag des Sehers
voraus.
»Also, das«, murmelte der Schnelle Ben, »ist die überraschendste Enthüllung des heutigen Tages.«
»Bis jetzt«, erwiderte Paran. »Irgendetwas sagt mir, dass das noch nicht alles war.«
»Meine Freunde!«, ertönte eine keuchende Stimme hinter ihnen. »Wartet bitte einen Augenblick, während Kruppes hervorragende, doch traurigerweise kurze Beine ihn hastig in Eure Gesellschaft tragen.«
Da die drei Männer bereits bei Kruppes ersten Worten stehen geblieben waren, erlaubte die weitschweifige Bemerkung ihm, die Distanz zu überbrücken und atemlos bei ihnen anzukommen. Gemeinsam setzten sie ihren Weg fort.
»Welch glücklicher Wind!«, sagte Kruppe keuchend. »Er hat Kruppe all Eure Worte zugetragen – «
»Wie praktisch«, murmelte der Schnelle Ben mit einem schiefen Grinsen. »Und zweifellos habt Ihr auch eine oder zehn Bemerkungen über Silberfuchs zu machen.«
»In der Tat! Schließlich war Kruppe Zeuge der besagten schrecklichen Zusammenkunft. Doch jegliche Unruhe, die auf besagte Ereignisse gefolgt war, ist wieder verebbt, denn mittlerweile sind Wahrheiten aus der Dunkelheit herausmarschiert und haben sich vor Kruppes gut beschuhte Füße geworfen.«
»Das beschwört ein Bild von Euch herauf, wie Ihr stolpert und auf die Nase fallt, Daru«, bemerkte der Magier.
»Es ist sorglos konstruiert, wie Kruppe zugibt, aber keiner von Euch hat Kruppe jemals tanzen gesehen! Und tanzen kann er, mit atemberaubender Kunstfertigkeit und Eleganz – ach was! Er gleitet dahin wie ein Ei in einer eingefetteten Bratpfanne. Stolpern? Stürzen? Kruppe? Niemals!«
»Ihr habt etwas von Wahrheiten gesagt«, erinnerte ihn Paran.
»Oh ja! Wahrheiten, die sich wie Welpen schwanzwedelnd um Kruppe herumdrängen, woraufhin er ihnen allen begütigend den Kopf tätschelt, wie es jeder freundliche Herr täte. Das Ergebnis? Kruppe versichert Euch, dass im Innern von Silberfuchs alles in Ordnung ist. Sorgt Euch nicht. Grämt Euch nicht. Glaubt … ni – … äh …«
»War das ein Stolpern?«
»Unsinn. Auch linguistisches Durcheinander hat seinen Wert.«
»Tatsächlich? Wie das?«
»Äh, die Sache ist leider zu fein ziseliert für schlichte Worte. Wir dürfen uns nicht zu weit von den Dingen entfernen, die wir bei der Hand oder vor den Füßen haben, wie es bei den Wahrheiten der Fall war–«
»Die sich um Euch herumdrängen wie Welpen.«
»In der Tat, Hauptmann. Wie Wolfswelpen, um ein bisschen genauer zu sein.«
Die beiden Malazaner blieben plötzlich stehen – und einen Augenblick später tat Itkovian es ihnen nach –, als in Kruppes hypnotisierendem, gleichsam träumerischem Wortschwall plötzlich inhaltliche Substanz auftauchte, als wirbele er um einen Felsen herum. Ein Felsen … eine von Kruppes Wahrheiten? Diese Malazaner sind so etwas gewohnt – oder sie sind einfach klüger als ich.
»Heraus damit«, grollte Paran.
»Heraus genau womit, werter Hauptmann? Kruppe schwelgt schließlich in listiger Doppeldeutigkeit und hamstert seine Geheimnisse, wie es jeder achtbare Hamsterer von Geheimnissen … tun muss. Betrifft die Angelegenheit diesen ehrenwerten, der Ehre verpflichteten Ex-Söldner, der mit uns geht? Indirekt, ja. Oder genauer, die Kompanie, die er vor ganz kurzer Zeit verlassen hat. Indirekt, wiederholt Kruppe noch einmal. Zwei uralte Götter, einst einfache Geister, die ersten, die sich zu Sterblichen gesellten – jenen T’lan Imass aus Fleisch und Blut vor so langer Zeit –, die ältesten aller Begleiter. Und ihre Verwandten, die ihnen gefolgt sind und die immer noch mit den T’lan Imass ziehen.
Zwei Wolfsgötter, ja? Gibt es hier irgendjemanden, der sich nicht an die Gutenachtgeschichte über ihre Trennung erinnert, an die ewige Suche nach einander? Natürlich könnt Ihr Euch alle daran erinnern. So eine traurige Geschichte, von der Art, dass leicht zu beeindruckende Kinder sie nie wieder vergessen werden. Aber was hat sie auseinander getrieben? Wie genau geht die Geschichte? Und dann, eines Tages, wurde das Land von Entsetzen heimgesucht. Entsetzen aus dem Dunklen Himmel. Das herabsteigt, um die Welt zu zerschmettern. Und so wurden die Liebenden auseinander gerissen, um sich niemals wieder zu umarmen. Und so geht es weiter, blablabla, und so weiter und so weiter.
Meine Herren, das Entsetzen war zweifellos der verhängnisvolle Abstieg des Gestürzten. Und was für eine Heilung auch immer von den überlebenden Kräften verlangt wurde, erwies sich als schwierige, drückende Aufgabe. Die
Weitere Kostenlose Bücher