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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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Tenescowri kommen. Wir werden eine gut zu verteidigende Position für eine aufgegeben haben, die nicht zu halten ist. Binnen eines einzigen Glockenschlags wäre alles vorbei.«
    Fürst Jelarkan starrte den Schild-Amboss mit unverhohlener Verachtung, ja, mehr noch, voller Hass an. »Setzt Brukhalian über Folgendes in Kenntnis«, krächzte er. »In Zukunft ist es nicht Aufgabe der Grauen Schwerter, dem Fürsten das Denken abzunehmen. Es ist auch nicht ihre Aufgabe, zu entscheiden, was er wissen muss und was nicht. Der Fürst muss über alles informiert werden, unabhängig davon, für wie wichtig Ihr die jeweiligen Dinge erachtet. Habt Ihr das verstanden, Schild-Amboss?«
    »Ich werde Eure Worte präzise übermitteln, Fürst Jelarkan.«
    »Ich darf wohl davon ausgehen«, fuhr der Fürst fort, »dass der Maskenrat eher noch weniger weiß, als ich es vor knapp einem Glockenschlag getan habe.«
    »Diese Vermutung trifft zu, Herr. Die Interessen der Priester und – «
    »Verschont mich mit Euren auswendig gelernten Meinungen, Itkovian. Guten Tag.«
    Itkovian blickte dem Fürsten nach, als er auf den Ausgang des Innenhofs zuging, der Gang etwas zu steif, um königlich zu sein. Und dennoch ist er auf seine Weise edel. Ihr habt mein Mitgefühl, werter Fürst, obwohl ich nicht wagen würde, es laut zu äußern. Ich bin der Wille des Todbringenden Schwerts. Meine eigenen Wünsche sind bedeutungslos. Er schob die Woge bitteren Zorns beiseite, die bei diesen Gedanken in ihm aufstieg, und wandte sich wieder den beiden Barghast zu, die noch immer auf dem Teppich hockten.
    Die Trance war gebrochen. Hetan und Cafal beugten sich jetzt über die Kohlenpfanne, von der weißer Rauch in spiraligen Wolken zum sonnigen Himmel aufstieg.
    Itkovian war so überrascht, dass er noch einen Augenblick reglos stehen blieb, ehe er losstiefelte.
    Als er näher kam, sah er, dass etwas auf die Kohlen in der Kohlenpfanne gelegt worden war. Rot gesprenkelt an den Rändern, flach und milchweiß im Innern. Ein frisches Schulterblatt, zu leicht, um von einem Bhederin zu stammen, doch dünner und länger als das eines Menschen. Vielleicht das Schulterblatt eines Hirschs oder einer Antilope. Die Barghast hatten mit einer Weissagung begonnen, wobei sie den Knochen benutzten, dem ihre Schamanen den Namen verdankten, unter dem sie bei ihren Stämmen bekannt waren.
    Dann sind sie also tatsächlich mehr als nur Krieger. Ich hätte es mir denken können. Cafals Gesang im Knecht. Er ist ein Schultermann; und Hetan ist sein weibliches Gegenstück.
    Er blieb am Rande des Teppichs stehen, etwas links von Cafal. In dem Schulterblatt zeigten sich die ersten Risse. Fett brodelte entlang der dicken Kante des Knochens, zischte und flammte auf wie ein Feuerring.
    Die einfachste Weissagung war die Interpretation der Risse als Landkarte, ein Hilfsmittel, um leichter wilde Herden für die Jäger des Stammes zu finden. In diesem Fall hingegen, das wusste Itkovian genau, war die Zauberei weit komplizierter, waren die Risse mehr als nur eine Landkarte der irdischen Welt. Der Schild-Amboss blieb stumm, er versuchte, etwas von dem gemurmelten Gespräch zwischen Hetan und ihrem Bruder mitzubekommen.
    Sie sprachen Barghast, eine Sprache, mit der Itkovian nur oberflächlich vertraut war. Und was noch merkwürdiger war: Das Gespräch schien unter drei Beteiligten abzulaufen, denn die Geschwister neigten die Köpfe oder nickten zu Antworten, die nur sie hören konnten.
    Das Schulterblatt war mittlerweile ein Labyrinth aus Rissen und hatte sich stellenweise blau, beige und kalkweiß verfärbt. Nicht mehr lange, und es würde in sich zusammenfallen, wenn der Geist der Kreatur der überwältigenden Macht nachgeben würde, die durch seine schwindende Lebenskraft strömte.
    Das unheimliche Gespräch verstummte. Während Cafal wieder in Trance fiel, lehnte Hetan sich zurück; sie blickte auf, und ihr Blick begegnete dem Itkovians. »Oh, Wolf, dein Anblick stimmt mich froh. Es hat Veränderungen auf der Welt gegeben. Überraschende Veränderungen.«
    »Und, bereiten dir diese Veränderungen Freude, Hetan?«
    Sie lächelte. »Würde es dir gefallen, wenn es so wäre?«
    Überschreite ich diesen Abgrund? »Diese Möglichkeit existiert.«
    Die Frau lachte und stand langsam auf. Sie ächzte leise, als sie ihre Arme und Beine streckte. »Die Geister sollen mich holen, was tun mir die Knochen weh. Meine Muskeln schreien nach sanften Händen.«
    »Es gibt Lockerungsübungen – «
    »Als ob ich das

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