SdG 05 - Der Tag des Sehers
zurück. Und was das Zurückerobern der Stadt angeht, habe ich vor, es zu versuchen.«
Nach einer langen Pause grinste der Hauptmann. »Freut mich, das zu hören.«
Der Marsch der Weißgesicht-Barghast nach Süden über die Hochebenen war langsam und quälend gewesen. Ganz am Anfang hatten immer neue Duelle die Clans ein halbes Dutzend Mal am Tag zum Halten gebracht. Mittlerweile kam das etwas seltener vor, und Humbrall Taurs Entscheidung, in der bevorstehenden Schlacht ganze Clans mit spezifischen Aufgaben zu betrauen, würde die entsprechenden Gelegenheiten in den kommenden Tagen deutlich verringern. Denn obwohl alle Kriegshäuptlinge sich der gleichen Sache verschrieben hatten – der Befreiung ihrer Götter –, dauerten die seit langer Zeit bestehenden Feindschaften fort.
Trotters neue Rolle als Kriegshäuptling der Brückenverbrenner hatte sich als eine gewisse Erleichterung für Paran erwiesen. Er hatte die Verantwortung gehasst, die er als Befehlshaber innegehabt hatte. Der Druck, für das Wohlergehen jedes einzelnen Soldaten unter seinem Kommando sorgen zu müssen, war eine immer schwerere Last geworden. Als Stellvertreter des Anführers hatte sich dieser Druck verringert, wenn auch nur wenig – aber fürs Erste reichte es. Weniger angenehm war die Tatsache, dass Paran seine Rolle als Repräsentant der Brückenverbrenner verloren hatte. Trotter hatte die Aufgabe übernommen, an den Besprechungen des Kriegsrats teilzunehmen, so dass der Hauptmann jetzt dort keine Rolle mehr spielte.
Streng genommen war Paran noch immer der Befehlshaber der Brückenverbrenner. Doch die Kompanie war – soweit es Humbrall Taur und die Barghast betraf – zu einem Stamm geworden, und Stämme wählten Kriegshäuptlinge, und diese Rolle fiel Trotter zu.
Die baumbestandenen Hügel im Rücken, marschierte die Kompanie der Brückenverbrenner zu den schlammigen Ufern eines nur zu bestimmten Jahreszeiten wasserführenden Stroms hinab, der sich auf die Stadt zuschlängelte. Rauch von den Bränden in Capustan verbarg die Sterne am Himmel über ihnen, und der Regen der vergangenen Tage hatte die Erde unter ihren Füßen weich wie einen Schwamm werden lassen. Rüstungen und Waffen waren festgezurrt; die Brückenverbrenner trotteten lautlos durch die Dunkelheit.
Paran war drei Schritte hinter Trotter, der immer noch tat, was er schon in Elsters Trupp getan hatte – die Spitze übernehmen. Das war nicht die ideale Position für einen Kommandanten, dafür aber eine, die zur Rolle des Barghast als Kriegshäuptling passte. Der Hauptmann war darüber nicht besonders glücklich. Was noch schlimmer war – es zeigte nur allzu deutlich, wie starrköpfig Trotter war. Ein solcher Mangel an Anpassungsfähigkeit bei einem Anführer war immer ein Anlass zur Sorge.
Eine unsichtbare Präsenz schien sich auf Parans Schulter niederzulassen, die Berührung eines weit entfernten, vertrauten Geistes. Der Hauptmann verzog das Gesicht. Seine Verbindung zu Silberfuchs wurde stärker. Dies war schon das dritte Mal in dieser Woche, dass sie ihre Fühler nach ihm ausstreckte. Es war nur ein schwacher Hauch, als ob sich zwei Fingerspitzen sanft berührten. Er fragte sich, ob die Verbindung es ihr wohl möglich machte zu sehen, was er sah, ob sie wohl seine Gedanken las. In Anbetracht all dessen, was er in seinem Innern verbarg, begann Paran instinktiv vor diesem Kontakt zurückzuschrecken. Seine Geheimnisse gehörten ihm. Sie hatte kein Recht, sie ihm zu rauben, falls es das war, was sie tat. Selbst taktische Notwendigkeiten rechtfertigten so etwas seiner Meinung nach nicht. Sein Stirnrunzeln vertiefte sich, als ihre Präsenz verweilte. Falls sie es tatsächlich ist. Was, wenn -
Vor ihm blieb Trotter stehen, kauerte sich hin, hob die Hand. Er winkte zweimal.
Paran und der Soldat direkt hinter ihm schoben sich an die Seite des Barghast-Kriegers.
Sie hatten die nördlichen Vorposten der Pannionier erreicht. Das Lager war ein einziges Durcheinander, ohne jede Organisation, nachlässig aufgebaut und deutlich unterbemannt. Unrat bedeckte die zertrampelten Wege zwischen Gräben, Gruben und den hier und dort aufgebauten Behelfszelten. Die Luft war schwer vom Gestank der ungünstig platzierten Latrinen.
Die drei Männer betrachteten die Szenerie noch einen Augenblick länger und zogen sich dann zurück, um sich wieder zu den anderen zu gesellen. Die Sergeanten der Trupps glitten vorwärts. Köpfe wurden zusammengesteckt und Kriegsrat gehalten.
Spindel –
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