SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
mit ihren Blicken, zeigten ansonsten jedoch keinerlei Regung.
Am vierten Tag im fünften dieser Dörfer fanden sie den Wagen eines Kaufmanns, der auf dem ansonsten praktisch leeren Marktplatz aufgebaut war, und Torvald schaffte es, für eine Hand voll Silber ein altes Schwert zu erstehen, kopflastig und stark gekrümmt. Der Kaufmann hatte auch Stoffballen zu verkaufen, um daraus Kleider zu machen, aber keine fertigen Kleidungsstücke. Der Schwertgriff fiel kurze Zeit später ab.
»Ich muss einen Holzschnitzer finden«, sagte Torvald nach einer langen Reihe höchst einfallsreicher Flüche. Sie schritten einmal mehr die Straße entlang, während die Sonne schrecklich heiß vom wolkenlosen Himmel herunterbrannte. Der Wald auf beiden Seiten war viel lichter geworden – niedrig, zottelig und staubig –, und gab den Blick auf das türkisfarbene Wasser der Otataral-See zu ihrer Rechten und die Brauntöne des wogenden Horizonts landeinwärts frei. »Und ich könnte schwören, dass dieser Kaufmann malazanisch verstanden hat – selbst wenn man es so schlecht spricht wie ich. Er wollte es nur einfach nicht zugeben.«
Karsa zuckte die Schultern. »Der malazanische Soldat in Genabaris hat gesagt, dass die Sieben Städte gegen ihre Besatzer rebellieren wollen. Aus diesem Grund machen die Teblor keine Eroberungen. Es ist besser, wenn der Feind sein Land behält, so dass wir immer wieder Raubzüge dahin unternehmen können.«
»Das Imperium geht anders vor«, erwiderte der Daru und schüttelte den Kopf. »Besitz und Kontrolle, diese zwei Dinge sind für manche Menschen wie ein unstillbarer Hunger. Oh, die Malazaner haben sich zweifellos unzählige Rechtfertigungen für ihre Eroberungskriege ausgedacht. Es ist wohl bekannt, dass das Reich der Sieben Städte ein Rattengewirr aus Fehden und Bürgerkriegen war, so dass der größte Teil der Bevölkerung unter den Stiefeln fetter Kriegsherren und korrupter Priesterkönige ein elendes Leben führte und Hunger litt. Und dass die Schläger nach der malazanischen Eroberung aufgespießt auf den Mauern der Städte oder auf der Flucht endeten. Und dass die wilderen Stämme nun nicht mehr von den Hügeln herabschwärmen und Massaker unter ihren zivilisierteren Verwandten anrichten. Die Tyrannei der Priesterschaften wurde zerschmettert, und damit hatte es auch ein Ende mit Menschenopfern und Erpressung. Und natürlich sind die Kaufleute noch nie zuvor so reich gewesen wie heute, und noch nie waren diese Straßen so sicher. Alles in allem gesehen, ist dieses Land also in der Tat reif für eine Rebellion.«
Karsa starrte Torvald mehrere Herzschläge lang an. »Ja, ich kann verstehen, wie du zu diesem Schluss kommst«, sagte er schließlich.
Der Daru grinste. »Du lernst, mein Freund.«
»Die Lektionen der Zivilisation.«
»Stimmt. Es hat wenig Sinn, nach Gründen zu suchen, warum Menschen tun, was sie tun, oder empfinden, was sie empfinden. Hass ist ein sehr bösartiges Unkraut, das in jeder Art von Boden Wurzeln schlägt. Er nährt sich selbst.«
»Mit Worten.«
»In der Tat, mit Worten. Bilde dir eine Meinung, sage sie oft genug, und schon bald wird sie jeder auch zu dir sagen, und dann wird sie eine Überzeugung, von blinder Wut genährt und mit den Waffen der Furcht verteidigt. Und an diesem Punkt werden dann Worte sinnlos, und du hast plötzlich einen Kampf um Leben und Tod am Hals.«
Karsa grunzte. »Einen Kampf, der noch über den Tod hinausgeht, würde ich sagen.«
»Wie wahr. Generation um Generation.«
»Sind alle Menschen aus Darujhistan so wie du, Torvald Nom?«
»Mehr oder weniger. Allesamt streitsüchtige Bastarde. Wir blühen auf, wenn wir uns streiten können, was bedeutet, dass wir niemals über die Stufe hinausgehen, in der man Worte benutzt. Wir lieben Worte, Karsa, genauso, wie du es liebst, Köpfe abzuschlagen und Ohren und Zungen zu sammeln. Geh auf irgendeine Straße in irgendeinem Stadtviertel, und jeder, mit dem du sprichst, wird eine andere Meinung haben, ganz egal, worum es geht. Selbst, wenn es um so etwas geht wie die Möglichkeit, von den Malazanern erobert zu werden. Eben gerade ist mir da etwas durch den Kopf gegangen … der Hai, der an Borrugs Leichnam beinahe erstickt wäre. Ich habe den Verdacht, dass Darujhistan – sollte es jemals Teil des malazanischen Imperiums werden – wie Borrug sein wird, und das Imperium wie der Hai. Wir werden das Biest ersticken, das uns verschlingt.«
»Der Hai hatte aber nicht lange mit dem Ersticken zu
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