SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
allmählich in der Bevölkerung. Tatsächlich hatte das, was den Seti zugestoßen war, den Ausschlag für Coltaines Rebellion und die wickanischen Kriege gegeben – denn Coltaine hatte nur zu deutlich erkannt, dass sein eigenes Volk ein ganz ähnliches Schicksal erwartete.
Es war keine Frage von falsch oder richtig, zu dieser Überzeugung war Saiten mittlerweile gekommen. Einige Kulturen waren mehr auf sich bezogen. Andere waren aggressiv. Die Ersteren waren kaum dazu in der Lage, sich gegen Letztere zu verteidigen, zumindest nicht, ohne sich in etwas anderes zu verwandeln – in etwas, das durch die damit einhergehende Verzweiflung und das Erleiden von Gewalt irgendwie verkrüppelt war. Die ursprünglichen Seti hatten noch nicht einmal Pferde gehabt. Doch jetzt waren sie als Reiterkrieger bekannt, eine Art größere, dunkelhäutigere und verdrießlichere Wickaner.
Saiten wusste nicht viel von Koryks persönlicher Geschichte, doch er glaubte, sie erahnen zu können. Ein Halbblut führte normalerweise kein sonderlich angenehmes Leben. Dass Koryk sich dazu entschlossen hatte, den alten Traditionen der Seti nachzueifern, während er gleichzeitig als Seesoldat und nicht als Reiterkrieger in die malazanische Armee eingetreten war, sprach Bände über den Konflikt in der verletzten Seele dieses Mannes.
Nachdem Saiten seinen Packsack abgesetzt hatte, stellte er sich vor die vier Rekruten. »So sehr ich es auch hasse, es zuzugeben – ich bin jetzt euer Sergeant. Offiziell seid ihr der Vierte Trupp, einer von drei Trupps unter dem Befehl von Leutnant Ranal. Der Fünfte und Sechste Trupp müssten eigentlich von der Zeltstadt westlich von Aren auf dem Weg hierher sein. Wir sind alle in der Neunten Kompanie, die aus drei Trupps schwerer Infanterie, drei Trupps Seesoldaten und achtzehn Trupps mittelschwerer Infanterie besteht. Unser Befehlshaber ist ein Mann namens Hauptmann Keneb – und nein, ich bin ihm noch nicht begegnet und weiß überhaupt nichts über ihn. Insgesamt neun Kompanien bilden die Achte Legion – das sind wir. Die Achte steht unter dem Kommando von Faust Gamet – wie ich mitbekommen habe, ist er ein Veteran, der aus dem Dienst ausgeschieden ist und sich dem Haushalt der Mandata angeschlossen hat, bevor sie zur Mandata wurde.« Er machte eine Pause und verzog angesichts der leicht glasigen Blicke, die ihm zugeworfen wurden, das Gesicht zu einer Grimasse. »Aber um all das braucht ihr euch gar nicht zu kümmern. Ihr seid im Vierten Trupp. Wir kriegen noch einen Mann mehr, doch selbst mit dem Neuzugang sind wir als Trupp unterbesetzt, aber das geht allen anderen genauso, und bevor ihr fragt, nein, ich bin nicht in die Gründe dafür eingeweiht. So, noch irgendwelche Fragen?«
Die drei Männer und die junge Frau saßen schweigend da und starrten zu ihm hoch.
Saiten seufzte und deutete auf den schwer zu beschreibenden Soldaten, der zu Koryks Linker saß. »Wie heißt du?«, fragte er.
Ein verdutzter Blick, dann: »Willst du meinen wahren Namen hören, Sergeant, oder den, den mir der Ausbildungssergeant in Malaz gegeben hat?«
Am Akzent des Mannes und seinen blassen, gleichmütigen Gesichtszügen konnte Saiten erkennen, dass er aus Li Heng stammte. In diesem Fall würde sein richtiger Name wahrscheinlich ein ordentlicher Brocken sein: neun, zehn oder sogar fünfzehn aneinander gehängte Namen. »Deinen neuen Namen, Soldat.«
»Starr.«
Koryk meldete sich zu Wort. »Hättest ihn mal auf dem Übungsplatz sehen sollen, dann wüsstest du, warum. Wenn der sich erst mal hinter seinem Schild aufgestellt hat, könnte man mit `nem Rammbock gegen ihn anrennen, und er würde sich nicht von der Stelle rühren.«
Saiten musterte Starrs farblose, sanfte Augen. »In Ordnung. Du bist jetzt Korporal Starr – «
Die Frau, die auf einem Strohhalm rumgekaut hatte, verschluckte sich plötzlich. Hustend spuckte sie ein paar Stückchen Stroh aus und starrte Saiten mit finsterer Miene ungläubig an. »Was? Er? Ausgerechnet er? Er sagt nie was, tut nie was, wenn man’s ihm nicht sagt, er geht nicht – «
»Freut mich, das alles zu hören«, unterbrach Saiten sie lakonisch. »Klingt wie der perfekte Korporal, vor allem das mit dem nichts Sagen.«
Die Miene der Frau verdunkelte sich kurz, dann schnaubte sie jedoch höhnisch und sah beiseite, als wäre ihr das alles im Grunde vollkommen gleichgültig.
»Und wie heißt du, Soldatin?«, wollte Saiten wissen.
»Mein richtiger Name – «
»Es ist mir egal, wie man dich
Weitere Kostenlose Bücher