SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Bewusstsein für einige Zeit davon, und als es zurückkehrte, fand er sich in einer Dachstube mit einem Fenster am hinteren Ende wieder, durch das helles Sonnenlicht strömte. Er hockte auf Händen und Knien, blutüberströmt, und an einer Seite lag der Körper eines fetten Kindes in zerfetzten Gewändern, dessen Augen blicklos zur Decke starrten.
Wellen von Schüttelfrost durchwogten ihn, sein Atem ging stoßweise, hallte in keuchenden Zügen dumpf in der engen, staubigen Dachstube wider. Er hörte Schreie von irgendwo draußen und kroch zu dem runden Fenster mit der dicken Glasscheibe am anderen Ende des Raums.
Unter ihm war die Hauptstraße, und er stellte fest, dass er sich in der Nähe des Westtors befand. Gestalten, die durch die Glasscheibe nur verzerrt zu erkennen waren, versammelten sich auf unruhigen Pferden – malazanische Soldaten. Noch während er zuschaute, setzten sie sich zu seinem Erstaunen plötzlich in Richtung Stadttor in Bewegung. Das Hufgetrappel wurde schnell leiser, als die Gruppe westwärts davonritt.
Der Krieger setzte sich langsam hin. Aus den Räumen unter ihm war nichts zu hören, und er wusste, dass in diesem Haus niemand mehr am Leben war. Er wusste auch, dass er durch mindestens ein Dutzend solcher Häuser gekommen sein musste, manchmal durch die Vordertür, häufiger jedoch durch versteckte Seiten- und Hintereingänge. Und dass all diese Häuser jetzt so still waren wie das, in dem er sich gerade befand.
Meine Flucht ist entdeckt worden. Aber was ist mit den Kopfjägern? Was ist mit den Städtern, die noch immer nicht auf der Straße sind, obwohl der Tag schon halb vorbei ist? Wie viele habe ich tatsächlich getötet?
Leise Schritte von unten – fünf, sechs Personen, die sich im Raum unter ihm verteilten. Karsa, dessen Sinne durch das Blutöl noch immer weit über das normale Maß hinaus geschärft waren, schnüffelte in der Luft, doch ihr Geruch war noch nicht zu ihm gedrungen. Aber er wusste es auch so – das waren Jäger, keine Soldaten. Er nahm einen tiefen Atemzug und hielt einen Augenblick die Luft an, dann nickte er vor sich hm. Ja, die Krieger des Sklavenmeisters. Sie halten sich für schlauer als die Malazaner und wollen mich immer noch für ihren Herrn fangen.
Karsa rührte sich nicht – sie würden jede Gewichtsverlagerung hören, das wusste er nur zu gut. Er wandte langsam den Kopf, warf einen Blick zur Bodenluke der Dachstube. Sie war geschlossen, obwohl er sich nicht daran erinnern konnte, sie zugemacht zu haben; vielleicht war sie auch durch ihr eigenes Gewicht wieder zugefallen. Aber wann sollte das gewesen sein? Sein Blick huschte zum Leichnam des Kindes. Das Blut, das aus den klaffenden Wunden strömte, war dick und floss langsam. Was bedeutete, dass bereits einige Zeit vergangen war.
Er hörte jemanden sprechen, und es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass er die Sprache verstehen konnte. »Ein Glockenschlag, Borrug, vielleicht auch mehr.«
»Und wo ist Kaufmann Balantis?«, fragte ein anderer. »Hier sind seine Frau, die beiden Kinder … vier Diener – hatte er noch mehr?«
Es kam noch mehr Unruhe auf.
»Überprüft den Dachboden – «
»Wo die Diener geschlafen haben? Ich kann mir nicht vorstellen, dass der fette alte Balantis die Leiter hochgekommen sein soll.«
»Hier!«, rief eine andere Stimme von weiter drinnen. »Die Treppe zur Dachstube ist heruntergelassen!«
»In Ordnung, dann hat die Angst dem Kaufmann Flügel verliehen. Geh nach oben, und verschaff dir Gewissheit über die grausigen Einzelheiten, Astabb, und beeil dich. Wir müssen das nächste Haus überprüfen.«
»Beim Atem des Vermummten, Borrug, ich hab im letzten Haus fast mein Frühstück wieder ausgespuckt. Da oben ist alles ruhig, können wir’s nicht einfach dabei belassen? Wer weiß, vielleicht ist der Bastard genau in diesem Augenblick dabei, die nächste Familie in Stücke zu hauen.«
Es war kurz still, dann: »In Ordnung, lasst uns gehen. Ich glaube, dieses Mal liegt Silgar völlig falsch. Die blutige Spur, die dieser Uryd hinter sich herzieht, führt direkt zum Westtor, und ich würde meinen Jahressold darauf verwetten, dass er schon längst zum T’lan-Pass unterwegs ist.«
»Dann werden die Malazaner ihn erwischen.«
»Ja, das werden sie. Kommt.«
Karsa lauschte, wie die Jäger sich an der Vordertür sammelten und dann wieder nach draußen gingen. Der Teblor blieb noch ein ganzes Dutzend Herzschläge lang vollkommen reglos sitzen. Silgars Männer
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