SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Schritte von ihnen entfernt war, dann ging er leise in die Hocke.
Er warf sich vorwärts, der Eisenstab zischte waagerecht durch die Luft, traf erst einen unbehelmten Kopf, dann einen zweiten. Der dritte Wächter starrte ihn mit offenem Mund an. Karsa beendete seinen Hieb damit, dass er mit der linken Hand das rot verschmierte Ende des Eisenstabs packte und ihn dem Tiefländer quer in die Kehle rammte. Der Mann wurde rücklings über seinen Stuhl geworfen, krachte gegen die Tür des Lagerhauses und brach dann wie eine Lumpenpuppe zusammen.
Karsa legte den Eisenstab auf den Tisch, hockte sich neben eines seiner Opfer und machte sich daran, ihm den Schwertgurt abzunehmen.
Torvald tauchte auf. »Der Alptraum des Vermummten«, murmelte er, »genau das bist du, Uryd.«
»Nimm dir eine Waffe«, wies Karsa ihn an, während er sich zum nächsten Leichnam begab.
»Mach’ ich. Und jetzt – wohin werden wir rennen, Karsa? Sie werden erwarten, dass du nach Nordwesten fliehst, wo ihr hergekommen seid. Sie werden so schnell wie möglich zum Fuß des Passes reiten. Ich habe Freunde – «
»Ich habe nicht vor, zu rennen«, knurrte der Kriegsführer, während er sich beide Schwertgurte um eine Schulter schlang; die beiden in ihren Scheiden steckenden Langschwerter wirkten winzig klein auf seinem Rücken. Dann griff er erneut nach dem Eisenstab mit dem flachen Ende. Als er sich umdrehte, stellte er fest, dass Torvald ihn anstarrte. »Lauf zu deinen Freunden, Tiefländer. Ich werde in dieser Nacht für so viel Ablenkung sorgen, dass deine Flucht gelingt. Heute Nacht werden Bairoth Gild und Delum Thord gerächt werden.«
»Erwarte nicht von mir, dass ich deinen Tod räche, Karsa. Das ist Wahnsinn – du hast auch so schon das Unmögliche möglich gemacht. Ich würde dir raten, der Lady zu danken und abzuhauen, so lange du noch kannst. Nur für den Fall, dass du es vergessen hast: diese Stadt ist voller Soldaten.«
»Mach, dass du wegkommst, Kind.«
Torvald zögerte, dann breitete er die Arme aus. »So sei es denn. Ich danke dir für mein Leben, Karsa Orlong. Die Familie Nom wird deinen Namen in ihre Gebete einschließen.«
»Ich werde fünfzig Herzschläge lang warten.«
Ohne ein weiteres Wort begab sich Torvald zu den Schiebetüren des Lagerhauses. Der Hauptbalken war nicht vorgelegt worden; nur ein kleiner Riegel hielt die Tür locker im Rahmen. Er schnipste ihn zurück, schob die Tür zur Seite – nur so weit, dass er seinen Kopf hinausstecken und sich blitzschnell umsehen konnte. Dann schob er sie ein wenig weiter auf und glitt nach draußen.
Karsa lauschte auf seine Schritte, das Platschen nackter Füße im Schlamm, das sich eilends nach links entfernte. Er entschied sich, doch nicht fünfzig Herzschläge lang zu warten. Selbst wenn es wegen des Sturms länger dunkel bleiben würde, war die Morgendämmerung nicht mehr fern.
Der Teblor schob die Tür weiter auf und trat ins Freie. Er befand sich auf einer schmaleren Straße, hinter dem Vorhang aus schräg fallendem Regen waren die hölzernen Gebäude auf der anderen Seite nur undeutlich auszumachen. Zwanzig Schritt entfernt zur Rechten fiel Licht aus einem einzelnen trüben Fenster im Obergeschoss eines Hauses, das fast an der Ecke zur nächsten Seitenstraße stand.
Er wünschte sich sein Blutschwert, hatte aber keine Ahnung, wo es sein mochte. Andererseits würde irgendeine Teblor-Waffe genügen. Und er wusste, wo er eine solche wahrscheinlich finden würde.
Karsa schob die Tür hinter sich zu. Er wandte sich nach rechts und bewegte sich am Rand der Straße auf das Seeufer zu.
Regen peitschte ihm ins Gesicht, löste das verkrustete Blut und den Schmutz. Sein zerfetztes Lederhemd klatschte ihm immer wieder gegen den Oberkörper, während er auf die Lichtung zurannte, auf der sich das Lager der Kopfjäger befand.
Es waren Überlebende zurückgeblieben. Eine Nachlässigkeit – eine, die Karsa nun in Ordnung bringen würde. Und in den Hütten dieser Kinder mit den kalten Augen würde es Trophäen geben. Trophäen, die von den Teblor stammten. Und Waffen. Und Rüstungen.
Die Hütten und Schuppen der Gefallenen waren bereits geplündert; ihre Türen standen offen, Müll lag herum. Karsas Blick fiel auf eine nahe gelegene Hütte mit roten Wänden, die eindeutig noch bewohnt war. Er stapfte darauf zu.
Ohne sich um die Tür zu kümmern, warf der Krieger sich mit der Schulter gegen eine Wand. Sie fiel nach innen, und Karsa stürmte durch die Öffnung. Aus einer Koje
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