SdG 07 - Das Haus der Ketten
herum erneut zu öffnen. »Nun, nicht mehr, heißt das – «
»Idiot. Von der Hitze verwirrter Narr. Dummkopf – aber vielleicht sollte ich nett zu ihm sein, ihm gut zureden? Wird ihn das täuschen? Wahrscheinlich. Dann also die Strategie ändern, oh ja. Du! Hast du diesen Enkar’al getötet? Beeindruckend! Wunderbar! Aber der Kadaver stinkt. Es gibt nichts Schlimmeres als einen verwesenden Enkar’al, außer der Tatsache, dass du dich selbst beschmutzt hast. Welch ein Glück für dich, dass dein urinierender Freund mich gefunden und hierher geführt hat. Oh, und er hat auch den Enkar’al markiert – was für ein ätzender Gestank! Und die Haut hat gebrutzelt. Wie auch immer, er wird dich tragen. Oh, ja, zurück zu meinem heimgesuchten Heim – «
»Wer bist du, im Namen des Vermummten?«, fragte Kalam, während er versuchte, auf die Beine zu kommen. Die Lähmung war inzwischen vergangen, aber er war von einer Kruste aus getrocknetem Blut überzogen, und die Wunden, welche die dolchartigen Krallen des Enkar’al geschlagen hatten, brannten wie Feuer. Jeder einzelne Knochen in seinem Körper fühlte sich spröde und brüchig an.
»Ich? Das weißt du nicht? Dann kannst du also die schiere Famosität nicht erkennen, die ich verströme? Famosität? Es muss ein solches Wort geben. Schließlich habe ich es benutzt! Was sonst verströmt man, wenn man famos ist? Natürlich. Ich bin der hingebungsvollste Diener des Schattens. Der Allerhöchste Erzpriester Iskaral Pustl. Gott der Bhok’arala, der Gestalt gewordene Fluch aller Spinnen und meisterhafte Irreführer aller Wechselgänger und Vielwandler dieser Welt! Und jetzt noch – dein Retter! Das heißt, vorausgesetzt, du hast etwas für mich, etwas, das du mir übergeben kannst. Eine Knochenflöte? Vielleicht eine kleine Tasche? Die dir in einer schattigen Sphäre gegeben wurde, von einem noch schattigeren Gott? Eine Tasche, du Narr, gefüllt mit dunklen Diamanten?«
»Dann bist du es also?«, ächzte Kalam. »Die Götter mögen uns beistehen. Stimmt, ich habe die Diamanten – « Er versuchte sich aufzusetzen, griff nach dem kleinen Beutel, den er unter den Gürtel gestopft hatte – und erhaschte einen kurzen Blick auf den Azalan-Dämon, der von Schatten umwogt hinter dem Priester über den Boden glitt. Dann umgab ihn erneut Vergessen.
Als er wieder erwachte, lag er auf einer erhöhten steinernen Plattform, die verdächtig an einen Altar erinnerte. Öllampen flackerten auf Simsen an den Wänden. Der Raum war klein, die Luft roch beißend.
Heilende Salben waren aufgetragen worden – und wahrscheinlich war auch ein wenig Magie zum Einsatz gekommen –, so dass er sich nun erfrischt fühlte, auch wenn seine Gelenke immer noch steif waren, als ob er sich einige Zeit lang nicht bewegt hätte. Seine Kleider waren weg, er selbst war mit einer dünnen, vor Schmutz starrenden Decke zugedeckt. Seine Kehle war trocken und brannte vor Durst.
Der Assassine setzte sich langsam auf; er betrachtete die purpurnen Striemen, die die Krallen des Enkar’al zurückgelassen hatten, und wäre beinahe aufgesprungen, als er ein trippelndes Geräusch vom Fußboden her hörte – ein Bhok’aral, der ihm einen einzigen, lächerlich schuldbewussten Blick über die knochige Schulter zuwarf, ehe er auf den Korridor hinaushuschte. Ein staubiger Krug mit Wasser und ein Tonbecher standen auf einer Schilfmatte auf dem Steinfußboden. Kalam warf die Decke beiseite und ging darauf zu.
Er bemerkte, wie Schatten in einer Ecke des Zimmers erblühten, während er sich den Becher voll schenkte, und so war er nicht überrascht, Iskaral Pustl in der Ecke stehen zu sehen, als die Schatten wieder verblassten.
Der Priester stand geduckt da und blickte nervös zur Tür, dann trat er auf Zehenspitzen an den Assassinen heran. »Jetzt geht es dir besser, oder?«
»Gibt es irgendeinen Grund zu flüstern?«, fragte Kalam.
Der Mann zuckte zusammen. »Sei leise! Meine Frau!«
»Schläft sie?«
Iskaral Pustls Gesicht erinnerte den Assassinen so sehr an das eines Bhok’aral, dass er anfing, sich über die Abstammung des Hohepriesters Gedanken zu machen – hör auf, Kalam, das ist lächerlich - »Ob sie schläft?« Der Priester hatte eine feuchte Aussprache. »Sie schläft nie !Nein, du Narr, sie ist auf der Jagd ! «
»Auf der Jagd? Und was jagt sie?«
»Nicht was. Wen. Sie macht natürlich Jagd auf mich.« Er starrte Kalam aus glitzernden Augen an. »Aber hat sie mich erwischt? Nein! Wir haben
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