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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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den Felsen herum und stießen ihre eigenartig klagenden, heulenden Schreie aus, als die Nacht hereinbrach. Sterne erschienen am Himmel über ihm. Sie wirkten merkwürdig verwaschen, was an der Staubschicht lag, die den die Wüste umgebenden silbernen Schimmer in die Farbe von schmierigem Eisen verwandelte. Kalam kam nur langsam vorwärts und vermied jede Erhebung, auf der er sich vor dem Horizont abzeichnen würde.
    Er erstarrte, als aus einiger Entfernung von Norden her ein Schrei an sein Ohr drang. Ein Enkar’al. Diese Tiere waren selten, aber nicht wirklich ungewöhnlich. Es sei denn, das verdammte Biest ist kürzlich gelandet und hat aus einem Teich mit blutigem Wasser getrunken. Die Bhok’arala hatten sich bei dem Schrei zerstreut und waren nun nirgends mehr zu sehen. Kalam spürte keinen Wind, doch er wusste, dass in Nächten wie dieser Geräusche über große Entfernungen zu hören waren. Noch schlimmer war, dass die großen geflügelten Reptilien auch aus großer Höhe jede Art von Bewegung ausmachen konnten … und der Assassine würde eine gute Mahlzeit abgeben.
    Vor sich hin fluchend wandte Kalam sich nach Süden, wo in einer Entfernung von dreieinhalbtausend, vielleicht auch viertausend Schritt die feste Mauer aus wirbelndem Sand aufragte – der Wirbelwind. Er zog die Riemen seines Packens fester und griff dann behutsam nach seinen Messern. Die Wirkung der Salbe ließ langsam nach und die in beiden Händen rhythmisch pulsierenden Schmerzen wurden allmählich stärker. Er trug seine fingerlosen Handschuhe und darüber die Panzerhandschuhe, obgleich er damit eine Infektion riskierte, aber sogar das verringerte den brennenden Schmerz nur unwesentlich, als er seine Hände um die Waffen schloss und sie in ihren Scheiden lockerte.
    Dann machte er sich an den Abstieg, bewegte sich so schnell, wie er es wagen konnte. Hundert Herzschläge später erreichte er die sonnenverbrannte Senke, die die eigentliche Raraku bildete. Der Wirbelwind war ein gedämpftes Brausen weit vor ihm und sog beständig kühle Luft an. Kalam heftete den Blick auf die noch weit entfernte, düstere Mauer und begann zu rennen.
    Fünfhundert Schritt. Die Riemen seines Packsacks scheuerten auf seinen Schultern, zerfetzten das Gewebe seiner Telaba bis auf das leichte Kettenhemd darunter. Seine Vorräte ließen ihn langsamer vorankommen, aber ohne sie – das wusste er – war er hier in der Raraku so gut wie tot. Er lauschte auf seine Atemzüge, die allmählich rauer wurden.
    Tausend Schritt. Die Blasen in seinen Handflächen waren aufgeplatzt, nässten die Innenseite seiner Panzerhandschuhe, machten die Hefte seiner Langmesser schlüpfrig, seinen Griff unsicher. Er sog die Nachtluft jetzt in tiefen Zügen ein, und in seinen Waden und Oberschenkeln machte sich ein brennendes Gefühl bemerkbar.
    Noch zweitausend Schritt, soweit er es beurteilen konnte. Das Brausen war heftig geworden, und Sandschleier peitschten von hinten um ihn herum. Er konnte die Wut der Göttin in der Luft spüren.
    Noch fünfzehnhundert Schritt -
    Eine plötzliche Stille – als ob er in eine Höhle gelaufen wäre – und dann flog er Hals über Kopf durch die Luft; der Inhalt seines Packsacks wirbelte aus den zerfetzten Überresten auf seinem Rücken davon, verteilte sich um ihn herum. In seinen Ohren dröhnte das Echo eines Geräuschs, ohne dass er den knochenstauchenden Aufprall, von dem es stammte, gehört hätte. Dann knallte er auf den Boden und rollte weiter; die Messer flogen aus seinen Händen. Sein Rücken und seine Schultern waren nass, blutüberströmt, sein Kettenhemd von den Krallen des Enkar’al zerfetzt.
    Ein spöttischer Hieb, trotz des Schadens, den er angerichtet hatte. Die Kreatur hätte ihm leicht den Kopf abreißen können.
    Und jetzt erklang eine vertraute Stimme in seinem Kopf. »Stimmt, ich hätte dich auf der Stelle töten können, aber das hier gefällt mir besser. Renn, Sterblicher, renn zu der rettenden Wand aus Sand.«
    »Ich habe dich befreit«, knurrte Kalam und spuckte Blut und Staub aus. »Sieht so deine Dankbarkeit aus?«
    »Du hast mir Schmerzen zugefügt. Das kann ich nicht hinnehmen. Ich bin keiner, der Schmerzen erduldet. Ich füge sie anderen zu.«
    »Nun«, brachte der Assassine knirschend hervor, während er sich langsam auf Hände und Knie aufrichtete, »es tröstet mich, dass ich in diesen, meinen letzten Augenblicken weiß, dass du mit der Einstellung in dieser neuen Welt nicht lange überleben wirst. Ich werde direkt hinter

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