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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Klinge nach unten, durchbohrte die dicke, krispelige Haut, und eine Blutfontäne spritzte auf, als er eine der Halsschlagadern durchtrennte.
    Kalam taumelte zurück, gerade noch rechtzeitig, um der tödlichen Fontäne zu entgehen, und rollte sich wieder weg.
    Dreimal rollte er sich herum, um am Ende wieder auf dem Rücken liegen zu bleiben. Erneut kroch die Lähmung durch seinen Körper. Er starrte nach oben zu den dahinwirbelnden Sternen … bis die Dunkelheit sie verschluckte.
     
    In der uralten Festung, deren Erbauer längst vergessen waren und die schon alt gewesen war, als sie den Namenlosen als Kloster gedient hatte, gab es nichts als Dunkelheit. Auf der untersten Ebene befand sich ein einziger Raum, dessen Fußboden über einem rasch dahinströmenden unterirdischen Fluss geborsten war.
    In den eisigen Tiefen lag – von der Magie der Älteren an das Grundgestein gekettet – ein gewaltiger, gerüsteter Krieger. Ein Thelomen Toblakai von reinem Blut, der den Fluch dämonischer Besessenheit erfahren hatte, einer Besessenheit, die sein eigenes Ichbewusstsein verschlungen hatte – der edle Krieger hatte schon vor langer, langer Zeit aufgehört zu existieren.
    Und doch wand sich der Körper jetzt in seinen magischen Ketten. Der Dämon war fort, war mit dem ausströmenden Blut geflohen. Blut, das angesichts des verfallenen Zustands der Kreatur niemals hätte existieren sollen – doch es hatte existiert, und der Fluss hatte es in die Freiheit mitgerissen. Zu einem ein Stück entfernt gelegenen Wasserloch, wo ein Enkar’al-Bulle – ein Tier in der Blüte seiner Jahre – sich hingekauert hatte, um zu trinken.
    Der Enkar’al war schon einige Zeit allein gewesen; in der näheren Umgebung gab es keine Artgenossen. Obwohl er das Verstreichen der Zeit nicht gespürt hatte, waren tatsächlich Jahrzehnte vergangen, seit er das letzte Mal einem Artgenossen begegnet war. Und wäre sein Leben normal verlaufen, hätte ihm wohl das Schicksal gedroht, sich nie wieder zu paaren. Mit seinem Tod wären die Enkar’al östlich der Jhag-Odhan endgültig ausgestorben.
    Doch jetzt tobte seine Seele in einem seltsamen, eisig kalten Körper – keine Schwingen, keine dröhnend pochenden Herzen, keine nächtliche Wüstenluft, geschwängert vom Geruch der Beute. Irgendetwas hielt ihn fest, und das Gefühl, gefangen zu sein, erwies sich als ein Weg, der rasch in den Wahnsinn führte.
    Die Festung hoch über ihm war still und dunkel. Die Luft war wieder unbewegt, abgesehen vom schwachen Seufzen der Zugluft, die aus den äußeren Räumen hereinströmte.
    Wut und Entsetzen. Gefühle, auf die es keine Antwort gab – außer dem Versprechen, dass alles eine Ewigkeit so bleiben würde.
    Und beinahe wäre es auch so gekommen.
    Wäre der Thron der Tiere weiter leer geblieben.
    Hätten die wiedererwachten Wolfsgötter nicht dringend eines … Kämpen bedurft.
    Ihre Präsenz griff in die Seele der Kreatur, beruhigte sie mit der Vision einer Welt, in der Enkar’al am trüben Himmel dahinflogen, in der Bullen sich in der fiebrigen Hitze der Brunftzeit ineinander verbissen, während die Weibchen hoch über ihnen ihre Kreise drehten. Visionen, die der gefangenen Seele Frieden brachten – auch wenn mit diesem Frieden eine tiefe Traurigkeit einherging, denn der Körper, der diese Seele jetzt umhüllte, war … falsch.
    Er sollte also einige Zeit Dienste leisten. Die Belohnung: sich am Himmel einer anderen Sphäre wieder zu seinen Artgenossen gesellen zu können.
    Auch Tieren war die Hoffnung nicht fremd, genauso wenig wie die Vorstellung einer Belohnung.
    Außerdem würde dieser Kämpe Blut zu kosten bekommen … und zwar schon bald.
    Im Augenblick galt es allerdings, einen Strang magischer Fesseln aufzudröseln …
     
    Seine Glieder waren totenstarr. Aber das Herz mühte sich weiter.
    Ein Schatten glitt über Kalams Gesicht hinweg und weckte ihn. Er öffnete die Augen.
    Das runzlige Gesicht eines alten Mannes schwebte über ihm, verschwamm hinter flirrender Hitze. Ein Dal Honese, glatzköpfig und mit abstehenden Ohren, dessen Miene sich zusehends verfinsterte. »Ich habe nach dir Ausschau gehalten!«, sagte er anklagend auf malazanisch. »Wo warst du? Was liegst du hier draußen herum? Weißt du denn nicht, dass es heiß ist?«
    Kalam schloss erneut die Augen. »Nach mir Ausschau gehalten?« Er schüttelte den Kopf. »Niemand hält nach mir Ausschau«, fuhr er fort und zwang sich, die Augen trotz des grellen Gleißens um ihn und den anderen Mann

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