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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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nehmen Gestalt an.
    Als Udinaas zu Rhulad – der ihn noch nicht bemerkt hatte  – aufschließen wollte, verstellte ihm Theradas Buhn wie zufällig den Weg und stieß ihm die ausgestreckten Arme vor die Brust. Udinaas stolperte rückwärts, rutschte aus und fiel schlitternd den Hang bis zum Fuß hinunter.
    Die Edur-Krieger lachten.
    Ein Fehler. Der Imperator wirbelte herum, warf forschende Blicke in die Runde und entdeckte Udinaas in seiner Staubwolke. Es war nicht besonders schwierig, sich vorzustellen, was gerade geschehen war. Rhulad starrte seine Brüder düster an. »Wer hat meinen Sklaven niedergeschlagen?«
    Niemand rührte sich. Schließlich sagte Theradas: »Wir sind ineinander gelaufen, Höherer. Ein Unfall.«
    »Udinaas?«
    Der Sklave rappelte sich gerade wieder auf und klopfte sich den Staub aus der Tunika. »Es war so, wie Theradas Buhn gesagt hat, Imperator.«
    Rhulad bleckte die Zähne. »Eine Warnung an euch alle. Wir werden uns heute nicht in Versuchung führen lassen.« Er wirbelte erneut herum und machte sich wieder an den Aufstieg.
    Theradas starrte Udinaas düster an. »Glaube bloß nicht, dass ich dir jetzt etwas schuldig bin, Sklave«, sagte er leise.
    »Ihr werdet feststellen«, erwiderte der Sklave, während er an dem Krieger vorbeiging, »dass man sich dem Gedanken der Schuld nicht so leicht entziehen kann.«
    Theradas griff nach seinem Säbel, ließ dann jedoch mit einem tonlosen Schnauben die Hand wieder sinken.
    Rhulad erreichte die Hügelkuppe.
    Jene, die immer noch unten standen, hörten Hannan Mosags sanfte Stimme: »Der Sieg ist unser, Imperator.«
    »Wir haben niemanden mehr gefunden, mit dem wir kämpfen konnten!«
    »Das Königreich kauert zusammengeduckt zu deinen Füßen, Höherer –«
    »Tausende von Edur sind tot, Hexenkönig! Und Dämonen und Schattengespenster! Wie viele Mütter und Frauen und Kinder der Edur werden heute Nacht weinen? Welcher Ruhm steigt von unseren Toten auf, Hannan? Von diesem … Staub?«
    Udinaas erreichte die Kuppe. Und sah Rhulad mit hoch erhobenem Schwert auf den Hexenkönig losgehen.
    Plötzlich trat ein furchtsamer Ausdruck in Hannan Mosags rot geränderte Augen.
    »Imperator!«
    Rhulad wirbelte herum, seine brennenden Augen richteten sich auf Udinaas. »Wir werden von unserem Sklaven herausgefordert?« Die Schwertklinge zischte durch die Luft, obwohl sie noch zehn Schritt voneinander entfernt waren.
    »Das war keine Herausforderung«, sagte Udinaas ruhig, während er näher trat, bis er schließlich direkt vor dem Imperator stand. »Ich wollte Euch nur mitteilen, dass Eure Brüder kommen, Höherer.« Der Sklave zeigte nach Osten, wo Gestalten den Rand der Senke überquerten. »Forcht, Binadas und Trull, Imperator. Und Tomad, Euer Vater.«
    Rhulad kniff die Augen zusammen, blinzelte rasch, während er die weit entfernten Krieger musterte. »Der Staub hat uns blind gemacht, Udinaas. Sind sie das?«
    »Ja, Imperator.«
    Der Edur wischte sich über die Augen. »Ja, das ist gut. Wir hätten sie jetzt wirklich gerne hier …«
    »Höherer«, fuhr Udinaas fort, »während der Schlacht hat ein Bruchstück der Letherii-Zauberei das Lager der Frauen getroffen. Eure Mutter und noch ein paar andere haben die magischen Gewalten abgewehrt. Uruth ist verletzt, doch sie wird überleben. Drei Frauen der Hiroth sind gestorben.«
    Der Imperator senkte das Schwert; Wut flackerte in seinen wilden, blutunterlaufenen Augen auf, flackerte – und erstarb. »Wir haben nach einer Schlacht getrachtet, Udinaas. Wir haben … nach dem Tod getrachtet.«
    »Ich weiß, Imperator. Vielleicht in Letheras …«
    Ein zittriges Nicken. »Ja. Vielleicht. Ja, Udinaas.« Plötzlich bohrte sich sein Blick in die Augen des Sklaven. »Diese Türme aus Knochen, hast du sie gesehen? Das Gemetzel, die Leichen …«
    Der Sklave wandte sich für einen Moment vom Imperator ab, blickte an ihm vorbei zu Hannan Mosag. Der Hexenkönig starrte voll dunklem Hass auf Rhulads Rücken. »Höherer«, sagte Udinaas leise, »Euer Herz tut Recht daran, Hannan Mosag zu tadeln. Wenn Euer Vater und Eure Brüder da sind. Kalter Zorn ist stärker als heiße Wut.«
    »Ja, das wissen wir, Sklave.«
    »Die Schlacht ist vorbei. Alles ist geschehen«, sagte Udinaas, während er den Blick über das Schlachtfeld schweifen ließ. »Nichts kann mehr … zurückgenommen werden. Es scheint, als wäre die Zeit der Trauer angebrochen.«
    »Wir kennen solche Gefühle, Udinaas. Trauer. Ja. Aber was ist mit kaltem Zorn? Was

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