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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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der Tat. Vielleicht wäre es barmherziger gewesen, Hannan Mosag öffentlich auspeitschen zu lassen. Die Zukunft ereignete sich hier und jetzt, wie Udinaas klar wurde. Wollte ich das? Ich glaube, es wäre besser gewesen, ich hätte Rhulad den Scheißkerl auf der Stelle niederhauen lassen. Sauber und einfach – der Einzige, der dazu verleitet wurde, diese Worte zu glauben, ist Rhulad selbst. Hier sind zwei bessere Worte: grausam und heimtückisch.
    »Wir werden uns bis zum Morgen zurückziehen«, verkündete der Imperator. »Dann werden wir abmarschieren, um Anspruch auf Letheras zu erheben – und auf den Thron, den wir gewonnen haben. Udinaas, begleite mich kurz. Tomad, um Mitternacht soll das Hügelgrab für die Gefallenen bereit sein, um geweiht zu werden. Sorge dafür, dass die Bestattung mit allen Ehren stattfindet. Und, Vater«, fügte er hinzu, »legt die Letherii-Soldaten, gegen die ihr heute gekämpft habt, in das gleiche Hügelgrab.«
    »Höherer –«
    »Vater, die Letherii sind jetzt unsere Untertanen – oder etwa nicht?«
     
    Udinaas stand ein paar Schritte abseits und schaute zu, wie verschiedene Edur die Hügelkuppe verließen. Binadas unterhielt sich einige Zeit mit Hannan Mosag und trat dann zu Hull Beddict, um ihn auf formelle Weise als Blutsbruder zu begrüßen. Anschließend führte Binadas den Letherii weg.
    Forcht und Tomad gingen, um sich um die Einzelheiten im Hinblick auf die Bestattung zu kümmern. Theradas Buhn und die anderen erwählten Brüder machten sich zum Lager der Hiroth auf.
    Binnen kürzester Zeit standen nur noch zwei Männer auf der Hügelkuppe. Udinaas und Trull Sengar.
    Der Edur musterte den Sklaven aus vielleicht fünfzehn Schritt Entfernung, und er tat es so aufmerksam, dass der Sklave anfing, nervös zu werden. Schließlich wandte Udinaas sich wie beiläufig ab und starrte zur Hügelkette im Süden hinunter.
    Ein Dutzend Herzschläge später stellte Trull Sengar sich neben ihn.
    »Es scheint«, sagte der Edur nach einiger Zeit, »dass du zwar ein Sklave bist, aber über Begabungen verfügst, die man fast schon außerordentlich nennen muss.«
    »Herr?«
    »Hör auf mit diesem ›Herr‹-Getue und all dem Blödsinn, Udinaas. Du bist jetzt ein … Wie lautet dein Titel? Kanzler des Reichs? Oberster Berater oder etwas in der Art?«
    »Erster Eunuch, nehme ich an.«
    Trull warf ihm von der Seite her einen Blick zu. »Ich wusste nicht, dass man dich –«
    »Hat man auch nicht. Betrachtet es als symbolische Aussage.«
    »In Ordnung. Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Sag mir eines, Udinaas: Bist du dir deiner so sicher, dass du dich zwischen Rhulad und Hannan Mosag stellen würdest? Zwischen Rhulad und Theradas Buhn und diese tollwütigen Hündchen, die die erwählten Brüder des Imperators genannt werden? Würdest du dich tatsächlich zwischen Rhulad und seinen eigenen Wahnsinn stellen? Bei der Schwester – und ich hatte den Hexenkönig für arrogant gehalten …«
    »Es ist keine Arroganz, Trull Sengar. Wenn es das wäre, wäre ich meiner selbst so sicher, wie Ihr zu glauben scheint. Aber ich bin es nicht. Glaubt Ihr, ich hätte mich durch irgendwelche Machenschaften in diese Position gebracht? Ich hätte es mir ausgesucht? Aus freiem Willen? Sagt mir, wann hat irgendwer von uns das letzte Mal die Möglichkeit gehabt, eine auch nur irgendwie bedeutsame Entscheidung zu treffen? Einschließlich Eures jüngeren Bruders?«
    Der Edur sagte lange nichts. Dann nickte er. »Also schön. Aber ich muss trotzdem über deine Absichten Bescheid wissen.«
    Udinaas schüttelte den Kopf. »Nichts Verwickeltes, Trull Sengar. Ich will nicht, dass irgendjemand noch mehr verletzt wird, als er oder sie es sowieso schon ist.«
    »Gilt das auch für Hannan Mosag?«
    »Der Hexenkönig ist nicht verletzt worden. Aber wir haben heute gesehen, was er anderen zufügen würde.«
    »War Rhulad … beunruhigt?«
    »Er war sehr wütend.« Aber leider nicht aus bewundernswerten Gründen – nein, er wollte einfach nur kämpfen … und sterben. Die anderen, edleren Gefühle waren geliehen. Von mir.
    »Diese Antwort verschafft mir ein wenig … Erleichterung, Udinaas.«
    Deswegen habe ich sie dir gegeben.
    »Udinaas.«
    »Ja?«
    »Ich habe Angst vor dem, was kommen wird. In Letheras.«
    »Ja.«
    »Ich habe das Gefühl, als stünde die Welt kurz davor, aus den Angeln gehoben zu werden.«
    Ja. »Dann werden wir unser Bestes tun müssen, um sie zusammenzuhalten, Trull Sengar.«
    Der Tiste Edur blickte ihn

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