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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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fest an und nickte schließlich. »Hüte dich vor deinen Feinden, Udinaas.«
    Der Sklave gab keine Antwort. Wieder allein, musterte er die fernen Hügel; die dünner werdenden Rauchfahnen, die von irgendwelchen Feuern im Innern der gefallenen Festung aufstiegen, wie spöttische Schatten dessen, was früher an diesem Tag geschehen war.
    All diese Kriege …

Kapitel Dreizehn
    Fünf Flügel werden dir einen Kriecher einbringen
    Dort, an den schmuddeligen Zehen des Abtrünnigen
    Duckt sich das Ewige Domizil
    In einem alten Sumpf, aus dem Flüsse strömten
    Und königliches Blut fließt im klarsten Strom
    Um die Stümpfe von verfaulten Bäumen
    Wo sich einst in Herrlichkeit der Wald erhob
    Fünf Straßen von der Leeren Feste
    Werden dich flach auf den Rücken werfen
    Mit Altarmessern, silbrig ziseliert
    Nagen die vergrabenen Flüsse an den Wurzeln
    Alles im Wirbel in gierigen Kavernen tief unten
    Wo königliche Knochen schwanken und klappern
    Im Schlamm, und fünf ist die Zahl der Pfade
    Zu und von dieser mit Kammern versehenen Seele
    Für euch alle, ihr verlorenen Herzen, die ihr
    in der Wildnis verblutet.
     
    Der Tag des Domizils
    Fintrothas (der Unverständliche)
     
    D
    as frische, warme Wasser des Flusses wurde zum Blut des Dämons, ein Gefäß, mit dem zusammen er stieg, während die Strömung an ihm zerrte. Irgendwo voraus, das wusste er jetzt, lag ein Herz, die Quelle einer Macht, die gleichermaßen vertraut wie fremdartig war. Sein Herr wusste nichts davon, sonst hätte er dem Dämon nicht erlaubt, näher und näher heranzuschleichen, denn wenn er erst einmal über diese Macht verfügte, würden die bindenden Ketten zerreißen.
    Etwas wartete. In den vergrabenen Flussläufen, die unablässig unter der großen Stadt an den Ufern des Flusses hindurchrannen. Der Dämon hatte die Aufgabe, die Flotte – eine lästige Präsenz an der Oberfläche über ihm – zur Stadt zu tragen. Dies würde nahe genug sein, wie der Dämon wusste, um den plötzlichen Sprung zu wagen und das grässliche Herz mit seinen vielen Händen zu packen. Um zu fressen und sich dann zu erheben, wieder frei und ausgestattet mit der Stärke von zehn Göttern. Um sich zu erheben wie ein Älterer aus jener rauen, chaotischen Welt vor langer, langer Zeit. Beherrschend, unangreifbar und brennend vor Wut.
    Wie eine riesige Krabbe watschelte er durch den dunklen Schlamm des Flusses, erforschte jahrhundertealte Geheimnisse  – das Bett eines wirklich alten Flusses enthielt so viel, eine Unmenge von Geschichten, in unzählige Schichten von Schutt geschrieben. Schlammige Netze, die sich um ältere Trümmer gewickelt hatten – versunkene Schiffe, verstreute Ballaststeine, zerfaserte Reihen versiegelter Urnen, die ihre weltlichen Reichtümer immer noch enthielten. Überall dort, wo die Strömung Wirbel bildete, verfaulten Knochen in den so entstandenen Löchern, und noch tiefer unten, im hart werdenden, dicken Schlamm und verschlungen von Dunkelheit, fanden sich Knochen, die durch den Druck flach gepresst und in kristalline Gitterwerke verwandelt worden waren, angeordnet zu Skeletten aus Stein.
    Selbst im Tod, das wurde dem Dämon nun klar, stand nichts wirklich still. Die närrischen Sterblichen, kurzlebig und in ewiger Hektik, glaubten offensichtlich etwas anderes, während sie rasch wie ein Gedanke über dem geduldigen Reigen von Erde und Stein dahinhuschten. Wasser konnte natürlich die gewaltigen Entfernungen zwischen allen Dingen überbrücken. Es konnte angreifen, schneller laufen als alles andere, und es konnte anscheinend reglos dastehen. In diesem Verhalten zeigte es die geheiligte Macht von Göttern, doch es war sich seiner Selbst nicht bewusst.
    Der Dämon wusste, dass man sich eine solche Macht zu Nutze machen konnte. Götter hatten so etwas getan, hatten sich dadurch selbst zu Herren der Meere aufgeworfen. Doch es waren die Flüsse, die die Meere nährten. Und die Quellen aus den Felsschichten. Die Meeresgötter waren in Wahrheit den Göttern der Flüsse und der im Landesinnern gelegenen Teiche Untertan. Der Dämon, der alte Geist-Gott der Quelle, hatte vor, das Gleichgewicht wieder herzustellen. Mit der Macht, die unter der Stadt auf ihn wartete, würden selbst die Götter des Meeres vor ihm niederknien müssen.
    Er genoss diese Gedanken, so seltsam klar, wie sie waren – eine Klarheit, wie der Dämon sie früher nicht gekannt hatte. Vielleicht lag es am Geschmack des Flusses, an diesen hellen Strömungen, dem reichen Sickerwasser von den

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