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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sollen.
    Tehol beugte sich näher und musterte es einen Augenblick lang. »Bagg …«
    »Ja, Herr?«
    »Das ist die Sohle einer Sandale.«
    »Tatsächlich? Oh. Ich habe mich schon gefragt, warum es am einen Ende flacher als am anderen war.«
    Tehol setzte sich wieder hin und nahm einen weiteren Löffel voll. »Es ist immer noch fischig. Man könnte annehmen, der Mensch, der diese Sandale getragen hat, war vielleicht auf dem Fischmarkt und ist auf einen Aal getreten, bevor er oder sie die Sohle verloren hat.«
    »Ich bin ein wenig von dem Gedanken beunruhigt, wo er oder sie noch hineingetreten sein könnte.«
    »Der Geschmack auf meinem Gaumen ist tatsächlich vielfältig, was auf eine abwechslungsreiche und lange Geschichte schließen lässt. Nun, wie war dein Tag und der nachfolgende Abend?«
    »Ereignislos. Rucket hat mich darüber informiert, dass Gerun Eberict dieses Jahr ungefähr dreitausend Bürger getötet hat.«
    »Dreitausend? Das scheint mir jetzt doch etwas übertrieben.«
    »Das habe ich auch gedacht, Herr. Noch Suppe?«
    »Ja, danke. Also, was glaubst du, was hat er für ein Problem?«
    »Gerun? Gefallen am Blutvergießen, würde ich wetten.«
    »So einfach? Wie ungeheuerlich. Ich glaube, wir sollten uns darum kümmern.«
    »Und wie war Euer Tag und der Abend, Herr?«
    »Geschäftig. Sogar erschöpfend.«
    »Ihr wart auf dem Dach?«
    »Ja, meistens. Obwohl ich einmal hier heruntergekommen bin, wie ich mich erinnere. Ich weiß aber nicht mehr, warum. Oder genauer gesagt, ich wusste es da schon nicht mehr, und deshalb bin ich wieder rauf gegangen.«
    Bagg legte den Kopf schief. »Jemand nähert sich unserer Tür.«
    Schritte in der Gasse, das leise Rasseln einer Rüstung.
    »Mein Bruder, wage ich zu behaupten«, sagte Tehol. Dann wandte er sein Gesicht dem Vorhang vor der Tür zu und rief mit lauter Stimme: »Komm rein, Brys.«
    Der Vorhang wurde beiseite geschoben, und Brys betrat den Raum. »Also, hier riecht es wirklich höchst interessant«, sagte er.
    »Das kommt von der Sohlensuppe«, sagte Tehol. »Willst du welche haben?«
    »Nein, danke. Ich habe schon gegessen, denn seit dem zweiten Glockenschlag ist ja schon einige Zeit vergangen. Ich nehme an, du hast die Gerüchte gehört.«
    »Über den Krieg?«
    »Ja.«
    »Ich habe kaum etwas gehört«, sagte Tehol.
    Brys zögerte und starrte Bagg an, dann seufzte er. »Ein neuer Imperator ist aufgetaucht, der die Tiste Edur anführt. Tehol, Hull hat diesem Imperator die Treue geschworen.«
    »Nun, das ist in der Tat bedauerlich.«
    »Dementsprechend bist auch du in Gefahr.«
    »Eingesperrt zu werden?«
    »Nein, wahrscheinlich eher, ermordet zu werden. Alles im Namen der Liebe zum Vaterland.«
    Tehol setzte seine Schüssel ab. »Mir kommt gerade der Gedanke, dass du dich in größerer Gefahr befindest als ich, Brys.«
    »Ich werde gut beschützt, was bei dir nicht der Fall ist, Bruder.«
    »Unsinn! Ich habe Bagg!«
    Der Diener blickte Brys mit einem höflichen Lächeln an.
    »Tehol, das ist jetzt nicht der rechte Zeitpunkt für Witze –«
    »Bagg ärgert sich darüber!«
    »Tue ich das?«
    »Nun, tust du das etwa nicht? Ich würde es, wenn ich du wäre.«
    »Es scheint, als ob Ihr das gerade gewesen wärt.«
    »Ich entschuldige mich dafür, dass ich dich habe unpassende Bemerkungen machen lassen.«
    »In Eurem Namen sprechend nehme ich die Entschuldigung an, Herr.«
    »Du bist wirklich eine Wohltat –«
    »Wollt ihr beide wohl damit aufhören!«, rief Brys und riss die Arme hoch. Er begann, in dem kleinen Raum auf und ab zu marschieren. »Die Bedrohung ist sehr real. Die Agenten der Königin werden nicht zögern. Ihr seid beide in großer Gefahr.«
    »Aber was ändert mein Tod daran, dass Hull seine Heimat im Stich lässt?«
    »Nichts natürlich. Aber deine Geschichte macht dich zu einem verhassten Mann, Tehol. Du bist schuld daran, dass die Investitionen der Königin Schaden genommen haben, und sie ist nicht der Typ, der so etwas vergibt und vergisst.«
    »Nun, was schlägst du vor, Brys?«
    »Hör zum einen damit auf, auf deinem Dach zu schlafen. Lass mich ein paar Leibwächter anheuern –«
    »Ein paar? An wie viele hast du gedacht?«
    »Mindestens vier.«
    »Einen.«
    »Einen?«
    »Einen. Nicht mehr. Du weisst, wie sehr ich Menschenmassen verabscheue, Brys.«
    »Menschenmassen? Du hast noch nie Menschenmassen verabscheut, Tehol.«
    »Jetzt tue ich es.«
    Brys starrte ihn finster an – und nickte dann. »In Ordnung. Einen.«
    »Und das wird dich

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