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SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

Titel: SdG 10 - Die Feuer der Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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keine Ahnung, wie groß der Verlust ist …«
    »Sei still. Du klingst wie ein Geist.«
    »Es ist Zeit, aufzuwachen, Fiedler. Wach auf, jetzt. Mach weiter …«
     
    Feuer hatten das Grasland heimgesucht, und Buddl stellte fest, dass er auf geschwärzten Stoppeln lag. Ganz in der Nähe lag ein verbrannter Kadaver. Irgendein vierbeiniger Grasfresser – und um ihn herum hatte sich ein halbes Dutzend menschenähnlicher Gestalten versammelt, mit einem feinen Pelz versehen und ohne Kleidung. Sie hielten scharfkantige Steine in den Händen und schnitten an dem verbrannten Fleisch herum.
    Zwei standen Wache, beobachteten den Horizont. Und einer dieser Wachposten war … sie.
    Mein Weibchen. Sie trug inzwischen ein Kind in sich, ein Kind, das bald geboren werden würde. Sie sah ihn und kam herüber. Er konnte den Blick nicht von ihren Augen abwenden, von der königlichen Gelassenheit in ihrem Blick.
    Früher einmal hatte es wilde Affen auf der Insel Malaz gegeben. Er erinnerte sich daran, wie er in Jakatakan – damals war er vielleicht sieben Jahre alt gewesen – einmal einen Käfig auf dem Markt gesehen hatte, in dem sich der letzte Inselaffe befunden hatte, der in den Hartholzwäldern an der Nordküste gefangen worden war. Er war in eines der Dörfer hinuntergewandert, ein junges Männchen, das ein Weibchen suchte – aber es gab keine Weibchen mehr. Halb verhungert und verschreckt war es in einem Stall in die Enge getrieben und bewusstlos geschlagen worden, und jetzt kauerte es in einem schmutzigen Bambuskäfig auf dem Marktplatz im Hafenviertel von Jakatakan.
    Der Siebenjährige hatte davor gestanden, seine Augen auf gleicher Höhe mit denen des schwarzbepelzten Tieres mit den kräftigen Brauenwülsten, und es hatte einen Moment gegeben, einen einzigen Moment, da hatten sich ihre Blicke gekreuzt. Ein einziger Moment, der Buddl das Herz gebrochen hatte. Er hatte Elend gesehen, er hatte Bewusstsein gesehen – das Fünkchen, das sich selbst kannte, aber nicht verstand, was es Falsches getan hatte, was es um seine Freiheit gebracht hatte. Es konnte natürlich nicht gewusst haben, dass es nun allein auf der Welt war. Der Letzte seiner Art. Und dass irgendwie, auf eine ausschließlich menschliche Weise, genau das sein Verbrechen war.
    Genausowenig wie auch das Kind gewusst haben konnte, dass der Affe ebenfalls sieben Jahre alt war.
    Doch beide sahen, beide wussten in ihren Seelen – in jenem dunkel flackernden sich Formenden, das noch keine feste Gestalt angenommen hatten –, dass sie dieses eine Mal jeder einen Bruder anschauten.
    Es hatte ihm das Herz gebrochen.
    Es hatte auch dem Affen das Herz gebrochen – aber vielleicht, hatte er sich seither überlegt, vielleicht hatte er das einfach glauben müssen, eine Art Selbstgeißelung als Wiedergutmachung. Dafür, dass er derjenige außerhalb des Käfigs war, dafür, dass er wusste, dass Blut an seinen Händen und denen seiner Artgenossen klebte.
    Buddls Seele war … weggebrochen … und dadurch befreit und beschenkt – oder verflucht – mit der Fähigkeit zu Reisen, mit der Fähigkeit, jene dumpferen Lebensfunken zu finden und festzustellen, dass sie in Wahrheit gar nicht dumpf waren, dass das Versagen, voll und ganz sehen zu können, auf seiner Seite lag.
    Mitleid existierte dann und nur dann, wenn man aus sich heraustreten konnte, um plötzlich die Gitterstäbe des Käfigs von innen zu sehen.
    Jahre später hatte Buddl sich auf die Spuren jenes letzten Inselaffen begeben. Er war von einem Gelehrten gekauft worden, der in einem einsamen Turm an der wilden, unbesiedelten Küste von Geni lebte, wo in den im Landesinnern gelegenen Wäldern Gruppen von Affen hausten, die sich nur geringfügig von dem unterschieden, den er gesehen hatte; und er wollte jetzt gerne glauben, dass das Herz des Gelehrten Mitleid gekannt hatte; und dass jene fremden Affen ihren merkwürdigen, scheuen Verwandten nicht abgewiesen hatten. Er hoffte, dass es eine Begnadigung für dieses eine, einsame Leben gegeben hatte.
    Aber manchmal fürchtete er auch, dass das mit Drähten zusammengehaltene Skelett der Kreatur in einem der Esszimmer des Turms stand, als einzigartige Trophäe.
    Umgeben vom Geruch nach Asche und verbranntem Fleisch hockte sich das Weibchen vor ihm hin, streckte die Hand aus und strich mit harten Fingerspitzen über seine Stirn.
    Machte dann aus dieser Hand eine Faust, hob sie hoch – und schlug blitzartig zu -
     
    Er zuckte zusammen, riss die Augen auf und sah nichts als

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