SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
Anteilseignerinnen, nachdem sie Gesten ausgetauscht hatten, jeweils zu einer Seite gingen, die Armbrüste schussbereit. Binnen weniger Augenblicke waren sie außer Sicht.
Die Kutsche lag auf der Seite, das Dach zeigte zu Paran. Ein Hinterrad fehlte. Die Kupferplatten auf dem Dach wirkten zerschlagen, waren an einigen Stellen abgerissen, an anderen zerfetzt und verbeult. An zwei sichtbaren eisernen Halterungen hingen noch ein paar Lederstreifen.
Eine der Pardu-Frauen tauchte oben auf der umgestürzten Kutsche auf; sie stellte sich auf den Rahmen der Seitentür, kauerte sich dann hin, spähte ins Innere des Gefährts – und verschwand einen Augenblick später darin. Die andere Anteilseignerin kam um das Wrack herum. Paran musterte sie. Ihre Nase war zertrümmert worden, was seiner Meinung nach noch nicht allzu lange her sein konnte, da in dem Bereich unter ihren Augen immer noch Spuren von Prellungen und blauen Flecken zu erkennen waren. Und die Augen über diesen Spuren waren jetzt voller Furcht.
Mittlerweile hatte auch Karpolan Demesand seine Kutsche verlassen und kam nun mit Ganath an seiner Seite und Igel im Schlepptau langsam näher.
Paran drehte sich um und musterte das blasse, ausdruckslose Gesicht des Hohemagiers. »Erkennt Ihr diese Kutsche, Karpolan?«
Ein Nicken. »Handelsherrin Darpareth Vayd. Seit zwei Jahren vermisst, mit all ihren Anteilseignern. Ganoes Paran, ich muss über all das nachdenken, denn sie war mir in den Künsten der Magie überlegen. Ich bin zutiefst bekümmert über diese Entdeckung, denn sie war meine Freundin. Bekümmert … und beunruhigt.«
»Erinnert Ihr Euch an die Einzelheiten ihres letzten Auftrags?«
»Oh, was für eine weit reichende Frage. Im Allgemeinen« – er machte eine Pause, faltete die Hände vor seinem Bauch – »bleiben solche Einzelheiten Eigentum der Trygalle-Handelsgilde, denn wie Euch klar sein müsste, gehört die vertrauliche Behandlung ihres jeweiligen Ansinnens zu den Eigenschaften, für die unsere Klienten bezahlen – im vollen Vertrauen darauf, dass wir nichts preisgeben. In diesem Fall jedoch sind zwei Dinge klar, die diese Art von Geheimhaltung weniger zwingend machen. Zum einen scheint es, dass wir uns – wenn wir weitermachen – dem gegenübersehen werden, dem Darpareth sich gegenübergesehen hat. Zweitens hat sie bei diesem, ihrem letzten Auftrag, versagt. Und vermutlich hegen wir nicht den Wunsch, ihr Schicksal zu teilen. Dementsprechend werden wir hier und jetzt unsere Fähigkeiten vereinigen, um erstens festzustellen, was ihren Auftrag hat scheitern lassen, und um zweitens eine angemessene Verteidigung gegen den Feind, der hierfür verantwortlich ist, zu entwickeln.«
Die andere Pardu kam aus der Kutsche geklettert. Als sie Karpolan sah, schüttelte sie den Kopf.
»Keine Leichen«, sagte Paran. »Natürlich, diese hungrigen Tiere, in die wir hineingelaufen sind, haben hinterher alles gesäubert –«
»Das glaube ich nicht«, sagte Ganath. »Ich vermute, dass auch sie Angst vor dem haben, was weiter vorne liegt, und sich nicht so weit auf die Brücke getraut haben. Den Schaden an dieser Kutsche hat auf jeden Fall etwas weit Größeres verursacht – etwas weit Stärkeres. Wenn diese Brücke einen wahren Wächter hat, vermute ich, dass diese armen Reisenden ihm begegnet sind.«
Paran runzelte die Stirn. »Ein Wächter. Wieso sollte es hier einen Wächter geben? Solche Sachen gehören in Märchen. Wie oft versucht jemand oder etwas, diese Brücke zu überqueren? Es dürfte ziemlich selten sein, was bedeutet, dass dieser Wächter hier jede Menge Zeit hätte. Wieso sollte er nicht einfach weggehen? Wenn das Ding auch nur über ein Fünkchen Verstand verfügt, muss eine solche Aufgabe es wahnsinnig machen –«
»So wahnsinnig, dass es alles in Stücke reißt, was hier auftaucht – egal was«, sagte Igel.
»Wohl eher verzweifelt darauf aus, hinter dem Ohr gekrault zu werden«, gab Paran zurück. »Es ergibt einfach keinen Sinn. Kreaturen müssen essen, brauchen Gesellschaft –«
»Und wenn der Wächter einen Herrn hat?«, fragte Ganath.
»Das hier ist keine Feste«, sagte Paran. »Sie hat keinen Herrscher, keinen Herrn.«
Karpolan grunzte. »Seid Ihr dessen sicher, Ganoes Paran?«, fragte er.
»Das bin ich. Mehr oder weniger. Diese Sphäre ist begraben, vergessen.«
»Dann könnte es sein«, grübelte Karpolan, »dass jemand dem Wächter erst einmal mitteilen muss, dass dies der Fall ist – dass seine Aufgabe nicht mehr von
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