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SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

Titel: SdG 10 - Die Feuer der Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Zeitpunkt, da die anderen bei ihm ankamen, fluchte er und schlug nach Insekten.
    »Jetzt weißt du, wie wir uns fühlen«, giftete Scillara.
    »Dann sollten wir schneller reiten«, sagte Schlitzer. »Sind alle damit einverstanden? Das wäre auch gut für die Pferde. Die brauchen mal wieder ein bisschen Auslauf.«
    Ich glaube, das brauchen wir alle. »Gib das Tempo vor, Schlitzer. Ich bin mir sicher, dass Graufrosch mithalten kann.«
    »Er hüpft mit offenem Maul herum«, sagte Scillara.
    »Vielleicht sollten wir das alle versuchen«, schlug Felisin vor.
    »Ha! Ich bin auch so schon voll genug!«
    Kein Gott verdiente seine Akolythen wirklich. Es war ein in jeder Hinsicht ungleiches Verhältnis, sagte sich Heboric. Sterbliche konnten ihr ganzes erwachsenes Leben dem Versuch opfern, eine enge Gemeinschaft mit ihrem erwählten Gott einzugehen – und was bekamen sie im Gegenzug für solch eine Hingabe? Im besten Fall nicht viel; oft genug überhaupt nichts. War die schwache Berührung von etwas, von jemandem mit sehr viel mehr Macht – war das genug?
    Als ich Fener berührt habe …
    Heboric war längst klar geworden, dass dem Ebergott mit seiner Gleichgültigkeit mehr gedient gewesen wäre. Dieser Gedanke war wie ein gezacktes, stumpfes Messer, das ihm eine ausgefranste, schmerzhafte Wunde verpasste, keinen glatten, sauberen Schnitt, und als Schlitzer zu einem leichten Galopp ansetzte, konnte Heboric nicht anders – er musste die Zähne fletschen; eine harte Grimasse, ein Schutz gegen den spirituellen Schmerz.
    Aus dem säuselnde Stimmen aufstiegen, die ihn anbettelten und ihn anflehten. Um etwas, das er ihnen nicht geben konnte. War dies das Gefühl, das die Götter hatten? Überschwemmt von zahllosen Gebeten, dem Wunsch nach einem Segen, nach dem Geschenk der Erlösung, das von Myriaden verlorener Seelen gesucht wurde. Von so vielen, dass der Gott nur zurücktaumeln konnte, geschlagen und überwältigt, und daher allen flehenden Stimmen mit nichts als Schweigen antworten konnte.
    Aber Erlösung war kein Geschenk. Erlösung musste man sich verdienen.
    Und so reiten wir weiter …
     
    Scillara gesellte sich an Schlitzers Seite. Sie musterte ihn, bis er bemerkte, dass er beobachtet wurde, und den Kopf wandte.
    »Was ist? Stimmt etwas nicht?«
    »Wer hat gesagt, dass etwas nicht stimmt?«
    »Nun, in letzter Zeit ist von dir eine ziemlich lange Liste mit Beschwerden gekommen, Scillara.«
    »Nein, es war eine kurze Liste. Aber es macht mir Spaß, mich zu wiederholen.«
    Sie sah, wie er seufzte; dann zuckte er die Schultern und sagte: »Wir sind vielleicht noch eine Woche von der Küste entfernt. Ich frage mich allmählich, ob es eine gute Idee war, diesen Weg zu nehmen … durch vollkommen unbesiedelte Gebiete. Wir müssen ständig unsere Vorräte rationieren, und wir leiden darunter; nur bei dir und Graufrosch scheint es anders zu sein. Und wir werden immer paranoider, rennen vor jeder Staubfahne davon und machen einen Bogen um jede Herberge.« Er schüttelte den Kopf. »Nichts ist hinter uns her. Wir werden nicht gejagt. Niemand schert sich einen Dreck darum, was wir vorhaben oder wohin wir unterwegs sind.«
    »Was ist, wenn du dich irrst?«, fragte Scillara. Sie schlang die Zügel um das Sattelhorn und machte sich daran, ihre Pfeife neu zu stopfen. Ihr Pferd stolperte, so dass sie kurz durchgeschüttelt wurde. Sie zuckte zusammen. »Wenn ich dir einen Rat geben darf, Schlitzer: Solltest du jemals schwanger werden, lass das Reiten sein.«
    »Ich werde versuchen, es mir zu merken«, sagte er. »Wie auch immer, du hast recht. Ich könnte mich irren. Aber ich glaube nicht, dass ich das tue. Es ist ja nicht so, dass wir wer weiß wie schnell geritten wären. Wenn also Jäger hinter uns her wären, hätten sie uns schon längst eingeholt.«
    Sie hatte offensichtlich eine Antwort auf seine Worte, aber sie schwieg. »Hast du dich umgesehen, Schlitzer? Während wir unterwegs waren? Die ganzen Wochen in dieser scheinbaren Ödnis?«
    »Nur so viel, wie ich musste – warum?«
    »Heboric hat diesen Pfad gewählt, aber das ist kein Zufall. Gewiss, jetzt ist dieses Land eine Ödnis, aber das war es nicht immer. Mir sind nach und nach Dinge aufgefallen – nicht nur die offensichtlichen wie die Ruinenstadt, an der wir gerade vorbeigekommen sind. Wir haben alte Straßen benutzt – Straßen, die einst größer und eben waren, oftmals erhöht. Straßen, die zu einer Zivilisation gehört haben, die jetzt vollständig verschwunden ist.

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