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SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

SdG 10 - Die Feuer der Rebellion

Titel: SdG 10 - Die Feuer der Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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eine Arbeit begonnen worden war, die nie mehr vollendet werden würde. Unzählige Geier hockten auf dem flachen Dach, doch keiner begab sich nach unten, um sich an den Leichen gütlich zu tun.
    Schlitzer sprang hinunter in den Innenhof. Er ging zum Tor, hob den Querbalken aus der Verankerung und zog dann die schweren Flügel auf.
    Draußen wartete Graufrosch . »Niedergeschlagen und beunruhigt. So viel Unangenehmes an diesem tödlichen Ort, Schlitzer. Bestürzung. Kein Appetit.« Er schob sich vorbei, hastete argwöhnisch zum nächstgelegenen Leichnam. »Oh! Sie brodeln. Würmer, sie wimmeln vor Würmern. Das Fleisch ist schlecht, schlecht sogar für Graufrosch. Abscheu. Lasst uns von hier verschwinden!«
    Schlitzer entdeckte den Brunnen, in der Ecke zwischen dem Nebengebäude und dem Tempel. Er ging nach draußen, wo die anderen immer noch vor dem Tor warteten. »Gebt mir eure Wasserschläuche. Heboric, kannst du das Nebengebäude überprüfen, ob sich da etwas zu essen finden lässt?«
    Heboric lächelte. »Das Vieh wurde nicht herausgelassen. Seit Tagen nicht. Die Hitze hat sie alle getötet. Ein Dutzend Ziegen, zwei Maultiere.«
    »Schau einfach nach, ob es etwas zu essen gibt.«
    Der Destriant ging zum Nebengebäude.
    Scillara stieg ab, nahm die Wasserschläuche, die vor Felisin der Jüngeren am Sattel befestigt waren, und näherte sich Schlitzer. Ihren eigenen Wasserschlauch hatte sie sich über die Schulter gehängt. »Hier.«
    Er musterte sie. »Ich frage mich, ob das eine Warnung ist.«
    Ihre Brauen hoben sich andeutungsweise. »Sind wir denn so bedeutend, Schlitzer?«
    »Nun, ich habe nicht gemeint, dass sie uns gilt. Ich habe nur gemeint, dass wir es vielleicht als Warnung auffassen sollten.«
    »Tote Priester?«
    »Aus Anbetung erwächst nichts Gutes.«
    Sie schenkte ihm ein merkwürdiges Lächeln und hielt ihm dann ihre Wasserschläuche entgegen.
    Schlitzer verfluchte sich. Er brachte kaum etwas Vernünftiges heraus, wenn er versuchte, mit dieser Frau zu sprechen. Sagte Dinge, die auch ein Narr sagen würde. Es war der spöttische Ausdruck in ihren Augen, ihre Miene, die sich, sobald er den Mund aufmachte, in ein leichtes Lächeln verwandelte. Ohne noch etwas zu sagen, nahm er die Wasserschläuche und marschierte zurück in den Innenhof.
     
    Scillara sah ihm einen Augenblick lang nach, dann drehte sie sich um, als Felisin sich von ihrem Pferd gleiten ließ. »Wir brauchen das Wasser.«
    Die jüngere Frau nickte. »Ich weiß.« Sie zupfte sich an den Haaren, die mittlerweile lang geworden waren. »Ich sehe immer noch die Banditen. Und hier sind jetzt noch mehr tote Menschen. Und dann die Friedhöfe, durch die der Weg gestern mitten hindurchgeführt hat, das Feld der Knochen. Ich habe das Gefühl, wir sind in einen Alptraum hineingestolpert und dringen jeden Tag tiefer in ihn ein. Es ist heiß, aber mir ist die ganze Zeit kalt, und es wird immer schlimmer.«
    »Das kommt von der Austrocknung«, sagte Scillara und stopfte ihre Pfeife neu.
    »Das Ding hast du schon seit Tagen nicht mehr aus dem Mund genommen«, sagte Felisin.
    »Es hält den Durst in Schach.«
    »Tatsächlich?«
    »Nein, aber ich versuche es mir einzureden.«
    Felisin blickte weg. »Wir tun das ziemlich häufig, oder?«
    »Was?«
    Sie zuckte die Schultern. »Uns etwas einreden. In der Hoffnung, dass es dadurch wahr wird.«
    Scillara sog heftig an ihrer Pfeife, blies eine Rauchwolke nach oben und schaute zu, wie der Wind sie fort trug.
    »Du siehst so gesund aus«, sagte Felisin und ließ erneut den Blick über sie gleiten. »Während wir anderen dahinwelken.«
    »Graufrosch nicht.«
    »Das stimmt, Graufrosch nicht.«
    »Spricht er viel mit dir?«
    Felisin schüttelte den Kopf. »Nicht viel. Außer, wenn ich nachts aufwache, nach meinen schlimmen Träumen. Dann singt er mir etwas vor.«
    »Er singt?«
    »Ja. In der Sprache seines Volkes. Lieder für Kinder. Er sagt, er muss sie üben.«
    Scillara blickte sie scharf an. »Tatsächlich? Hat er gesagt, warum?«
    »Nein.«
    »Wie alt warst du, Felisin, als deine Mutter dich verkauft hat?«
    Noch ein Schulterzucken. »Ich kann mich nicht erinnern.«
    Das mochte zwar eine Lüge gewesen sein, aber Scillara verfolgte das Thema nicht weiter.
    Felisin trat einen Schritt näher. »Wirst du dich um mich kümmern, Scillara?« »Was?«
    »Ich habe das Gefühl, als ginge ich rückwärts. Ich habe mich schon … älter gefühlt. Damals, in der Raraku. Jetzt ist es, als würde ich jeden Tag wieder ein

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