SdG 11 - Die Kochenjäger
Antworten.
Und nun, da die Küste wogend und schwankend zu ihrer Rechten vorbeikroch, stand die Frau schweigend da, hielt auf beeindruckende Weise das Gleichgewicht und starrte mit zusammengekniffenen Augen nach Süden.
»Was ist los? Stimmt etwas nicht?«, fragte Mappo, ohne mit einer Antwort zu rechnen.
Sie überraschte ihn. »Ein Mord. Gottlose wandeln wieder über den Sand im Reich der Sieben Städte. Ich glaube, ich verstehe jetzt die Art dieses Bündnisses. Natürlich herrscht Komplexität im Überfluss, und du bist nichts weiter als ein Trell, ein in Hütten hausender Hirte.«
»Der nichts von Komplexität versteht, klar. Erkläre es mir trotzdem. Was für ein Bündnis? Wer sind die Gottlosen?«
»Das spielt eigentlich keine Rolle, und es nützt nichts, wenn man es erklärt. Es hat mit der Natur der Götter zu tun, Mappo Runt. Und mit dem Glauben.«
»Ich höre.«
»Wenn man einen Unterschied zwischen den Gaben eines Gottes und der sterblichen, weltlichen Welt behauptet, in der der Gläubige existiert«, sagte sie, »dann ist dies eine offene Tür zu wahrer Gottlosigkeit. Zur Religion des Unglaubens, wenn man so will.« Sie blickte ihn an, kam ein bisschen näher. »Oh, ich sehe, dass du schon verwirrt die Stirn runzelst – «
»Ich runzle die Stirn wegen der Folgen eines solchen Unterschieds, Bosheit.«
»Tatsächlich? Nun, ich bin überrascht. Freudig überrascht. Sehr gut. Und nun musst du Folgendes verstehen. Von einem Krieg unter den Göttern zu sprechen, das ist nicht einfach eine Sache von, sagen wir, diese Göttin kratzt dem Gott da drüben ein Auge aus. Und auch nicht von einer Armee von Akolythen dieses Tempels, die gegen eine Armee aus dem Tempel auf der anderen Straßenseite marschiert. Ein Krieg zwischen den Göttern wird nicht mit Blitz und Donnerschlag und Erdbeben ausgetragen, obwohl es natürlich möglich – aber unwahrscheinlich – wäre. Der fragliche Krieg ist also schmutzig, die Schlachtlinien sind trüb, unklar und selbst die entscheidenden Kämpfer haben Mühe zu verstehen, was eine Waffe ist, was verwundet und was harmlos ist. Und, was noch schlimmer ist, solche Waffen zu schwingen kann sich für denjenigen, der sie schwingt, als ebenso gefährlich erweisen wie für den Gegner.«
»Fanatismus bringt Fanatismus hervor, ja«, sagte Mappo nickend. »›Indem man es verkündet, kennzeichnet man seinen Feind als seinen Feind‹.«
Sie lächelte ihr strahlendes Lächeln. »Ein Zitat? Von wem?«
»Kellanved, dem Gründer und Imperator des malazanischen Imperiums.«
»Du hast tatsächlich die wesentliche Bedeutung meiner Worte erfasst. Nun, die Natur des Fanatismus kann mit der eines Baums verglichen werden – viele Zweige, aber eine Pfahlwurzel.«
»Ungerechtigkeit.«
»Oder zumindest das Verständnis dafür und der Glaube daran – ganz egal, ob eine solche Ungerechtigkeit nun eingebildet ist oder tatsächlich existiert. Meistens existiert sie natürlich, und sie ist das Gift, das die dunkelsten Früchte hervorbringt. Weltlicher Reichtum ist normalerweise auf Knochen aufgebaut, auf hoch aufgeschichteten und dicht aufeinander gepackten Knochen. Doch leider missverstehen diejenigen, die über diesen Reichtum verfügen, die Natur ihrer Belohnung und stellen besagten Reichtum daher häufig ebenso vergnügt wie gleichgültig auf höchst auffällige Weise zur Schau. Das Missverständnis ist folgendes: dass jene, die keinen Reichtum besitzen, sich alle danach sehnen, dass sie daher nach Gleichheit streben, und dass diese Sehnsucht alle Gefühle von Unmut, Ausbeutung und – am bedeutendsten – Unrecht ausschließt. In gewissem Maß haben sie recht, aber meistens haben sie erbärmlich unrecht. Wenn die Mehrheit der Armen schließlich begreift, dass der Reichtum für sie unerreichbar ist, bricht jede Höflichkeit zusammen und die Anarchie obsiegt. Nun, ich habe vom Krieg unter den Göttern gesprochen. Verstehst du die Verbindung, Mappo Runt?«
»Nicht ganz.«
»Ich schätze deine Ehrlichkeit. Bedenke dies: wenn Ungerechtigkeit zu einer gewalttätigen Feuersbrunst erblüht, sind die Götter hilflos. Die Götter hören auf zu führen – sie können nichts weiter als folgen, gezogen vom Willen ihrer Gläubigen. Und nun stell dir vor, Götter wären eigentlich moralische Wesen – das heißt, sie verfügten über und repräsentierten offenkundig einen besonderen Ethos – nun, dann werden solche moralischen Erwägungen die ersten Opfer des Krieges sein. Es sei denn, dieser Gott
Weitere Kostenlose Bücher