SdG 11 - Die Kochenjäger
schnell.«
Barathol Mekhar mischte sich ein: »Sein Leichentuch wurde mit Salzwasser getränkt, und dann wurde er in noch mehr Salz gewickelt, Schlitzer. Das hält die Maden ab. Ein faustgroßes Bündel aus Lumpen wurde ihm in die Kehle gestopft, und außerdem noch an ein paar andere Stellen. Die traditionelle Vorgehensweise hätte bedeutet, die Eingeweide zu entfernen, aber die Dorfbewohner sind inzwischen nachlässiger geworden – es waren Künste im Einsatz. Fähigkeiten, die größtenteils vergessen sind. Und alles mit dem Ziel, den Leichnam so schnell wie möglich auszutrocknen.«
Schlitzer blickte Scillara an, zuckte dann die Schultern. »Heboric wurde von einem Gott auserwählt.«
»Aber er hat diesen Gott enttäuscht«, erwiderte sie.
»Es waren T’lan Imass!«
Eine Rauchschwade begleitete Scillaras Worte, als sie sagte: »Wenn das nächste Mal ganze Fliegenschwärme um uns herumschwirren, werden wir wissen, was kommt.« Sie sah ihm in die Augen. »Schau, Schlitzer, jetzt sind nur noch wir da. Du und ich – und bis zur Küste noch Barathol. Wenn du Heborics Leichnam auf der Insel absetzen willst, na schön. Wenn diese Jadehände immer noch am Leben sind, können sie aus eigener Kraft zu ihrem Herrn zurückkriechen. Wir begraben den Leichnam einfach oberhalb der Gezeitenlinie und belassen es dabei.«
»Und dann?«
»Dann gehen wir nach Darujhistan. Ich glaube, ich will deine großartige Stadt sehen. Du hast etwas von Dächern und Gassen gesagt – was warst du in Darujhistan? Ein Dieb? Aber natürlich. Wer sonst kennt Gassen und Dächer? Dann kannst du mir beibringen, wie ein Dieb lebt, Schlitzer. Ich werde dir folgen, in deinem Schatten. Der Vermummte weiß, von dieser verrückten Welt zu stehlen, was wir nur können, ist genauso sinnvoll wie alles andere.«
Schlitzer blickte weg. »Es ist nicht gut«, sagte er, »jemandem in seinem Schatten zu folgen. Es gibt bessere Leute in Darujhistan … mit denen du zurechtkommen kannst. Murillio vielleicht oder sogar Coli.«
»Werde ich eines Tages herausfinden«, fragte sie, »dass du mich gerade beleidigt hast?«
»Nein! Natürlich nicht. Ich mag Murillio. Und Coll ist ein Ratsmitglied. Er besitzt ein Herrenhaus und all so was.«
»Hast du jemals gesehen, wie ein Tier zur Schlachtbank geführt wird, Schlitzer?«, fragte Barathol plötzlich.
»Was meinst du damit?«
Aber der große Mann schüttelte einfach nur den Kopf.
Nachdem Scillara ihre Pfeife neu gestopft hatte, lehnte sie sich im Sattel zurück; ein bisschen Mitleid ließ sie – zumindest für den Augenblick – davon absehen, Schlitzer weiter zu quälen. Mitleid, und – wie sie sich eingestehen musste – Barathols unterschwellige Warnung, mit dem jungen Mann nicht ganz so hart umzuspringen.
Dieser alte Mörder war scharfsinnig.
Es war nicht so, dass sie irgendetwas gegen Schlitzer gehabt hätte. Ganz im Gegenteil, genauer gesagt. Dieses Aufflackern von Begeisterung, als er von Darujhistan gesprochen hatte, hatte sie überrascht. Schlitzer suchte nach dem Trost alter Erinnerungen, was in ihr den Gedanken aufkommen ließ, dass er sich einsam fühlte – und darunter litt. Die Frau, die ihn verlassen hat. Diejenige, deretwegen er in erster Linie aus Darujhistan weggegangen ist, nehme ich an. Also litt er unter Einsamkeit und in gewisser Hinsicht unter dem Verlust einer Aufgabe, nun, da Heboric tot und Felisin die Jüngere geraubt worden war. Vielleicht mischten sich auch noch ein paar Schuldgefühle mit hinein – schließlich hatte er darin versagt, Felisin zu schützen, nebenbei gesagt, auch dabei, sie selbst zu schützen; nicht, dass sie ihm das vorgeworfen hätte. Schließlich waren es T’lan Imass gewesen, beim Vermummten.
Aber Schlitzer, der nun einmal jung und ein Mann war, würde es anders sehen. Jede Menge Schwerter, in die er sich glücklich hineinstürzen würde, wenn er von der falschen Person einen Stups bekam. Einer Person, die ihm etwas bedeutet. Es wäre besser, ihn von solchen Ideen fernzuhalten, und ein bisschen Liebäugeln von ihrer Seite – was ihn auf anziehende Weise verwirren würde – müsste eigentlich genügen.
Sie hoffte, er würde über ihren Rat, Heboric zu begraben, nachdenken. Sie hatte genug von den Wüsten. Der Gedanke an eine von blauem Feuer erleuchtete Stadt, einen Ort voller Menschen, von denen niemand irgendetwas von ihr erwartete, und die Möglichkeit, neue Freunde zu finden – mit Schlitzer an ihrer Seite – war tatsächlich ziemlich
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