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SdG 11 - Die Kochenjäger

SdG 11 - Die Kochenjäger

Titel: SdG 11 - Die Kochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Ich hätte bei Bootfinder bleiben sollen, da hinten, an jener wilden Küste. Ich hätte mich damals umdrehen und nach Hause gehen sollen. Sie hatte sich so sehr gewünscht, sich auf dieser Reise dem Erforschen und Entdecken widmen zu können, den Verlockungen der Wunder, die sie irgendwo in der Ferne erwarteten. Stattdessen war sie die Gefangene eines Imperiums, das vor Besessenheit verrückt geworden war. Das selbstgerecht war und die eigene Macht als ein Geschenk betrachtete, das Frömmigkeit gewährte. Als könnte Macht ihr eigenes Ethos entwerfen, und als wäre die Fähigkeit, etwas tun zu können, eine ausreichende Rechtfertigung dafür, es auch tatsächlich zu tun. Die Vorstellungen eines Schlägers an der Straßenecke, der zwei oder drei Regeln im Kopf hatte, nach denen er sein eigenes Dasein ausrichtete, und nach denen er seine Welt zu gestalten versuchte. Diejenigen, die er fürchten musste, diejenigen, die er in die Knie zwingen konnte, und vielleicht noch welche, denen er gleichkommen wollte oder nach denen es ihn gelüstete, aber selbst da gründete die Beziehung auf Macht. Samar Dev fühlte sich ganz krank vor Abscheu, und sie kämpfte gegen eine Woge heftiger Panik an, die sich in ihrem Innern aufbaute – und kein trockenes Deck unter ihren Füßen konnte sie davor retten, auf diese Art zu ertrinken.
    Sie hatte versucht, der menschlichen Mannschaft nicht im Weg zu sein, die sich um die Segel des großen Schiffs kümmerte, und hatte schließlich einen Platz gefunden, wo sie weder beiseitegestoßen noch verflucht werden würde – ganz vorne im Bug, wobei sie sich an den Webeleinen festhielt, während die Wogen das schwerfällige Schiff hochhoben und wieder absacken ließen. Auf eine merkwürdige Weise erwies sich jedes Hinabtauchen, das ihr Gewicht für einen Moment bedeutungslos werden ließ, als beinahe tröstlich.
    Jemand kam an ihre Seite, und sie war nicht überrascht, dass es die blauäugige, blonde Hexe war. Sie reichte Samar gerade bis zur Schulter, und ihre nackten, auf drahtige Weise muskulösen, schlanken Arme zeigten, dass sie mit harter, immer wiederkehrender Arbeit vertraut war. Und wiesen darüber hinaus, wie sie glaubte, auf eine besondere Art von Persönlichkeit hin. Eine mit Ecken und Kanten, eine, die bewertete, vielleicht sogar eine, die nicht vertrauenswürdig war – drahtige Muskeln waren ständig angespannt … durch eine gewaltige innere Verzweiflung, eine nervöse Unruhe, die wie Brennstoff verschlungen wurde, ein beißender Vorrat, der nie versiegen würde.
    »Ich heiße Federhexe«, sagte die Frau, und Samar Dev stellte etwas überrascht fest, dass sie sehr jung war. »Du verstehst mich Worte?«
    »Meine Worte.«
    »Meine Worte. Er lehrt nicht gut«, fügte sie hinzu.
    Sie meint den Taxilier. Nun, das ist nicht sonderlich überraschend. Er weiß, was geschehen wird, wenn er nicht mehr gebraucht wird.
    »Du lehrst mich«, sagte Federhexe.
    Samar Dev streckte eine Hand aus und stupste den verdorrten Finger an, den die junge Frau um den Hals trug, was ein Zusammenzucken und einen Fluch zur Folge hatte. »Ich lehre dich … nichts.«
    »Ich mache Hanradi Khalag dich töten.«
    »Dann tötet Karsa Orlong alle verdammten Leute auf diesem verdammten Schiff. Außer denen, die angekettet sind.«
    Federhexe starrte sie finster an. Sie gab sich offensichtlich Mühe zu verstehen, wirbelte dann mit einem Schnauben herum und stapfte davon.
    Samar Dev blickte wieder auf das wogende Meer vor dem Bug hinaus. Tatsächlich eine Hexe – und eine, die nicht anständig mit den Geistern spielte. Eine, die sich nicht um Ehre kümmerte. Das ist gefährlich. Sie wird … Dinge versuchen. Es könnte sogar sein, dass sie versucht, mich zu töten und es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Möglicherweise hat sie Erfolg, was bedeutet, dass ich Karsa lieber warnen sollte. Wenn ich sterbe, wird er wissen, dass es kein Unfall war. Und darum wird er alle diese widerlichen Kreaturen vernichten.
    Ihre eigenen Gedanken erschreckten sie. Ich sollte mich schämen. Jetzt fange ich auch schon an, von Karsa Orlong als Waffe zu denken. Die man schwingen kann, lenken kann, und das alles nur im Namen einer eingebildeten Rache. Aber sie hatte den Verdacht, dass dieses Spiel bereits von jemand – oder etwas – anderem gespielt wurde. Mit Karsa Orlong. Das war das Geheimnis, dem sie nachgehen musste, bis sie eine Antwort gefunden hatte. Und dann? Gehe ich nicht davon aus, dass der Toblakai sich dessen gar nicht bewusst

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