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SdG 11 - Die Kochenjäger

SdG 11 - Die Kochenjäger

Titel: SdG 11 - Die Kochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Soldaten waren. Solche Lektionen über Grausamkeit und Brutalität gehörten nicht zu den Dingen, die ein Kind lernen musste, die ein Kind lernen sollte. Und eine Welt, in der Kinder solchen Dingen ausgesetzt wurden, war eine Welt, in der Mitleid ein hohles Wort war, und sein Nachhall ein Chor aus Spott und kalter Verachtung.
    Vier Scharmützel. Vier. Und Minala war nun die Mutter von siebenhundert zerstörten Leben, von denen beinahe die Hälfte der Barmherzigkeit des Todes entgegensah … bis Schattenthron mit seinem zweischneidigen Geschenk hier auftaucht, das seihst kalt und herzlos ist.
    »Dein Gesicht verrät dich, Trull Sengar. Du musst schon wieder weinen.«
    Der Edur sah erst Onrack an, dann blickte er hinüber zu Minala, die inzwischen bei Panek stand. »Ihre Wut ist ihre Rüstung, mein Freund. Und es ist meine größte Schwäche, dass ich nicht das Gleiche aus meinem Innern heraufbeschwören kann. Statt dessen stehe ich hier und warte. Auf den nächsten Angriff, auf die Rückkehr der schrecklichen Musik – die Schreie, den Schmerz und die Sterbenden, das ohrenbetäubende Gebrüll der Sinnlosigkeit, die unsere Kampflust erschafft … bei jedem Zusammenprall von Schwert und Speer.«
    »Und doch gibst du nicht auf«, sagte der T’lan Imass.
    »Ich kann nicht.«
    »Die Musik, die du in der Schlacht hörst, ist nicht vollständig, Trull Sengar.«
    »Wie meinst du das?«
    »Selbst wenn ich an deiner Seite stehe, kann ich Minalas Gebete hören, ob sie in unserer Nähe ist oder nicht. Selbst wenn sie verwundete oder sterbende Kinder aus der Gefahrenzone schleppt, kann ich sie hören. Sie betet, dass du nicht fällst, Trull Sengar. Dass du weiterkämpfst, dass das Wunder, das ihr seid – du und der Speer, den du schwingst –, sie niemals im Stich lassen wird. Sie und ihre Kinder niemals im Stich lassen wird.«
    Trull Sengar wandte sich ab.
    »Oh«, sagte Onrack, »nun, da deine Tränen plötzlich fließen, erkenne ich meinen Irrtum, mein Freund. Während meine Worte deinen Stolz erwecken sollten, habe ich deine eigene Rüstung überwunden und dich schwer verwundet. Mit Verzweiflung. Es tut mir leid. Es gibt noch so viele Dinge, die das Leben betreffen, die ich vergessen habe.« Der zerschlagene Krieger betrachtete Trull ein paar Augenblicke schweigend und fügte dann hinzu: »Vielleicht kann ich dir etwas anderes geben, etwas … Hoffnungsvolleres.«
    »Versuche es, bitte«, flüsterte Trull.
    »Manchmal rieche ich etwas, hier unten, in dieser Schlucht. Eine … Anwesenheit. Sie ist schwach, tierisch. Sie … tröstet mich, auch wenn ich nicht weiß, warum, denn ich kann die Quelle nicht ausmachen. In diesen Augenblicken habe ich das Gefühl, das wir beobachtet werden, Trull Sengar. Dass wir von unsichtbaren Augen beobachtet werden, und in diesen Augen ist ein gewaltiges Mitgefühl.«
    »Sagst du das nur, um meinen Schmerz zu lindern, Onrack?«
    »Nein. Ich würde dich niemals so belügen.«
    »Was – von wem kommt es?«
    »Ich weiß es nicht – aber ich habe gesehen, dass es sich auch auf Monok Ochem auswirkt. Sogar auf Ibra Gholan. Ich spüre ihre Unruhe, und auch das tröstet mich.«
    »Nun«, ertönte eine krächzende Stimme neben ihnen, »ich bin es nicht.« Miteinander verschmelzende Schatten erschufen eine kauernde, in einen Kapuzenumhang gekleidete Gestalt, die immer wieder verschwamm, als sträubte sie sich dagegen, sich einer speziellen Existenz, einer einzigen Realität hinzugeben.
    »Schattenthron.«
    »Es geht ums Heilen, ja? Nun gut. Aber ich habe wenig Zeit. Wir müssen uns beeilen, versteht ihr? Beeilen!«
    Einmal mehr erneuert, um dem entgegenzutreten, was kommen wird. Ich wollte, ich hätte meine eigenen Gebete. Tröstende Worte in meinem Geist … um all die Schreie um mich herum zu übertönen. Um meine eigenen Schreie zu übertönen.
     
    Irgendwo unten mühte sich Karsa Orlong, Havok zu beruhigen, und das plötzliche Trommeln von Hufen auf Holz, das Erschütterungen durch das Deck unter Samar Devs Füßen sandte, ließ darauf schließen, dass es einige Zeit dauern würde, bis sich das Tier beruhigt haben würde. Sie konnte dem Jhag-Pferd keinen Vorwurf machen. Die Luft dort unten war schlecht, sie stank nach Krankheit und nach Tod, hatte jenen sauren Geruch, den die Hoffnungslosigkeit verströmte.
    Aber uns ist dieses Schicksal erspart geblieben. Wir sind Gäste, weil mein riesenhafter Gefährte den Imperator töten wird. Dieser Narr. Dieser arrogante, von sich selbst besessene Idiot.

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