SdG 11 - Die Kochenjäger
Waffen – das Lager kam allmählich zur Ruhe, Kochfeuer waren entzündet, und Gestalten hockten in ihre Regenumhänge eingemummt da, um sich vor der Kälte zu schützen, die der Wind vom Meer herantrug. »Hauptmann – «
»Meine Soldaten liegen nicht herum und zupfen sich die Nasenhaare aus, Leutnant. Auf den Wagen gibt es ernsthaft verletzte Soldaten, und Ihr seid einfach im Weg. Die Heiler sind mit Euch fertig. Es ist an der Zeit, dem kranken Bein mal wieder Bewegung zu verschaffen. Es ist an der Zeit, mal wieder ein Soldat zu sein – hört schon auf zu humpeln, verdammt – Ihr gebt hier ein verdammt armseliges Vorbild ab, Leutnant.«
»Tut mir leid, Hauptmann.« Schweißüberströmt bemühte Poren sich, mit seinem Vorgesetzten Schritt zu halten. »Darf ich fragen, wo wir hingehen?«
»Wir werden uns das Meer ansehen«, erwiderte Gütig. »Und dann werdet Ihr den Befehl über die Vorposten zum Landesinnern übernehmen – während der ersten Wache –, und ich rate Euch dringend, eine Inspektion der Waffen und Rüstungen durchzuführen, Leutnant, denn es besteht die Möglichkeit, dass ich einen Spaziergang zu besagten Posten unternehme.«
»Ja, Hauptmann.«
Ein Stück voraus standen die Befehlshaber der Vierzehnten auf einem Hügel, von dem aus man auf das graue, von Schaumkronen bedeckte Meer hinausblicken konnte. Die Mandata, Nil und Neder, die Fäuste Blistig, Temul und Keneb sowie – ein Stück abseits und in einen langen Lederumhang gehüllt – T’amber. Direkt hinter ihnen standen Kriegsführer Gall und sein alter Adjutant Imrahl, zusammen mit den Hauptleuten Ruthan Gudd und Madan’Tul Rada. Einzig Faust Tene Baralta fehlte, aber Poren hatte gehört, dass es dem Mann immer noch schlecht gehen sollte – einarmig und einäugig, das Gesicht von brennendem Öl verwüstet –, und er stand auch nicht unter Gütigs Befehl, was bedeutete, dass man es ihm ermöglichte, in Ruhe zu heilen.
Ruthan Gudd erzählte etwas mit leiser Stimme, seine Zuhörer waren Madan’Tul Rada und die beiden Khundryl-Krieger. »… ins Meer gefallen – diese Brecher, das Durcheinander mitten in der Bucht, da hat die Zitadelle gestanden. Eine Hochebene hat sie umgeben – die Insel selbst – und es hat einen Damm gegeben, der sie mit diesem Ufer verbunden hat – aber davon ist nichts geblieben außer den Säulen, die oberhalb der Wasserlinie aus dem Sand ragen. Es heißt, das Zerschmettern einer Jaghut-Enklave hoch im Norden wäre dafür verantwortlich gewesen – «
»Wie konnte das dieses Land zum Versinken bringen?«, wollte Gall wissen. »Was Ihr da erzählt, ergibt keinen Sinn, Hauptmann.«
»Die T’lan Imass haben die Zauberei der Jaghut gebrochen – das Eis hat seine Macht verloren, ist geschmolzen und ins Meer geflossen, und dann ist der Wasserspiegel gestiegen. Genügend, um die Insel anzufressen, die Ebene zu überspülen, dann den Fuß der Zitadelle selbst zu verschlingen. Wie auch immer, das war vor Tausenden von Jahren – «
»Seid Ihr nicht nur ein Soldat, sondern auch ein Historiker?«, fragte der Kriegsführer und blickte Gudd an. Die untergehende Sonne verwandelte sein Gesicht mit den eintätowierten Tränen in eine rote Maske.
Der Hauptmann zuckte die Schultern. »Die erste Landkarte, die ich jemals vom Reich der Sieben Städte gesehen habe, stammte aus Falar, eine Karte mit Meeresströmungen, auf der die tückischen Gebiete entlang dieser Küste eingezeichnet waren – und die der anderen Küsten bis nach Nemil. Sie war unzählige Male abgezeichnet worden, aber das Original stammte aus der Zeit, als die einzigen Metalle, mit denen Handel getrieben wurde, Zinn, Kupfer, Blei und Gold waren. Der Handel zwischen Falar und dem Reich der Sieben Städte existiert schon sehr lange, Kriegsführer Gall. Was auch logisch ist, denn Falar liegt auf halbem Weg zwischen Quon Tali und dem Reich der Sieben Städte.«
»Es ist merkwürdig, Ruthan Gudd, aber Ihr seht gar nicht wie ein Falari aus«, bemerkte Hauptmann Gütig. »Und Euer Name klingt auch nicht falarisch.«
»Ich komme von der Trefferinsel, Gütig, die vor den Äußeren Tiefen liegt. Die Trefferinsel ist die einsamste aller Inseln der Kette, und unsere Legenden sagen, dass wir alles sind, was von den ursprünglichen Bewohnern von Falar übrig geblieben ist – die rothaarigen und blonden Leute, die Ihr seht und für Falari haltet, waren in Wirklichkeit Invasoren aus dem östlichen Ozean, von der anderen Seite von Suchers Tiefe oder von irgendwelchen
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