SdG 11 - Die Kochenjäger
unbekannten Inseln, weit weg von den eingezeichneten Schifffahrtsrouten über den Ozean. Sie selbst erinnern sich nicht einmal mehr an ihre Heimat, und die meisten von ihnen glauben, sie hätten schon immer in Falar gelebt. Aber auf unseren alten Karten stehen andere Namen, auf der Trefferinsel gebräuchliche Namen für alle Inseln und Königreiche und Völker, und das Wort ›Falar‹ taucht dabei nicht auf.«
Falls die Mandata und ihr Gefolge miteinander sprachen, konnte Poren nichts davon hören. Ruthan Gudds Worte und die steife Brise übertönten alles andere. Das Bein des Leutnants pochte schmerzhaft, und ganz egal, in welchem Winkel er seinen verletzten Arm auch hielt – es war niemals angenehm. Und jetzt fröstelte er, der kalte Schweiß fühlte sich wie Eis auf seiner Haut an, und er konnte an nichts anderes als die warmen Decken denken, die er zurückgelassen hatte.
Es gab Zeiten, dachte er mürrisch, da hätte er Hauptmann Gütig am liebsten umgebracht.
Keneb starrte auf die wogenden Wassermassen der Kokakal-See hinaus. Die Vierzehnte hatte Sotka umgangen und war nun dreizehn Längen westlich der Stadt. Er bekam ein paar Gesprächsfetzen von den Offizieren hinter ihm mit, aber der Wind trug genügend Worte davon, was es schwierig machte, wirklich etwas zu verstehen – und außerdem war es die Mühe wahrscheinlich ohnehin nicht wert. Von der vordersten Reihe aus Offizieren und Magiern hatte schon seit einiger Zeit niemand mehr etwas gesagt.
Müdigkeit, und vielleicht das Ende dieses grässlichen, elenden Kapitels in der Geschichte der Vierzehnten.
Sie waren stramm marschiert, zuerst nach Westen und dann nach Norden. Irgendwo auf dem Meer da draußen war die Transportflotte und ihre Eskorte aus Dromonen. Bei den Göttern, es musste doch irgendwie möglich sein, eine Nachricht zu übermitteln, und dann könnten diese mitgenommenen Legionen den von der Pest heimgesuchten Kontinent verlassen.
Und wegsegeln … aber wohin?
Zurück nach Hause, hoffte er. Nach Quon Tali, zumindest für einige Zeit. Um sich neu zu formieren, um Ersatztruppen aufzunehmen. Um die letzten Sandkörner dieses vom Vermummten verdammten Landes auszuspucken. Er könnte zu seiner Frau und seinen Kindern zurückkehren, trotz all der Verwirrung und Angst, die solch eine Wiedervereinigung nach sich ziehen würde. Sie hatten in ihrem gemeinsamen Leben zu viele Fehler gemacht, und selbst die wenigen Augenblicke der Erlösung waren befleckt und bitter gewesen. Minala. Seine Schwägerin, die getan hatte, was so viele Opfer taten – sie hatte ihre Verletzungen verborgen, hatte brutalen Missbrauch normal gefunden und war zu der Überzeugung gelangt, dass der Fehler bei ihr lag und nicht bei dem Wahnsinnigen, den sie geheiratet hatte.
Den Dreckskerl umzubringen war nicht genug gewesen, was Keneb betraf. Was immer noch ausgerottet werden musste, war eine tiefere, durchdringendere Fäulnis, die Knoten und Fäden, die alle zu einem chaotischen Netz verstrickt waren, das die Zeit in jener schrecklichen Garnison definierte. Ein Leben, das durch unsichtbare, vibrierende Fäden, unausgesprochene Verletzungen und nicht erfüllte Erwartungen, andauernde Täuschungen und Dünkel an alle anderen gebunden war – ein den ganzen Kontinent umfassender Aufstand war nötig gewesen, um all das zu zerreißen. Und wir sind noch nicht wieder heil.
Es bedurfte keiner allzu großen geistigen Anstrengung, um zu erkennen, dass die Mandata und diese verdammte Armee in das gleiche verworrene Netz eingewoben waren – dass sie in die Hinterlassenschaften von Verrat und die harte, fast nicht zu ertragende Tatsache verstrickt waren, dass man auf manche Dinge nicht reagieren konnte.
Dickbäuchige Töpfe, die zu Massen in Marktbuden standen, ihre Seiten mit kunstvoll gemalten gelben Schmetterlingen übersät, die kaum zu erkennende Gestalten umschwirrten, und alles zusammen trieb einen schlammigen Fluss hinunter. Schwertscheiden, die mit schwarzen Federn geschmückt waren. Eine aufgemalte Reihe von Hunden auf einer Stadtmauer, jedes Tier mit dem nächsten mittels einer Kette aus Knochen verbunden. Auf Basaren wurden Reliquienschreine verkauft, in denen sich angeblich die Überreste großer Helden der Siebten Armee befinden sollten. Von Bult, Lull, Chenned und Duiker. Und natürlich von Coltaine selbst.
Wenn die Feinde die Helden der eigenen Seite in die Arme schließen, fühlt man sich merkwürdig … betrogen, als sei der Diebstahl des Lebens erst der Anfang und
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