SdG 12 - Der Goldene Herrscher
Kriegsführer erneut gegeißelt und noch mehr verurteilt zu werden, aber Rotmaske hatte kein Interesse daran, die Krieger, die jetzt unter seinem Befehl standen, weiter herabzusetzen. Die Wunden, die er ihnen etwas früher am Tag geschlagen hatte, waren noch zu frisch. Der Mut, den sie verloren hatten, konnte nur auf dem Schlachtfeld wiedergewonnen werden.
Bei all seinen Fehlern hatte Hadralt in einer Hinsicht vollkommen recht gehabt - auf die alte Weise gegen die Letherii zu kämpfen war zum Scheitern verdammt. Aber die vorgebliche Absicht des mittlerweile toten Kriegsführers, den Ahl die Kampfesweise der Letherii beizubringen, war ebenso zum Scheitern verurteilt, erklärte Rotmaske seinen Gefolgsleuten. Es gab keine entsprechenden Traditionen, die Ahl konnten nicht mit den dafür geeigneten Waffen umgehen, und Loyalität bestand meist nur innerhalb eines Clans oder einer Sippe.
Es musste ein neuer Weg gefunden werden.
Rotmaske hatte sie dann über die Söldner ausgefragt, die sie angeheuert hatten, und die Geschichte, die man ihm daraufhin erzählt hatte, hatte sich ebenso kompliziert wie schmutzig angehört; die Einzelheiten hatte er den nur widerwillig Auskunft gebenden, schamrot werdenden Kriegern förmlich aus der Nase ziehen müssen. Oh, die Letherii hatten den Ahl viele Münzen gegeben, im Gegenzug für das Land, das sie gekauft hatten, und dieser Reichtum war ursprünglich mit der Absicht angehäuft worden, eine fremde Armee anzuheuern - eine Armee, auf die man in den Grenzlanden im Osten gestoßen war. Aber dann hatte Hadralt angefangen, all das Gold und Silber zu begehren, und zwar so sehr, dass er jene Armee verraten hatte - dass er sie in den Tod geführt hatte -, um sie nicht bezahlen zu müssen.
So wirkte das Gift namens Geld.
Wo waren diese Fremden hergekommen?
Vom Meer, wie es schien. Sie waren an der Nordküste der Ödlande gelandet, in Transportschiffen unter der Flagge von Lamatath, einem weit weg auf einer Halbinsel gelegenen Königreich. Priestersoldaten und - soldatinnen, Wolfsgöttern verschworen.
Was hatte sie in diesen Teil der Welt geführt?
Eine Prophezeiung.
Bei dieser Antwort - die von Natarkas gekommen war, dem Sprecher der Kupfergesichter, dem gleichen Krieger, der auch den Mord von Hadralt an seinem Vater Capalah offenbart hatte - war Rotmaske zusammengezuckt.
Eine Prophezeiung, Kriegsfiihrer, hatte Natarkas gesagt. Über einen letzten Krieg. Sie sind auf der Suche nach einem Ort hierhergekommen, den sie das Schlachtfeld der Götter genannt haben. Sie haben sich selbst als die Grauen Schwerter bezeichnet, den Traum von Togg und Fanderay. Viele von ihnen waren Frauen, und auch einer ihrer Anfuhrer war eine Frau. Der andere ist ein einäugiger Mann, der behauptet, dass er sein Auge bereits dreimal verloren hat - Nein, Kriegsführer, der Mann lebt noch. Ein Überlebender der Schlacht. Hadralt hat ihn gefangengesetzt. Er liegt in Ketten … hinter der Bluthütte der Frauen …
Natarkas war dann verstummt, war vor der Wut zurückgewichen, die er plötzlich deutlich in Rotmaskes Augen hatte erkennen können.
Und jetzt schritt der maskierte Anführer durch das Lager der Ganetok, nach Osten, an den äußersten Rand, wo in den Hängen Gräben ausgehoben worden waren, in denen die Abfälle der Ahl beseitigt wurden. Er ging auf die Bluthütte zu, die den Frauen gehörte, schritt an ihr vorbei und weiter - dorthin, wo eine an einen Pfahl gekettete verdreckte Kreatur schlief. Die untere Hälfte seines zerschlagenen Körpers lag in dem Abwassergraben, in dem das Blut der Frauen und Urin auf ihrem Weg zu den weiter weg liegenden tiefen Gruben durch Schlamm, Wurzeln und Steine rannen.
Er blieb oberhalb des Mannes stehen, der aufwachte und den Kopf wandte, um mit einem glitzernden Auge zu Rotmaske aufzublicken. »Verstehst du mich?«, fragte der Kriegsfiihrer. Ein Nicken. »Wie heißt du?«
Das Auge blinzelte, und der Mann hob eine Hand, um sich an dem blasenübersäten Narbengewebe zu kratzen, das die leere Augenhöhle umgab, in der sich einst sein anderes Auge befunden hatte. Plötzlich schnaubte er, als wäre er überrascht, und richtete sich mühsam in eine sitzende Position auf. »Mein neuer Name war Anaster«, sagte er, verzog dabei auf merkwürdige Weise die Lippen. War das ein Grinsen gewesen? Der Mann fuhr fort: »Aber ich glaube, dass mein alter Name besser zu mir passt - wenn auch mit einer kleinen Änderung. Ich bin Toc.« Das Lächeln wurde breiter. »Toc der
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