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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Pechvogel.«
    »Ich bin Rotmaske …«
    »Ich weiß, wer du bist. Ich weiß sogar, was du bist.«
    »Woher?«
    »Da kann ich dir leider nicht helfen.«
    Rotmaske versuchte es noch einmal. »Was ftir ein verborgenes Wissen glaubst du über mich zu besitzen?«
    Das Lächeln verblasste, und der Mann blickte nach unten, schien den angeschwollenen Strom aus verdünntem Blut um seine Knie zu betrachten. »Es hat damals keinen Sinn ergeben. Und ergibt jetzt sogar noch weniger. Du bist nicht das, was wir erwartet haben, Rotmaske.« Er hustete und spuckte aus, achtete aber sorgsam darauf, nicht in das Blut zu spucken.
    »Sag mir, was habt ihr erwartet?«
    Ein weiteres angedeutetes Lächeln, aber Toc blickte nicht auf, als er antwortete. »Nun ja, wenn man das Erste Schwert der K’Chain Che’Malle sucht, also … dann geht man davon aus … dass es sich dabei um einen … K’Chain Che’Malle handelt. Nicht um einen Menschen. Eine ziemlich offensichtliche Annahme, findest du nicht auch?«
    »Erstes Schwert? Diesen Titel kenne ich nicht.«
    Toc zuckte die Schultern. »Meisterkämpfer der K’ell. Galan der Matrone. Hol mich der Vermummte - König. In deinem Fall ist das alles das Gleiche.« Jetzt blickte der Mann wieder auf, und in seinem einen Auge glänzte etwas, als er fragte: »Und jetzt erzähle mir bitte nicht, dass die Maske sie getäuscht hat …«
     
    Die Schlucht, aus der die einzelne Gestalt auftauchte, war kaum zu erkennen. Weniger als drei Mannshöhen breit, schmiegte sich der Felsspalt zwischen zwei steile Berghänge, eineinhalb Meilen lang und tausend Schritt tief. Reisende, die dreißig Schritt rechts oder links davon den nackten Fels des Gebirges überquerten, würden nicht einmal ahnen, dass es die Schlucht gab. Natürlich war in einem Umkreis von fünfzehn Meilen um das Tal die Wahrscheinlichkeit von zufällig auftauchenden Besuchern praktisch gleich null. So weit nördlich der wichtigen Pässe wanden sich keine offenkundigen Pfade durch die Blaurosekette, es gab auch keine hochgelegenen Weiden oder Hochebenen, die zur Besiedlung eingeladen hätten, und das Wetter war meistens grimmig.
    Sobald die Gestalt über den Rand der Schlucht und in das mittägliche Sonnenlicht geklettert war, kauerte sie sich hin und musterte die nähere Umgebung. Da sie nichts Widriges sah, richtete sie sich auf. Der Mann - denn um einen solchen handelte es sich - war groß und dünn, hatte lange, glatte, mitternachtsschwarze Haare, ein faltenloses Gesicht mit auf unbestimmte Art verschleierten Gesichtszügen und Augen wie Obsidian. Er griff in eine Falte seines verschossenen schwarzen Lederhemds und zog eine dünne Kette heraus, die an beiden Enden jeweils einen schlichten Fingerring - einmal aus Gold, einmal aus Silber - aufwies. Ein kurzes Schnipsen seines rechten Zeigefingers ließ die Ringe herumwirbeln, brachte sie dann nah zusammen, als die Kette sich straff aufwickelte. Einen Augenblick später kehrte er die Bewegung um. Und während seine rechte Hand pausenlos damit beschäftigt war, die Kette auf- und wieder abzuwickeln, setzte er sich in Bewegung.

Er ging Richtung Süden, durchschritt Schatten und helles Sonnenlicht, seine Schritte so gut wie lautlos, das Klicken der Kette das einzige Geräusch, das ihn begleitete. Auf seinem Rücken hing ein ungespannter Bogen aus Horn und Blutholz. An seiner rechten Hüfte trug er einen Köcher voller Pfeile mit Blutholzschäften und Befiederungen aus Falkenfedern; die Pfeilspitzen am Grund des mit Moos ausgepolsterten Köchers waren aus Eisen, tränenförmig und auf vier Seiten eingekerbt. Außerdem trug er ein Bandelier mit einem schlichten Rapier in einer mit Silber eingefassten Scheide aus Schildpatt. Die gesamte Scheide und ihre Befestigungsringe waren mit Schaffell umwickelt, damit sie beim Gehen kein Geräusch von sich gaben, doch all diese Voraussetzungen, sich verstohlen bewegen zu können, wurden durch das Herumwirbeln und Klicken der Kette zunichte gemacht.
    Der Nachmittag verstrich, und schließlich bewegte er sich selbst dann im Schatten, wenn er die östliche Flanke der Täler streifte, die er eines nach dem anderen querte, während er immer weiter Richtung Süden schritt. Und die ganze Zeit wirbelte die Kette. Die Ringe klickten, wenn sie gegeneinander stießen, ehe sie flüsternd aufs Neue herumwirbelten.
    Bei Anbruch der Abenddämmerung gelangte er zu einem Felsvorsprung, der Ausblick auf ein breiteres Tal gewährte, das mehr oder weniger von Ost nach West verlief.

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