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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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verräterische Umtriebe verstrickt ist.«
    »Dann lasst ihn von Orbyn Wahrheitsfinder verhaften.« Wenn der sich traut, denn das wird alles ans Licht bringen, und dafür bist du noch nicht bereit.
    »Wir werden auf seine Rückkehr vorbereitet sein«, sagte der Repräsentant.
    So schnell? »Ist der Imperator über diese Entwicklungen unterrichtet worden, Herr?«
    »Das ist er. Wenn dem nicht so wäre, würden die Patriotisten sich nicht mit dieser Jagd beschäftigen. Ich bin davon überzeugt, dass Ihr das versteht, Atri-Preda.«
    Sie glaubte es zumindest. Selbst Karos Invictad würde nicht weitermachen, wenn sein Vorgehen nicht auf irgendeine Weise gebilligt würde. »Ist das alles, Herr?«
    »Das ist es. Möge der Abtrünnige auf Eure Jagd herablächeln, Atri-Preda.«
    »Ich danke Euch, Herr.«
    Und jetzt hatte sich alles genau so entwickelt, wie der Repräsentant es vorhergesagt hatte. Brohl Handar würde den Feldzug begleiten, hatte alle ihre Einwände entkräftet. Als sie ihn nun musterte, sah sie in seinem Gesicht neues Selbstvertrauen und einen neuen Willen - der Aufseher fühlte sich, als hätte er endlich einen festen Stand gefunden. Und er irrte sich ja auch nicht, er hatte seinen wahren Feind erkannt. Durch und durch verhängnisvoll war allerdings die Überzeugung des Edur, dass er den ersten Zug gemacht hatte.
    Sie wandte sich an den Aufseher. »Wenn Ihr mich entschuldigen wollt - ich muss mit meinen Offizieren sprechen.«
    »Natürlich«, antwortete Brohl Handar. »Wann erwartet Ihr die erste Feindberührung?«
    Oh, du Narr, die hat schon stattgefunden. »Das hängt davon ab, ob sie fliehen oder uns entgegenkommen, Aufseher.«
    Der Tiste Edur zog die Brauen hoch. »Fürchtet Ihr diesen Rotmaske?«
    »Furcht, die Respekt erzeugt, ist keine schlechte Sache, Aufseher. In diesem Sinne - ja, ich fürchte Rotmaske. Genau wie er mich schon bald furchten wird.«
    Dann ritt sie davon, hinunter zu ihren Truppen, suchte nach einem Mann - keinem Offizier, sondern einem Reiter aus Blaurose, der größer und dunkler als die meisten anderen war.
    Nach einiger Zeit fand sie ihn und bedeutete ihm, sich an ihre Seite zu gesellen, und sie führten ihre Pferde am Rand der Straße entlang. Sie sprach über zwei Dinge; zum einen - laut genug, dass auch andere es mitbekommen konnten - über Dinge wie den Gesundheitszustand der Reittiere und ähnliche nüchterne Kleinigkeiten, zum anderen sehr viel leiser über etwas, das nur der Mann hören konnte.
     
    »Was kann man am schmierigen Horizont erkennen, das nicht durch eine erhobene Hand ausgelöscht werden kann?« Rotmaske blickte den Fremden an.
    Anaster Toc lächelte. »Ich würde allen angehenden Dichtern empfehlen, sich in einen Graben voller menschlicher Ausscheidungen zu legen. Der Rhythmus von Ebbe und Flut, das Erbe dessen, was wir wegwerfen. Reichtum wie flüssiges Gold.«
    Geistig nicht mehr so ganz gesund, dachte Rotmaske, und es überraschte ihn nicht sonderlich. Der Fremde war nur noch Haut und Knochen, sein ganzer Körper von Schorf und rotem, sich schälendem Ausschlag übersät. Immerhin konnte er jetzt ohne die Hilfe eines Stocks stehen, und sein Appetit war zurückgekehrt. Rotmaske glaubte, dass es nicht lange dauern würde, bis der Fremde sich erholt haben würde, zumindest körperlich. Der Geist des armen Mannes war eine ganz andere Sache.
    »Dein Volk«, fuhr Anaster Toc nach einem kurzen Augenblick fort, »glaubt nicht an Poesie, an die Macht einfacher Worte. Oh, gewiss, ihr singt, wenn die Dämmerung anbricht und die Sonne flieht. Ihr singt zu den Sturmwolken und den Wolfsspuren und den abgeworfenen Geweihen, die ihr im Gras findet. Ihr singt, um über die Reihenfolge von Perlen auf einer Schnur zu entscheiden. Aber es sind keine Worte. Nur unterschiedliche Töne, so sinnlos wie das Lied eines Vogels …«
    »Vögel singen«, unterbrach ihn Natarkas, der auf der anderen Seite des Fremden stand und gen Westen, in die sterbende Sonne blickte, »um anderen zu erzählen, dass sie existieren. Sie singen, um vor Jägern zu warnen. Sie singen, um um Weibchen zu werben. Sie singen an den letzten Tagen, bevor sie sterben.«
    »Also schön, das war das falsche Beispiel. Ihr singt wie Wale …«
    »Wie was?«, fragten Natarkas und zwei andere Kupfergesichter, die hinter ihnen standen.
    »Oh, ist nicht wichtig. Mir geht es darum, dass ihr ohne Worte singt…«
    »Musik ist ihre eigene Sprache.«
    »Natarkas«, sagte Anaster Toc, »beantworte mir bitte diese Frage: Das

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