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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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unterdrückte.
    Ihre Schwester, dieses Miststück, hätte ihr dankbar sein müssen, dass sie sie befreit hatte. Schließlich war es Sheltatha Lore in dem Hügelgrab nicht gerade gut ergangen - sie war von Silchas Ruin und einem verdammten Locqui-Wyrm bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt und halb ertrunken in einem bodenlosen Sumpf zurückgelassen worden; besagter Sumpf hatte sich in einer Erinnerungsnische des Azath befunden, wo jeder Augenblick Jahrhunderte dauerte, so dass Sheltatha unauslöschlich gezeichnet aus den dunklen Wassern wieder aufgetaucht war - mit flammend roten Haaren und einer Haut, die wie eine Betelnuss gefärbt und so wächsern und zerfurcht war wie bei einem T’lan Imass. Wunden klafften, ohne zu bluten. Krallenartige Fingernägel glänzten wie die länglichen Rückenpanzer von Käfern. Sukul hatte sich dabei ertappt, dass ihre Blicke wieder und wieder von ihnen angezogen wurden, als erwartete sie, dass sie sich jeden Augenblick teilten und Flügel aus sich abschälender Haut freigaben, die die Finger losrissen und wirbelnd himmelwärts trugen.
    Außerdem hatte ihre Schwester Fieber. Tobte Tag für Tag im Wahnsinn. Jeder Versuch eines Gesprächs - einer Abmachung - war bisher hoffnungslos gewesen. Und so hatte Sukul es nur geschafft, ihre Schwester aus der grässlichen Stadt herauszuschaffen und hierher, an einen verhältnismäßig ruhigen Ort zu bringen.
    Sie beäugte den Schuppen, der aus diesem Blickwinkel die liegende Gestalt von Sheltatha Lore verbarg, und der Anblick erheiterte sie auf bittere Weise. Das Ding konnte man nun wirklich nicht als palastartige Wohnstatt bezeichnen, vor allem in Anbetracht ihres königlichen Blutes - falls das glühende Drachenblut in ihren Adern diese Bezeichnung rechtfertigte, und warum sollte es das nicht? Schließlich waren würdige Aufgestiegene in dieser Sphäre dünn gesät. Abgesehen von einer Handvoll mürrischer Älterer Götter - und diesen namenlosen Geistern von Stein und Baum, Quelle und Strom. Menandore hat sich zweifellos einen imposanteren Wohnsitz erbaut - geradezu reif dafür, ihn sich anzueignen. Irgendeine Bergfestung, mit spitzen Türmen und uneinnehmbar, so hoch oben, dass sie für immer in Wolken gehüllt ist. Ich will durch die luftigen Hallen schreiten und sie zu meinen eigenen erklären. Unseren eigenen. Es sei denn, mir bleibt nichts anders übrig, als Sheltatha in eine Gruft zu sperren, wo sie toben und kreischen kann, ohne irgendjemanden zu stören - »Ich sollte dir die Kehle herausreißen.«
    Das Krächzen, das unter dem aus Zweigen bestehenden Dach hervordrang, entlockte Sukul ein Seufzen. Sie ging zur Vorderseite des Unterschlupfs, so dass sie hineinsehen konnte. Ihre Schwester hatte sich aufgesetzt, auch wenn sie den Kopf hängen ließ und die langen, roten Haare ihr Gesicht verbargen. Die langen Fingernägeln an den schlaffen Händen glänzten, als würde Öl aus ihnen heraussickern. »Dein Fieber hat sich gebrochen - das ist gut.«
    Sheltatha Lore blickte nicht auf. »Ist es das? Ich habe nach dir gerufen - als Ruin sich befreit hat - als er auf mich losgegangen ist - dieser selbstsüchtige, herzlose Dreckskerl! Er ist auf mich losgegangen! Und ich habe nach dir gerufen!«
    »Ich habe es gehört, Schwester. Leider war ich zu weit weg, um irgendetwas tun zu können - um dir bei deinem Kampf helfen zu können. Aber letztendlich bin ich doch gekommen, oder? Ich bin gekommen und habe dich befreit.«
    Mehrere Herzschläge lang herrschte Stille. Dann fragte Sheltatha mit dunkler, unmenschlicher Stimme: »Also - wo ist sie?«
    »Menandore?«
    »Sie war es, oder?« Lore hob plötzlich den Kopf und enthüllte bernsteinfarbene Augen, deren Weiß befleckt war, als wäre es rostig geworden. Ein grässlicher Blick, doch offen und eindringlich. »Sie hat mich von hinten niedergeschlagen - ich hatte nicht im Mindesten damit gerechnet - ich dachte, du wärst da, ich dachte - du warst doch da, oder? Du warst da!«
    »Und genauso ein Opfer wie du, Sheltatha. Menandore hatte sich lange auf diesen Verrat vorbereitet, hat ein Dutzend Rituale benutzt - um dich niederzuschlagen und hilflos zu machen, so dass ich nicht eingreifen konnte.«
    »Sie hat zuerst zugeschlagen, meinst du.« Die Feststellung war ein halbes Knurren. »Hatten wir nicht das Gleiche geplant, Sukul?«
    »Das ist jetzt nicht mehr so wichtig, oder?«
    »Und doch hat sie dich nicht begraben, teure Schwester, nicht wahr?«
    »Aber das liegt nicht daran, dass ich besonders tapfer

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