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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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gekrönten Haupttüren hinauf. Keine Wache in Sicht. Sie löste den Riegel, trat die schwere Tür auf und stapfte in die düstere Empfangshalle dahinter, wobei sie zwei alte Frauen mit Eimern und Scheuerlappen aus Khalit-Reben aufschreckte.
    Sie wichen zurück, hielten die Augen niedergeschlagen und beugten eilends das Knie.
    »Wo ist Dresh Boarai?«, wollte Zwielicht wissen, während sie ihre Handschuhe auszog.
    Die alten Weiber wechselten Blicke, dann versuchte eine der beiden so etwas wie einen Knicks, ehe sie sagte: »Der schläft bestimmt sein’ Rausch aus, werte Dame, oh, ja. Und wir, wir räumen sein Abendessen weg.«
    Ein gedämpftes Schnauben von der anderen Dienerin.
    Erst jetzt bemerkte Yan Tovis den scharfen Geruch von Galle, der sich mit dem der Seifenlauge mischte. »Und wo ist dann sein Waffenmeister?«
    »Werte Dame«, ein weiterer Knicks, »der is’ mit vier Soldaten weggeritten, nach Westen, wie sie sagen, will zur Küste, so schnell wie ‘ne Klaffmuschel spritzt, und die Wolke, die hängt immer noch in der Luft.«
    »Dann ist er also erst vor kurzem aufgebrochen? Aus welchem Grund? Und wie weit ist die Küste von hier entfernt?«
    »So schnell, wie der los is’, braucht der nich’ mal ‘nen Glockenschlag, werte Dame.«
    »Und aus welchem Grund?«
    Ein weiterer geheimnisvoller Blickwechsel. »Werte Dame, an der Küste is’ wohl alles schwarz, und es gibt Geflüster. Fischer sin’ verschwunden, und Dämonenaugen ham aus den Tiefen geleuchtet. Die Inseln sin’ voller Eis und allem, so bleich und tödlich wie im Schädel von ‘nem Mörder.«
    »Der Waffenmeister ist losgeritten, nachdem er abergläubische Gerüchte gehört hat?«
    »Werte Dame, ich hab zufällig ‘ne Base am Gestade …«
    »Die alberne, ja«, unterbrach die andere Dienerin sie.
    »Klar is’ sie albern, aber das is hier egal, denn hier geht’s um die Stimmen der See, die sie gehört hat - und mehr als einmal. Stimmen, werte Dame, wie die Geister der Ertrunkenen, hat sie gesagt, und sie hat sie gehört, und das mehr als einmal.«
    Hinter der Atri-Preda standen nun zwei ihrer Sergeanten und hörten zu. Zwielicht löste den Riemen ihres Helms. »Der Waffenmeister bleibt nüchtern?«, fragte sie.
    »Einer muss ja, gesund sein und das alles.«
    »Ja, das muss er«, stimmte die andere zu. »Und das is’ ‘n Fluch, und in schlechten Zeiten wie jetzt macht’s das alles noch schlimmer für uns …«
    »Sei still! Diese werte Dame is’n Soldat, der wo viel höher is’ als der Dresh!«
    »Das weiß’ du gar nich’, Schluckse! Warum …«
    »Doch, ich weiß es! Wem sein Neffe hat denn Latrinen für die Grasjacken gegraben, na? Sin’ die Rangzeichen und Halsbänder und der Umhang und das alles …«
    Yan Tovis drehte sich zu einem ihrer Sergeanten um. »Stehen frische Pferde in den Ställen?«
    Ein Nicken. »Vier, Atri-Preda.«
    Bei diesen Worten stieß die erste alte Frau die zweite an und sagte: »Hab ich’s dir nich gesagt! Und wie ich’s dir gesagt hab!«
    Yan Tovis legte den Kopf in den Nacken und versuchte, die verspannten Muskeln zu lockern. Sie schloss einen Moment lang die Augen und seufzte dann. »Sattle sie, Sergeant. Such mir die drei Mann zusammen, die am wenigsten erschöpft sind. Ich will los und unseren verschwundenen Waffenmeister suchen.«
    »Jawohl.« Der Mann salutierte und ging davon.
    Die Atri-Preda wandte sich wieder den alten Frauen zu. »Wo steht die nächstgelegene Abteilung der Tiste Edur?«
    Ein halbes Dutzend Herzschläge lang tauschten die beiden alten Frauen sich aus, ohne miteinander zu sprechen, dann nickte die erste und sagte: »In Rennis, werte Dame. Un sie war’n kein einziges Mal hier.«
    »Sei froh, dass sie’s nicht waren«, sagte Zwielicht. »Sie hätten Boarai den Kopf von den Schultern gehauen.«
    Die zweite Frau schnaubte. »Das würd’ der doch nich’ mal merken …«
    »Schsch!«, schimpfte die erste. Dann wandte sie sich wieder an Zwielicht. »Werte Dame, Dresh Boarai hat fast alle seine Verwandten verlor’n, als die Edur hier runtergekomm’ sin’. Hat auch seine Frau verlor’n, im Schlingensumpf, das is’ jetz’ … na, drei Jahre her …«
    Die andere alte Frau spuckte auf den Fußboden, den sie gerade gewischt hatten. »Verlor’n? Die is’ erwürgt und versenkt worden, Schluckse, von sei’m Meister persönlich! Und jetz’ ersäuft er an seiner eigenen Trinkerei! Aber, oh, sie war Feuer, und wie - keine Zeit für wimmernde Ehemänner, aber ihm gefällt sein

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