SdG 12 - Der Goldene Herrscher
verschlossen.
Die Mischung, die sich anschloss, wenn man die Gasse weiter entlangging, ähnelte ihm nur hinsichtlich ihrer Eigentümlichkeit. Hölzerne Pfosten und Pflöcke in dem einen Laden, Sandalenriemen in einem anderen - keine Sandalen, nur die Riemen. Ein Laden verkaufte undichte Töpferwaren; das war kein Anzeichen von Unvermögen, denn die Töpfe wurden absichtlich so hergestellt, dass sie unterschiedlich schnell, aber in genau berechneten Zeitspannen, ihren Inhalt verloren. Ein Laden verkaufte Schachteln, die nicht zu öffnen waren, ein anderer giftige Färbemittel. Zähne aus Keramik, Flaschen, die mit dem Urin schwangerer Frauen gefüllt waren, riesige Amphoren, die tote schwangere Frauen enthielten; die Exkremente dicker Hunde; und kleine Schoßtierchen: Hunde, Katzen, Vögel und Nagetiere aller Arten, jedes davon durch generationenlange Auswahl und Weiterzüchtung auf Kleinheit gebracht - Tehol hatte Wachhunde gesehen, die ihm gerade mal bis zum Knöchel reichten, und auch wenn sie niedlich und angemessen fröhlich waren, hegte er gewisse Zweifel hinsichtlich ihrer Wirksamkeit; andererseits waren sie wahrscheinlich das reine Entsetzen für die daumennagelgroßen Mäuse und Katzen, die - durch eine raffinierte Schlaufe des Sandalenriemens gesichert - auf dem großen Zeh einer alten Frau Platz fanden.
Seit die Rattenfängergilde für gesetzeswidrig erklärt worden war, hatte die Abenteuergasse eine neue Aufgabe übernommen, die Tehol jetzt mit der Sorglosigkeit der Eingeweihten in Angriff zu nehmen begann. Zunächst ging es in die Halb-Axt, wobei er sich durch die Reben gleich hinter dem Eingang kämpfen musste, ehe er einen Schritt, bevor er kopfüber in den schlammigen Teich gefallen wäre, stehen blieb.
Geplantsche, träge schwappende Geräusche, und dann tauchte ein dunkelhäutiges, faltiges Gesicht inmitten der hohen Gräser auf, die die Grube säumten. »Du bist es«, sagte die Hexe und verzog das Gesicht, streckte dann ihre überlange Zunge aus, um all die Egel zu zeigen, die an ihr hingen.
»Und du bist es auch«, erwiderte Tehol.
Der rote Auswuchs mit all seinen Freunden verschwand wieder dort, wo er hingehörte. »Komm rein, und schwimm eine Runde, du abscheulicher Mann.«
»Komm raus, und lass deine Haut sich erholen, Munuga. Ich weiß zufällig, dass du gerade mal eben drei Jahrzehnte alt bist.«
»Ich bin eine Landkarte der Weisheit.«
»Vielleicht als Warnung vor den Gefahren zu häufigen Badens. Wo ist die fette Wurzel dieses Mal?«
»Sag mir zuerst, was du für mich hast.«
»Das, was ich immer habe. Das einzige Ding, das du jemals von mir willst, Munuga.«
»Du meinst das einzige, das du mir niemals geben wirst!«
Seufzend zog Tehol eine kleine Phiole unter seinem behelfsmäßigen Sarong hervor. Er hielt sie hoch, so dass die Hexe sie sehen konnte.
Sie leckte sich die Lippen, was sich als beunruhigend schwierig erwies. »Was für welcher?«
» Capabara-Rogen.«
»Aber ich will deinen.«
»Ich erzeuge keinen Rogen.«
»Du weißt, was ich meine, Tehol Beddict.«
»Leider reicht die Armut noch viel tiefer als nur bis auf die Haut. Ich habe auch jeglichen Ansporn verloren, in irgendeiner Hinsicht ein Erzeuger zu sein. Ich meine, was ist das für eine Welt, dass ich auch nur darüber nachdenken könnte, ein Kind hineinzusetzen?«
»Tehol Beddict, du kannst kein Kind in die Welt setzen. Du bist ein Mann. Überlass das In-die-Welt-setzen mir.«
»Ich sag dir was: Kletter aus der Brühe da, werde trocken, und lass mich sehen, wie du eigentlich aussiehst - und wer weiß? Es könnten außergewöhnliche Dinge geschehen.«
Mit finsterem Gesichtsausdruck streckte sie ihm etwas entgegen. »Hier ist deine fette Wurzel. Gib mir die Phiole, und dann verschwinde.«
»Ich freue mich schon so sehr aufs nächste Mal…«
»Tehol Beddict, weißt du, wofür man fette Wurzeln benutzt?«
Ihr Blick war jetzt misstrauisch und schärfer, und Tehol bemerkte, dass sie möglicherweise tatsächlich ziemlich ansehnlich sein könnte - wenn auch auf unbestimmt amphibische Weise -, falls sie jemals richtig trocken werden würde. »Nein, warum?«
»Musst du sie auf absonderliche Weise zu dir nehmen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Bist du dir sicher? Kein ungewöhnlicher Tee, der gelb riecht?«
»Der gelb riecht? Was meinst du damit?«
»Wenn du ihn gerochen hättest, würdest du es wissen. Also hast du es ganz offensichtlich nicht getan. Gut. Und jetzt verschwinde, ich verzieh mich.«
Darauf
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