SdG 12 - Der Goldene Herrscher
zählen.
Mael, ich weiß, dass du dich beim letzten Mal eingemischt hast. Unter unverschämter Missachtung der Regeln. Meiner Regeln. Aber ich habe dir vergeben, und auch das muss doch etwas zählen.
Demut schmeckte sogar noch widerwärtiger als Furcht. Dazu war er noch nicht bereit.
Er würde die Herrschaft über das Cedarium übernehmen. Aber um sich des Musters bemächtigen zu können, musste er zunächst denjenigen finden, der es geschaffen hatte. Kuru Qan? Davon war er nicht so recht überzeugt.
Es herrscht Unruhe im Pantheon - im neuen wie im alten. Chaos, der Gestank von Gewalt. Ja, das ist die Einmischung eines Gottes. Vielleicht steckt Mael selbst dahinter - nein, das fühlt sich falsch an. Viel wahrscheinlicher ist, dass er nichts weiß, dass er immer noch völlig ahnungslos ist. Wird es mir nützen, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass etwas nicht stimmt?
Ein wiedergeborenes Imperium. Gewiss, die Tiste Edur hatten ihre Geheimnisse, oder zumindest glaubten sie, die Wahrheit sei wohl verborgen. Aber das war sie nicht. Ein fremder Gott hatte sich ihrer bemächtigt und aus einem jungen Edur-Krieger einen Avatar gemacht, einen Meisterkämpfer - einen als schreckliche Huldigung der eigenen jämmerlichen Störungen des Gottes angemessen fehlerhaften Meisterkämpfer. Macht aus Schmerz, Ruhm aus Herabsetzung, Motive als Hinzufügung - ein wiedergeborenes Imperium bot das Versprechen von Lebenskraft, von Ausdehnung und Langlebigkeit, wobei nichts davon, wie er zugeben musste, wirklich gewiss war. Aber genau so sind Versprechen.
Plötzlich erschauerte der Gott in der bitterkalten Luft des riesigen unterirdischen Raums. Erschauerte auf dieser hölzernen Brücke über dem wirbelnden Unbekannten.
Das Muster begann, Gestalt anzunehmen.
Und wenn es damit fertig war, war es zu spät.
»Es ist zu spät.«
»Aber wir müssen doch irgendetwas tun können.«
»Ich fürchte, das können wir nicht. Er stirbt, Herr, und wenn wir sein Ableben nicht zu unserem Vorteil nutzen, wird jemand anderes es tun.«
Der Capabara war mit Hilfe seiner Tentakel an der Kanalmauer hochgeklettert und hatte sich über die Kante auf den Uferweg gezogen, wo er sich merkwürdig gespreizt mit offenem Maul und nach Luft schnappenden Kiemen flach hingelegt und zugesehen hatte, wie die ersten Wolken am Morgenhimmel aufzogen, während er sein Leben aushauchte. Das Tier war so lang wie ein Mann groß, dazu so fett wie ein Hammelfleisch-Händler von den Inneren Inseln, und zu Tehols Erstaunen sogar noch hässlicher. »Aber es bricht mir das Herz.«
Bagg kratzte sich den fast kahlen Schädel und seufzte schließlich. »Es ist das ungewöhnlich kalte Wasser«, sagte er. »Diese Fische mögen es eher schlammig und warm.«
»Kaltes Wasser? Kannst du nicht irgendetwas dagegen tun?«
»Baggs Wasseraufbereitung.«
»Du weitest deine Unternehmungen aus?«
»Nein, ich habe nur mit dem Namen rumgespielt.«
»Und wie wasseraufbedingst du?«
»Ich habe keine Ahnung. Nun gut, ich habe eine, aber es ist eigentlich kein seriöses Gewerbe.«
»Das heißt, es gehört in die Sphäre der Götter.«
»Größtenteils. Obwohl ich«, sagte er, und sein Gesicht hellte sich auf, »angesichts der letzten Überschwemmung und in Anbetracht meiner früheren Erfahrungen im Konstruieren trockener Fundamente allmählich die eine oder andere Möglichkeit erkenne.«
»Kannst du Geldanleger schröpfen?«
Bagg verzog das Gesicht. »Ihr seht immer nur die zerstörerische Seite, was, Herr?«
»Das liegt an meiner überaus anpassungsfähigen Natur … Die meisten Menschen«, fügte er hinzu, »würden das als gute Eigenschaft betrachten. Also, willst du mir tatsächlich einreden, dass du diesen armen Fisch nicht retten kannst?«
»Er ist bereits tot, Herr.«
»Tatsächlich? Oh. Nun, ich schätze, wir haben jetzt ein Abendessen.«
»Wohl eher fünfzehn.«
»Wie auch immer, ich habe eine Verabredung, also werde ich dich und den Fisch zuhause Wiedersehen.«
»Ja, natürlich, danke, Herr.«
»Hatte ich nicht gesagt, dass dieser Morgenspaziergang sich als nützlich erweisen würde?«
»Aber leider nicht für diesen Capabara.«
»Zugegeben. Oh, da fällt mir ein, du musst eine Liste für mich machen.«
»Wovon?«
»Oh, das werde ich dir später sagen müssen. Wie ich schon gesagt habe, bin ich verabredet - und spät dran. Aber was mir gerade einfällt: Ist dieser Fisch zu groß für dich, um ihn allein zu tragen?«
»Nun«, sagte Bagg und beäugte den Kadaver,
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