SdG 12 - Der Goldene Herrscher
die Überfahrt zu verdienen. Doch auch so waren die Gardisten eine furchterregende Beigabe bei jener wilden Überquerung des Ozeans gewesen, indem sie das blutige Kielwasser offen und unbeeinträchtigt gehalten hatten, während ein Handelsschiff nach dem anderen gekapert, all seiner Wertsachen beraubt und meistens hinunter in die dunkle Tiefe geschickt worden war. Es waren nicht nur ihre Schwerter gewesen - so tödlich sie auch waren -, sondern vor allem die magischen Fähigkeiten von Corlo. Eine Magie, die weit raffinierter, weit ausgeklügelter war als alles, was Shurq jemals zuvor gesehen hatte.
Solche Einzelheiten hatten ihr die Augen geöffnet. Und den Geist. Die Welt da draußen war riesig. Und in vielen grundlegenden Dingen war das Imperium von Lether, dieser Abkömmling des Ersten Imperiums, eine zutiefst hinterwäldlerische, vergessene Provinz geblieben - in seinem Denken, in der Art und Weise, wie sich das Leben dort abspielte. Eine wahrhaft erniedrigende Enthüllung.
Das Abschiednehmen von Eisenhart und seinem Trupp war für Shurq Elalle nicht ganz so rührselig und innig gewesen, wie es vermutlich für alle anderen ausgesehen hatte, denn um die Wahrheit zu sagen, hatte sie mehr und mehr begonnen, sich in dieser Gesellschaft unwohl zu fühlen. Eisenhart war niemand, der es sich für längere Zeit schmackhaft machen ließ, sich unterzuordnen - oh, keine Frage, es war bestimmt etwas anderes, wenn es um seine Kameraden, die anderen Bekenner der Karmesingarde ging, oder um ihren legendären Anführer, Fürst K’azz. Aber sie gehörte nicht zu den Bekennern, noch nicht einmal zu den einfachen Soldaten der Garde. Solange sie die gleichen Ziele verfolgten, waren die Dinge vollkommen in Ordnung, und Shurq hatte darauf geachtet, nie von ihnen abzuweichen, um jede Konfrontation zu vermeiden.
Sie hatten die Söldner an einem steinigen Strand an der Ostküste eines Landes namens Jacuruku abgesetzt, in einem Sturm aus Regen- und Graupelschauern. Die Landung war leider nicht unbemerkt geblieben, und das Letzte, was sie von Eisenhart und seinen Soldaten gesehen hatte, war, dass sie sich landwärts gewandt hatten, um sich einem Dutzend schwer gerüsteter Gestalten entgegenzustellen, die große Helme mit heruntergeklappten Visieren getragen hatten und den unebenen Hang heruntergekommen waren. Ein ziemlich grausam aussehender Haufen, und Shurq hoffte, dass ihr kriegerisches Auftreten vor allem Schau war. Der Regen hatte alles, was sich auf dem Strand weiter abspielte, rasch in einen undurchsichtigen grauen Umhang gehüllt, während sie zur Dankbarkeit zurückgerudert waren.
Skorgen schwor, er hätte mit seinem guten Ohr Schwerterklirren gehört - nur als leises, schwaches Echo -, aber Shurq selbst hatte nichts gehört.
Jedenfalls hatten sie gemacht, dass sie weggekommen waren, wie Piraten es stets zu tun pflegten, wenn das Risiko bestand, dass sich irgendwo in der Nähe organisierter Widerstand formierte, und Shurq tröstete ihr aufgeregtes Gewissen, indem sie sich in Erinnerung rief, dass Eisenhart mit einer gewissen Vertrautheit über Jacuruku gesprochen hatte - zumindest hatte er den Namen gekannt. Und was Corlos mit weit aufgerissenen Augen gesprochene Gebete zu ein paar Dutzend Gottheiten betraf - nun, er neigte zu melodramatischen Gesten. Ein Dutzend Ritter reichten bestimmt nicht aus, um Eisenhart und seine Karmesingarde aufzuhalten, so entschlossen, wie sie waren, zu tun, was auch immer sie tun mussten - was in diesem Fall bedeutete, Jacuruku von Küste zu Küste zu durchqueren und dort ein weiteres Schiff zu finden. Die Welt war in der Tat riesig.
Die Ruder hoben sich aus dem Wasser und wurden leise eingezogen, als die Unvergängliche Dankbarkeit sich längsseits an das Edur-Schiff heranschob. Shurq Elalle begab sich an die Reling und musterte das Deck des Schiffes aus Schwarzholz.
»Sie liegt tief im Wasser«, murmelte Skorgen.
Keine Leichen inmitten des Durcheinanders. Aber es gab ein Durcheinander. »Sie haben das Schiff nicht geordnet verlassen«, sagte Shurq Elalle, während Enterhaken hinüberflogen, deren Zinken sich festbissen, als die Leinen strammgezogen wurden. »Sechs kommen mit uns. Waffen bereithalten«, befahl sie, zog ihr Rapier und stellte sich auf die Reling.
Sie sprang hinüber, landete leichtfüßig etwa zwei Schritte vom zersplitterten Stumpf des Hauptmasts entfernt auf dem Mitteldeck. Einen Augenblick später gesellte Skorgen sich zu ihr, begleitet von einem Ächzen und dann einem
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