SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
würde ihre Weigerung, sich das Risiko einzugestehen, womöglich zu ihrem Tod führen.
Eine Gewehrsalve unterbrach Pater Benedicts Gebet. Alle lauschten und hielten gemeinsam die Luft an. Hatten die Guerillas einen der Dorfbewohner getötet, die La Misión besuchten? Oder kündigten sie bloß auf Furcht einflößende Weise ihr Erscheinen an?
Obwohl die Zeitungen seit Wochen vor einem Aufstand der Populisten gewarnt hatten und alle Amerikaner dazu aufgefordert worden waren, das Land zu verlassen, hatten sie in dieser abgelegenen Mission im Urwald nicht mit einem Zwischenfall gerechnet.
Jordan interessierte sich nicht für Politik. Und die Kinder von Amazonas brauchten sie noch dringender als ihre Schüler zu Hause.
Sie berührte alle Kinder und strich ihnen tröstend über die schmalen Schultern. Falls nötig, würde sie ihr Leben für sie geben, vor allem für Miguel, der genau in dem Alter war, das ihr Kind jetzt gehabt hätte. Klein und schutzlos, wie er war, hatte er einen besonderen Platz in Jordans Herz erobert. Sie stand so kurz davor, ihn endlich mit nach Hause nehmen zu können. Komme, was wolle, sie würde ihn nicht im Stich lassen.
Suffolk, Virginia
Special Agent Rafael Valentino las das frisch gemalte Schild an der von Bäumen gesäumten Zufahrt.
SECOND CHANCE – PFERDETHERAPEUTISCHE RANCH
Mit einem Knopfdruck hielt er die schwermütige Arie aus der Oper
Carmen
an und fuhr, auf eine Enttäuschung gefasst, die Schotterstraße hinunter.
Die Jillian Sanders, die er kannte, arbeitete als Krankenschwester in Fairfax und nicht auf einer Pferderanch in Suffolk, Virginia. Trotzdem, als er auf einer Liste eingegangener Anrufe über den Namen gestolpert war, hatte er beschlossen, diesen Hausbesuch zu machen, um es selbst zu überprüfen.
Ausgewachsene Eichen gaben den Blick auf ein buttergelbes Farmhaus frei, das einen frischen Anstrich nötig hatte. Die Veranda fiel zu einer Seite hin ab, der Fußweg war von Sträuchern und Gestrüpp überwuchert. Fünfzig Meter weiter stand eine neue Scheune, rötlich gebeizt und mit einem frisch errichteten Zaun, dessen Holz noch grün wirkte.
Rafe hielt an und griff nach der Akte. Jillian Sanders hatte einunddreißig Mal beim FBI angerufen und um Hilfe gebeten.
Als er sich der Haustür näherte, spitzte er die Ohren, hörte aber nur den Wind und Vogelgezwitscher. Das Klappern der Absätze seiner Ferragamo-Schuhe auf der schiefen Veranda klang deplatziert.
Bevor er anklopfen konnte, wurde die Tür aufgerissen. »Ja?«, fragte ein vielleicht vierzehnjähriger Junge, in dessen grauen Augen Feindseligkeit lag.
»Special Agent Valentino vom FBI «, stellte Rafe sich vor, wobei er versuchte, das Krächzen in seiner Stimme, das durch seine verletzten Stimmbänder verursacht wurde, abzumildern. »Ich bin auf der Suche nach Jillian Sanders.«
»Sie ist in der Scheune«, antwortete der Junge und beäugte die Narbe an Rafes Hals.
»Wer sind Sie?«, fragte ein kleines Mädchen, das seinen Kopf unter dem Arm des Jungen hindurchsteckte.
»Der Butzemann«, meinte der Bruder.
»Nee, nee.«
»Tja, der könnte er aber sein. Geh wieder in deinem Zimmer spielen. Wir reden nicht mit Fremden.«
»Du hast mir gar nichts zu sagen.«
Rafe verzog das Gesicht und wich zurück. Wie lange war es her, dass er Geschwister zanken gehört hatte? Acht Jahre. Lange genug, um sich nicht mehr genau daran zu erinnern.
Er ging zu der offen stehenden Scheune und spähte in das Zwielicht im Inneren. Ein schwacher Geruch nach Pferdemist, vermischt mit dem Duft von frischem Stroh, schlug ihm entgegen. »Hallo?«, rief er und ging vorbei an leeren Stallboxen in die Richtung, aus der ein schlurfendes Geräusch kam. Ein Pferd reckte den Kopf über die Trennwand und wieherte. Dann glitt die Tür der Box auf und eine Frau schaute heraus.
»Rafael!«, stieß sie hervor. Das lange, goldblonde Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, ihre Shorts und das T-Shirt spannten über ihrem Schwangerschaftsbauch, doch er hätte sie trotzdem überall erkannt.
»Jillian.« Ihn überkam ein Gefühl absoluter Zufriedenheit.
»Du liebe Güte«, keuchte sie und legte sich eine ihrer in Handschuhen steckenden Hände aufs Herz. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dich jemals wiederzusehen.«
»Ich auch nicht«, erklärte er. Er mochte das weiche Timbre ihrer Stimme und ihre grünblauen Augen.
»Was führt dich nach Suffolk?«, fragte sie erfreut.
»Ich wurde vor acht Monaten von Washington
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